"Nichts geht mehr" dürfen in Zukunft vielleicht auch die Konkurrenten der Casinos Austria sagen. Das Monopol könnte fallen.

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Eine 2000-Euro-Strafe wegen eines Verstoßes gegen das Glücksspielgesetz könnte Österreich demnächst eine Verurteilung durch den Europäischen Gerichtshof (EuGH) einbrocken. Ein deutscher Staatsbürger, der zwischen 2004 und 2006 in Linz und Schärding zwei nicht angemeldete Spielcasinos betrieb, wurde im März 2007 vom Bezirksgericht Linz wegen illegalem Glücksspiel verurteilt. Er ging in Berufung und könnte nun vom EuGH in Luxemburg recht bekommen.

Der Generalanwalt des EuGH ist nämlich der Auffassung, dass die Vergabe von Glücksspiel-Lizenzen in Österreich nicht dem EU-Recht entspricht. Bisher durften sich nur Aktiengesellschaften mit Sitz in Österreich bewerben. Dieser Passus verstoße gegen das EU-Prinzip der Niederlassungsfreiheit, schreibt der Generalanwalt in einer am Dienstag veröffentlichten Stellungnahme. In vier von fünf Fällen folgen die EU-Richter den Empfehlungen der Generalanwälte.

Steuermaximierung als Ziel?

Sollte der Deutsche tatsächlich recht bekommen, wäre die Strafe in Höhe von 2000 Euro hinfällig. Darüber hinaus hätte das Urteil aber vorerst keine großen Auswirkungen auf die Casino Austria-Gruppe, die derzeit alle zwölf Casino-Lizenzen inne hat, meinen sowohl das Finanzministerium als auch Casino Austria.

Die nächste Ausschreibung für die Lizenzen muss dann aber EU-weit erfolgen. Das sei aber ohnehin im neuen Glücksspielgesetz, das in den nächsten Wochen vorliegen soll, vorgesehen, heißt es im Ministerium. Voraussichtlich wird das Ausschreibungsverfahren für sechs Standorte, die 2012 auslaufen, noch heuer gestartet. Privaten Anbietern wie Novomatic oder bwin wurde immer wieder Interesse nachgesagt. Ob die Spielbanken einzeln oder im Paket ausgeschrieben werden, stehe noch nicht fest, heißt es. Selbst wenn Österreich vom EuGH verurteilt werden sollte, werden die restlichen Lizenzen, die bis 2015 gültig sind, nicht vorzeitig ausgeschrieben, erklärt man im Ministerium. "Wir greifen in bestehende Verträge nicht ein."

Keine Festlegung gibt es vom EuGH-Generalanwalt, ob das staatliche Glücksspiel-Monopol an sich dem EU-Recht widerspricht. Hier wird der Ball an das Landesgericht Linz zurück gespielt. Im Kern geht es um die Frage, ob die Casino Austria nur eine "attraktive" Alternative zu verbotenen Spielen darstellt, oder ob sie durch gezielte Werbung "die Nachfrage nach Glücksspielen übermäßig" belebt.

Außerdem müsse das Landesgericht prüfen, ob die Steuermaximierung das Hauptziel des Staates beim Glücksspiel sei. Ist das der Fall, "verstieße die Monopolregelung, mit oder ohne Werbung, gegen das Gemeinschaftsrecht" , schreibt der EuGH-Generalanwalt. Bis zu einer endgültigen Entscheidung werden aber wohl wieder einige Monate vergehen. Zuerst muss der EuGH sein Urteil fällen, dann ist das Landesgericht Linz am Zug.

Die Entwicklungen in Luxemburg platzen mitten in Veränderungen bei der Casinos Austria AG. Dort plant die Nationalbank, die zur Gänze verstaatlicht werden soll, den Ausstieg aus dem Glücksspiel; ihre Tochter Münze Österreich hält knapp ein Drittel. Dass Co-Aktionär Raiffeisen den Anteil aufgreift, wird angesichts knapper Kassen im Sektor zusehends bezweifelt. Jedenfalls soll die Transaktion erst nach der Lizenzvergabe erfolgen.

Dass jemand das Investment vor dieser Entscheidung tätigt, gilt angesichts der großen Bedeutung der Konzession als unrealistisch. Die Vergabe ist für die Casag existenzentscheidend. Bereits jetzt schreibt der Konzern in Österreich rote Zahlen, sollten Lizenzen abhanden kommen, würden die Verluste explodieren.

Das wäre für die Casag "tödlich", heißt es in einem internen Strategiepapier. Darin werden auch verschiedene Szenarien durchgespielt, die unter anderem auf die Schließung der Standorte Baden, Bregenz, Kleinwalsertal und Wien Kärntner Straße abzielen. Die Ostregion solle stattdessen durch ein neues Glücksspielcenter abgedeckt werden, wobei auch der Kursalon Hübner im Gespräch ist. Zudem wünscht sich der Konzern einen Gebietsschutz im Automatengeschäft, das die Einnahmen des Anbieters kannibalisiert. (Günther Oswald, Andreas Schnauder, DER STANDARD, Printausgabe, 24.2.2010)