Wien - Die erste Begutachtungsstellungnahme zur Pensionsreform beinhaltet gleich herbe Kritik. Franz Kohmaier, Mitglied der von der Regierung installierten Pensionsreform-Kommission, nennt die Vorschläge der Koalition "inakzeptabel". Grund: Der Entwurf weiche stark von den Intentionen der Reformkommission ab. Kohmaier vom Institut für Sozialforschung bringt nun einige Änderungsvorschläge vor, etwa eine bessere Bewertung früherer Beitragsjahre sowie eine stufenweise Absenkung des Pensionssteigerungsbetrags.

So verweist der Sozialexperte darauf, dass in der Pensionsreformkommission einstimmig die Meinung vertreten worden sei, dass die Ausdehnung des Bemessungszeitraums (von den besten 15 auf 40 Jahre) nur dann akzeptabel sei, "wenn alle vergangenen Bemessungsgrundlagen mit der jährlichen Steigerung der Lohnsumme aufgewertet werden". Derzeit sieht die Regierung dagegen vor, die Beitragsjahre nur mit der Nettoanpassung, die mehr oder weniger der Inflationsabgeltung entspricht, aufzuwerten. Dies würde die Pensionsverluste auf rund ein Prozent pro Beitragsjahr in die Höhe treiben.

GewinnerInnen und VerliererInnen

Kohmaier betont, dass das primäres Ziel bei der Verlängerung der Durchrechnung eigentlich die Beitragsgerechtigkeit sei. Denn derzeit würden vom System der besten 15 Jahre vor allem Personen mit steilen Karriere-Verläufen, BeamteInnen und TeilzeitarbeiterInnen profitieren. Bestraft würden jene, die in jungen Jahren relativ viel verdienen, dann aber durch Teilzeit oder weniger Akkordarbeit im Verdienst absinken - etwa HilfsarbeiterInnen und viele Frauen. Diese Gruppe würde von den längeren Durchrechnungszeiträumen im Verhältnis profitieren. Mit der derzeitigen Regelung gebe es aber nur VerliererInnen.

Verfassungsrechtlich bedenklich

Weiters regt Sozialexperte Kohmaier an, die im ASVG bereits 2004 geplante Absenkung des Steigerungsbetrags von 2 auf 1,78 Prozent auf mehrere Schritte zu verteilen. Diese Reduktion könne "nur in 5 Etappen - wie ursprünglich vorgesehen - erfolgen", heißt es in der Stellungnahme zum Begutachtungsentwurf. Die derzeit geplante Regelung wird auch von ExpertInnen in den Ministerien als verfassungsrechtlich bedenklich eingestuft.

Verbesserungen gefordert

Für Frauen will Kohmaier noch wesentliche Verbesserungen, was die Kindererziehungszeiten betrifft. Diese sollten nicht mehr wie bisher mit dem Ausgleichszulagenrichtsatz (643,54 Euro) sondern per 2006 mit 872 Euro bewertet werden. Die Mittel dafür seien durch die Abschaffung der Frühpension erhalten.

Hacklerregelung

Großzügigere Regelungen wünscht sich das Mitglied der Pensionsreform-Kommission bei der Hacklerregelung. Kohmaier möchte hier den Steigerungsbetrag von 2 Prozent bis 2010 belassen. Damit könnten bis zu diesem Zeitpunkt 90 Prozent der Höchstbemessungsgrundlage erreicht werden. Zur Zeit ist von der Regierung bei der Hacklerregelung eine schrittweise Absenkung des Steigerungsbetrags auf 1,78 Prozent zwischen 2006 und 2008 vorgesehen. Zusätzlich kann sich Kohmaier vorstellen, echte "Hackler" besser einzubeziehen. So regt er an, zwei Monate Arbeitslosigkeit pro Jahr mit der Grenze von zwei Jahren anzurechnen. Derzeit haben nämlich ArbeiterInnen durch die Saisonarbeitslosigkeit kaum Chancen, die 45 (Männer) bzw. 40 (Frauen) nötigen Beitragsjahre bis 60 bzw. 55 zu erreichen. (APA )