Bild nicht mehr verfügbar.

Bis 2016 sollen auf den Aspanggründen insgesamt 1700 neue Wohnungen in Passivbauweise entstehen. Der Masterplan stammt vom britischen Stararchitekten Lord Norman Foster.

Foto: APA

Auf den Aspanggründen zwischen Landstraßer Gürtel und Rennweg soll ab März die größte Passivhaussiedlung Europas entstehen. Die Häuser verbrauchen nur fünf Prozent der Energie, die ein Altbau benötigt. 

***

Mit großen Worten spart Günter Lang nicht, wenn es um die Bebauung der Aspanggründe in Wien-Landstraße geht: "Ein Jahrhundertprojekt" nennt Lang die Pläne. Eurogate sagt die Stadt Wien dazu. Lang ist Geschäftsführer der IG Passivhaus in Österreich, Eurogate soll die größte Passivhaussiedlung Europas werden. Zwischen Rennweg und Landstraßer Gürtel, dort, wo früher der Aspangbahnhof stand, sollen bis 2016 1700 Wohnungen für 4000 bis 5000 Menschen entstehen. 2012 sollen die ersten 740 bezugsfertig sein. Baubeginn für die meisten dieser Häuser ist im März. 103 Millionen Euro kostet das Projekt, die Stadt zahlt 36 Millionen Wohnbauförderung und 3,8 Millionen Passivhausförderung.

Als 2007 beschlossen wurde, das Areal mit Passivhäusern zu bebauen, "war das für Wien richtungsweisend", sagt Lang. Seither haben Passivhäuser Schule gemacht: 2008 wurden laut Lang zwei Prozent aller geförderter Wohnbauten in Wien so errichtet, heuer sind es bereits 25 Prozent. In Tirol seien es 40 Prozent, in Vorarlberg 100 Prozent. "Ein konventionelles Haus verbraucht 80 Prozent seiner Energie beim Heizen", erklärt Lang. In Passivhäusern wird die Heizung aber ersetzt durch eine kontrollierte Lüftung, gute Dämmung und andere Energie wie Sonnenlicht oder Abwärme von Geräten. Es braucht daher nur fünf bis zehn Prozent der Energie, die ein Altbau verbraucht.

Wäsche trocknen ohne Strom

Ein Haus des "Jahrhundertprojekts" Eurogate hat Rudolf Szedenik von s&s Architekten entworfen. 170 geförderte Wohnungen soll es bieten. Nicht nur die Heizkosten, auch der Energiebedarf für Haushaltsgeräte soll hier gesenkt werden. Dafür entwickelten Szedenik und sein Team eigene Trockenmaschinen für den Waschraum. Sie werden mit Fernwärme statt mit Strom erhitzt. "Viel Entwicklungsleistung" habe das gekostet, wenn sich das System bewährt, könnte es auch in anderen Häusern eingesetzt werden. Damit nicht nur das Haus, sondern auch die Bewohner Energie sparen, soll ein eigener Berater ihnen bei Einzug erklären, wie die Wohnungen optimal benutzt werden.

Trotz Passivbauweise bietet der Bau auch Komfort: Auf dem Dach steht eine Sauna, wer seine Mitbewohner lieber angezogen kennenlernt, kann dies in einem der Gemeinschaftsräume tun. Die höheren Kosten für ein Passivhaus würden beim Entwerfen nicht stören: "Architektur muss sich immer den Gegebenheiten fügen und optimal für die Bewohner sein", sagt Szedenik. Außerdem würde ein Passivhaus nur fünf bis acht Prozent mehr kosten als ein konventioneller Bau. Die Förderung von 60 Euro pro Quadratmeter würde die Mehrkosten fast abdecken. Lang sieht das genauso. "Passivbauweise ist keine Einschränkung für die Architektur", sagt er. Eurogate würde zeigen, dass architektonisch fast alles möglich sei - "außer Türmchen".

Keine Heizkörper - "ein großer Vorteil"

"Passivbauweise sollte eigentlich Standard sein", meint Thomas Kratschmer von der Architektenkammer. "Wir sollten nicht zusehen, wie wir in einen Energienotstand hineinrennen." Architektonisch seien Passivhäuser ansprechend: "Der Entfall der Heizkörper ist ein großer Vorteil." Nur die Bauwirtschaft würde leider bremsen - vor allem bei der Sanierung. Sie wolle nicht alle Häuser gleichzeitig sanieren, sondern die Arbeit kontinuierlich erledigen.

Auch bei diesem Problem könnte Eurogate helfen, hofft Christian Kaufmann, Sprecher von Wohnbaustadtrat Michael Ludwig. Das Projekt könne die Besitzer der umliegenden Häuser anregen, ihre Gebäude zu sanieren. Ob potenzielle Mieter das Projekt mögen, wird sich noch zeigen. Ab Herbst können sich Interessenten für die einzelnen Häuser anmelden, Anfang 2011 sollen dann die Wohnungen vergeben werden.  (Tobias Müller, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 18.2.2010)