"The Private Citizen"  (2009) von Ben Washington thematisiert das machtvolle Streben nach Höherem.

Foto: Galerie Charkasi

Die rohen Holzbretter sehen stabil aus - sind es aber ganz und gar nicht: Von unten betrachtet offenbaren sie ihr ausgehöhltes Inneres. Eine schnöde Fassadenkonstruktion, die jeden Augenblick zusammenbrechen könnte. Es sind Balanceakte, die Ben Washington in seiner Ausstellung in der Galerie Dana Charkasi vorführt.

The Private Citizen heißt die kleine Personale des 1981 geborenen Londoner Künstlers, wobei die im Titel angesprochene Privatheit sehr unmittelbar durch die möbelartige Anmutung der Objekte, das Interieurhafte seiner Arbeiten transportiert wird.

Es sind Arbeiten, die den Blick auf ihre prekäre Existenz, ihre fragile Körperlichkeit lenken: Es empfängt den Besucher die Installation König der Straße (2010), die im Titel bereits auf eine auf trügerischem Täuschen basierende Scheinexistenz hinweist und deren - wie beschrieben - hohles Dasein in der Untersicht entlarvt wird. Zwischen die Wand gespannt, geben die Bretter vor, ein Regal zu sein. Sie tragen eine kleine Palme, ein ebenso gefälschtes, da aus Goldfolie gebasteltes Pflänzchen. Ein nicht unwesentliches Detail ist die verschlungene, ornamentale Metallkonstruktion zwischen den Brettern: Drückt sie, stützt sie? Wie lange wird die faule Konstruktion noch halten?

Dieses aufstrebende, nach Höherem lechzende Wesen und der unbeirrbare Technologieglaube der Menschen sind es, die Ben Washington in seinen skulpturalen Balanceakten thematisiert. "Hochmut" könnte eine seiner durchdachten, Geschichtliches einbeziehenden Arbeiten auch heißen. Die gotische Anmutung der sich nach oben hin verjüngenden Konstruktionen kommt daher auch nicht von ungefähr, suchte man in jener Architektur doch, die Schwere des stützenden Materials zu vertuschen.

In die Arbeit The Private Citizen (2009) hat Washington einen kleinen Löwen integriert, der jenen von Delos nachempfunden ist:Dem griechischen Mythos nach war Delos einst eine tatsächlich schwimmende Insel auf dem Meer, ein machtvolles Konstrukt der Götter. Heute eifert der Mensch ihnen frei nach dem Motto "Macht euch die Erde untertan" nach: Synthetische Inseln dümpeln vor Dubai; ein künstlicher Berg parkt am Galerieboden. Dieser gibt beim Umrunden seine Konstruktion allerdings gerne Preis. (kafe / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 18.2.2010)