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Regieren mit Zustimmung der US-Botschaft: Premier Hashim Thaçi.

Foto: AP Photo/Visar Kryeziu

Zwei Jahre nach der Unabhängigkeitserklärung (17.2.2008) sind die Hoffnungen, die die Kosovaren in ihren jungen Staat steckten, großteils verpufft - nicht nur weil das Land bisher erst von 65 der 192 UN-Mitgliedstaaten anerkannt wurde. Die wohl größte Enttäuschung ist die unklare Haltung der EU. Fünf Mitgliedstaaten (Spanien, Rumänien, Zypern, Griechenland und die Slowakei) haben den Kosovo nicht anerkannt. Das ist mit ein Grund, weshalb die EU-Mission im Kosovo, vor allem wenn es um die Rechtsstaatlichkeit im serbisch besiedelten Norden geht, zahnlos bleibt.

"Feige und risikoscheu" nennt die Analytikerin Verena Knaus von der European Stability Initiative (ESI) im Kosovo diese Haltung. "Für die Kosovaren stellt sich die Frage, wofür die Souveränität eingeschränkt wurde, wenn die Eulex nicht dort hilft, wo die Kosovaren dazu nicht in der Lage sind" , kritisiert sie. Die 1600 EU-Polizisten, die sehr gut ausgerüstet sind, aber nicht gegen die offensichtliche Kriminalität und die Unterminierung des Staates vorgehen, vergleicht sie mit "Hasen in Ritterrüstungen" und warnt vor der Beispielwirkung. "Wenn diese Leute, die nach sechs Monaten wieder nach Hause dürfen und ihr Geld auf ihre Konten im Ausland bekommen, schon nicht mutig sind, wie sollen dann die Kosovaren mutig sein?" , fragt Knaus.

Ein Beispiel für diese Mutlosigkeit ist der Fall des ehemaligen Geheimdienstlers Nazim Bllaca. Bllaca hatte Ende November 2009 die Verantwortung für 17 Morde, Mordattentate und Erpressungen in der Zeitspanne zwischen 1999 und 2006 übernommen und sich der Eulex gestellt. Als Auftraggeber bezeichnete er mehrere Spitzenfunktionäre der Regierungspartei PDK, der auch Premier Hashim Thaçi angehört. Die Eulex hat den Fall zwar übernommen. Verhaftet wurde bislang erst ein Funktionär der Partei.

Straflosigkeit für Politiker

"Für Politiker gilt praktisch die Straflosigkeit" , sagt der Leiter der Anti-Korruptions-NGO Cohu, Avni Zogiani. Die EU-Mission reagiere zwar stärker als früher die Uno, doch sei sie auch nicht bereit, die wirklich schwerwiegenden Fragen anzugehen.

Etwa wie man mit der Kosovo-Politik Serbiens umgehen soll. Bisher war der serbische Außenminister Vuk Jeremić ja sehr erfolgreich damit, die Anerkennung des Kosovo durch intensive Reisediplomatie zu hintertreiben. Und auch an den realpolitischen Verhältnissen hat sich wenig geändert: Ohne die US-Botschaft zu konsultieren, fällt weder die kosovarische Regierung noch der Internationale Zivile Repräsentant (ICO) Pieter Feith wichtige Entscheidungen. "Es ist wichtiger, was die US-Botschaft sagt, als was Feith denkt" , sagt Zogiani.

Die devote Haltung gegenüber den Amerikanern, die Korruption - etwa zehn Prozent der Gelder für öffentliche Aufträge landen laut Schätzungen von Ökonomen bei den Parteien - und die Tatsache, dass die Regierung die Medien "kontrolliert" , führen dazu, dass Transparenz und Rechenschaftspflicht in der Politik und Selbstbewusstsein bei den Bürgern weiter fehlen. Trotz der Millionen aus der EU.

Die internationalen Institutionen arbeiten zum Teil sogar gegeneinander. Die Initiative von Feith, im Norden stärker durchzugreifen, begrüßen nicht alle in der Eulex (geführt von Yves de Kermabon). "Wir wehren uns mit Händen und Füßen dagegen" , sagt ein Eulex-Mitarbeiter zum Standard. (Adelheid Wölfl aus Prishtina, DER STANDARD, Printausgabe, 17.2.2010)