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Dauerhaft Leiharbeiter (den Begriff hört die Branche selbst gar nicht gern) - kostet nicht weniger, aber macht weniger Sorgen - zumindest dem Betrieb.

Foto: AP/Probst

Wien - Moderne Arbeitsklaven, Lohndumping, Arbeitskräfte zweiter Klasse: Um den Ruf der Zeitarbeitsbranche ist es bekanntlich nicht gut bestellt. Nicht umsonst hat die Branche dieser Tage guten Wind für sich selbst gemacht. Der schlechte Ruf beruhe vielfach auf Klischees und Mutmaßungen, hieß es anlässlich der Veröffentlichung einer entsprechenden Studie, die der WKÖ-Bundesobmann der Personaldienstleister, Gerhard Flenreiss, vorstellte (siehe dazu). Wahr sei vielmehr, Zeitarbeiter seien teuer und verdienten oft mehr als das Stammpersonal, sagt Flenreiss. Zu berichten wusste er auch von positiven Karriereverläufen, die wiederum auf der Analyse von Daten des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger beruhen.

"Die ersten, die gehen"

"Wir haben auch im Vorjahr eine Studie gemacht", kontert der Salzburger Arbeiterkammer-Präsident Siegfried Pichler im Gespräch mit derStandard.at. „Und da kommt heraus, dass es den Leiharbeitern nicht gut geht. Die sind halt die ersten, die gehen müssen. Man braucht sich ja nur die Zahlen anzuschauen: Im Vorjahr der Einbruch und jetzt ist die Zahl schon wieder so hoch wie davor." Was Pichler bestätigt, ist Flenreiss' Einschätzung, dass Leiharbeit den Unternehmen nicht billiger kommt als reguläre Arbeitsverhältnisse: "Aber es ist für Unternehmen bequemer. Ein Anruf beim Personalüberlasser genügt, man erspart sich das Vorwarnsystem beim AMS, kein Betriebsrat muss verständigt werden. Und das Problem, was dann mit der Arbeitskraft geschieht, kann die Firma an den Personaldienstleister auslagern."

Was Pichler aber in erster Linie ärgert, ist ein Paragraph im Unternehmensrecht, der es erlaubt, dass Leiharbeiter als "Sachkosten" in den Bilanzen geführt werden. Immer mehr schlecht abgesicherte und schlecht bezahlte Jobs seien die Folge von solch erlaubten Bilanztricks der Wirtschaft, so der AK-Präsident: "Personalkosten müssen Personalkosten bleiben." Ein Dorn im Auge ist ihm auch die Dauer der vorübergehenden Beschäftigung manch Betroffener: "Es reißt mehr und mehr ein, dass Unternehmen dauerhaft Leiharbeiter statt richtige Arbeitskräfte einsetzen. Wir haben das eine oder andere Unternehmen, das schon seit Jahren oder sogar Jahrzehnten Hunderte Leiharbeiter beschäftigt - weil die Konzernspitze sagt, der Personalkostenanteil darf nicht höher sein."

Leiharbeiter auf Dauer

Für die zusätzlichen Kräfte, die man für die Produktion braucht, würden dann Leiharbeiter auf Dauer gebucht: "Diese werden auf der Ebene der Sachkosten verbucht. Der Konzern sagt deshalb, die in Österreich produzieren mit so geringen Personalkosten so viel. Und dann werden anderswo noch mehr Leute entlassen. Das sind nicht einmal schwarze Schafe, das ist legal."

Sollte sich die Leiharbeit in einem Betrieb über einen Zeitraum von mehr als einem halben Jahr erstrecken, so müsste das in einen Dauerarbeitsplatz umgewandelt werden, fordert er: "Dann geht es nicht mehr um die eigentliche Aufgabe der Zeitarbeit, Spitzen abzudecken." Dass es sich dabei nicht um Einzelfälle handelt, dessen ist sich Pichler gewiss: „Ich habe gerade eine Mail von einem Leiharbeiter bekommen, der bedankt sich, dass wir uns um das Thema kümmern. Er sagt, er ist in einem deutschen Weltkonzern seit neun Jahren als Leiharbeiter angestellt."

Wolfgang Mazal, Arbeitsrechtsexperte an der Uni Wien, will die Zeitarbeit nicht samt und sonders verteufeln: "Für ein Unternehmen ist das ein bisschen wie der Einsatz von Fremdkapital. Das wirft man einem Unternehmen ja auch nicht vor", sagt er. Druck käme in die Branche vor allem durch Mitbewerber aus den neuen EU-Ländern: "Die kommen mit Preisen, mit denen die heimische Branche nicht mithalten kann." Was er auch sieht: "Seit der Kollektivvertrag vor fünf Jahren in Kraft trat, (Anm: Für Arbeiter in der Zeitarbeitsbranche gilt ein eigener Kollektiv-Vertrag, für die Angestellten der IT-Kollektivertrag) wurde die Zeitarbeit so verteuert, dass es natürlich für Firmen interessant ist, auch in den Graubereich zu gehen." (Regina Bruckner)