Bild nicht mehr verfügbar.

Frenetisches Osterglockenwacheln in Cardiff nach einem Comeback, das sich gewaschen hatte.

Foto: Reuters/Noble

Cardiff - Samstag war der Tag, als in Cardiff die Toten auferstanden. In einem bezwingenden Endspurt mit zwei Tries in den letzten vier Minuten siegte Wales in seinem zweiten Match der Six Nations gegen Schottland 31:24. Shane Willams, im finalen Push der "Drachen mit geballter Faust und Siegerlächeln auf den Lippen über die Linie gesegelt war, meinte: "Nichts schien zu funktionieren, aber wir sind drangeblieben." Das Stadion raste.

Lange Zeit sah das allerdings ganz anders aus. Denn die Schotten hatten die favorisierten Gastgeber über weite Strecken der Partie mit überlegener Physis in grobe Schwierigkeiten gebracht und lag zur Halbzeit deutlich mit 18:9 in Führung. Noch fünf Minuten vor Schluss, schien bei einem Stand von 24:14 kein Weg mehr am ersten Erfolg der Blauen in Cardiff seit acht Jahren vorbeizuführen. Zu diesem Zeitpunkt waren die Waliser bereits längst bei Plan B angelangt: dem Mut der Verzweiflung. Unmäßig waren Wille wie Risiko, als ihr Laufspiel endlich Fahrt aufnahm und müde werdende Schotten Wirkung zeigten. Nebenbei wurde so die schwache walisische Defensive weitgehend von ihren Aufgaben entbunden. Auch das kein Schaden.

Vier Minuten noch: Halfpenny querte, Stephen Jones kickte sein Team bis auf drei Punkte heran. Wales war nun überall, die Schotten wussten kaum noch, wie ihnen geschah. Ihre Verzweiflung manifestierte sich in einem Foul ohne Ball von Phil Godman am durchbrechenden Lee Byrne - die unvermeidliche Rote Karte folgte. Es war ein Leichtes für Jones, den Penalty aus kurzer Distanz zum Ausgleich zwischen die Malstangen zu jagen. Damit aber nicht genug. Wales sicherte sich nach dem Ankick erneut Ballbesitz und durfte noch einmal angreifen, die Schotten hatten es verabsäumt, das Leder ins Aus zu befördern. Nun durfte nichts mehr schiefgehen, denn jeder Fehler hätte den sofortigen Schlusspfiff von Referee Clancy zur Folge gehabt. Doch es ging nichts schief: Mit Furor dampfte man über schottische Widerstandsnester hinweg oder durch diese hindurch, bis schließlich die Gasse vor Williams dalag: geöffnet zur Glorie.

"Mit der letzten Aktion haben wir Selbstmord begangen", schlussfolgerte Schottlands Coach Andy Robinson mit fahlem Blick. Sein Gegenüber Warren Gatland zeigte Mitgefühl für den Gegner und sorgte sich gleichzeitig über die Startschwierigkeiten seiner XV. Nach der Niederlage am ersten Spieltag gegen England hielten die Waliser die Aussichten auf ein gutes Turnier am Leben, die Schotten halten dagegen weiter ihre Punklosigkeit und dürfen wohl bestenfalls an einen fünften Platz denken. Wieder einmal.

In Paris endete wenig später Irlands 15 Monate dauernde Ungeschlagenheit in einem 10:33 gegen Frankreich. "Les Bleus" wussten - wie schon vor einer Woche beim Erfolg in Edinburgh - mit Organisation und Disziplin zu gefallen; Eigenschaften, die nicht immer zu den charakteristischen Zügen der französischen Nationalmannschaft zählten. So jedoch konnte die frühe Druckperiode des Titelverteidigers unverwundet überwunden und die Grundlage zu einem letztlich verdienten Erfolg gelegt werden.

Am Sonntag stotterte England in Italien zu einem mageren 17:12-Erfolg. Die störrischen Gastgeber machten es schwachen Briten schwer, erst ein Dropgoal von Jonny Wilkinson in der Schlussphase sicherte den Erfolg. Für die Italiener kickte Mirco Bergamasco sämtliche Punkte. (Michael Robausch)

ERGEBNISSE:

Wales - Schottland 31:24 (9:18). Millennium Stadium, Cardiff

Wales: Tries: Lee Byrne, Leigh Halfpenny, Shane Williams; Conversions: Stephen Jones (2); Penalties: Jones (4)

Schottland: Tries: John Barclay, Max Evans; Conversion: Chris Paterson; Penalties: Dan Parks (2); Drop goals: Parks (2)

Wales: 15-Lee Byrne, 14-Leigh Halfpenny, 13-James Hook, 12-Jamie Roberts, 11-Shane Williams, 10-Stephen Jones, 9-Gareth Cooper (20-Richie Rees 41), 8-Ryan Jones (Captain), 7-Martyn Williams (19-Sam Warburton 69), 6-Andy Powell (18-Bradley Davies 49), 5-Alun Wyn Jones, 4-Jonathan Thomas, 3-Adam Jones, 2-Gareth Williams (16-Huw Bennett 49), 1-Paul James (17-Gethin Jenkins 49).

Schottland: 15-Chris Paterson (22-Max Evans 30), 14-Thom Evans (20-Mike Blair 36), 13-Sean Lamont, 12-Graeme Morrison, 11-Rory Lamont (21-Phil Godman 72), 10-Dan Parks (19-Alan MacDonald 79), 9-Chris Cusiter (Captain), 8-Johnnie Beattie, 7-John Barclay; 6-Kelly Brown, 5-Alastair Kellock, 4-Jim Hamilton (18-Richie Gray 78), 3-Euan Murray, 2-Ross Ford (16-Scott Lawson 58), 1-Alasdair Dickinson (17-Allan Jacobsen 58).

Referee: George Clancy (Irland)

Frankreich - Irland  33:10 (17:3). Stade de France, St. Denis

Frankreich - Tries: William Servat, Yannick Jauzion, Clement Poitrenaud; Conversions: Morgan Parra (3); Penalties: Parra (2); Drop goals: Parra, Frederic Michalak

Irland - Try: David Wallace; Conversion: Ronan O'Gara; Penalty: O'Gara

Italien - England 12:17 (6:6). Stadio Flaminio, Rom

Italien: Penalties: Mirco Bergamasco (4)

England: Try: Mathew Tait; Penalties: Jonny Wilkinson (3); Drop goal: Wilkinson