Graz - Das Grazer Volkskundemuseum stellt in der Ausstellung "L[i]eben. Uferlos und andersrum" (16.2.-26.10.) neben der Geschichte der schwul-lesbischen Bewegung und der rechtlichen Entwicklung auch Einzelschicksale dar. "Es geht um Alltagsgeschichte, um Begehren, um Lebensentwürfe", erklärte Elke Murlasits, die zusammen mit Hans-Peter Weingand das Projekt konzipiert hat, bei einer Pressekonferenz am Freitag.

"Wir wollten nicht die Geschichte einer armen, diskriminierten Minderheit erzählen", so Murlasits. Es ging bei der Ausstellung eher um eine "grundsätzliche Hinterfragung von Rollenbildern". In die volkskundlichen Dauerausstellung wurden sechs Stationen eingefügt, die Texte, Objekte oder auch Lieder zum Thema anbieten. Dadurch wird auch eine neue Lesart der volkskundlichen Objekte ermöglicht, die die Konstruktion eines idealisierenden Weltbilds enttarnt.

Zu sehen sind einerseits Gegenstände aus der eigenen Sammlung ab dem frühen 18. Jahrhundert, die sonst meist im Depot sind, außerdem neue Objekte ab Ende des 19. Jahrhunderts. Bei der Ausstellung ergab sich das Problem, dass die Quellenlage eher schwierig ist. In vielen Fällen war man auf Zeitungsberichte und Gerichtsakten angewiesen. "Das Tagebuch der lesbischen Tante oder die Briefe des schwulen Onkels haben die Verwandten vernichtet", so Weingand. Trotzdem habe man versucht, auch den ländlichen Raum zu erfassen.

Neben Akten als Zeichen der gerichtlichen Verfolgung werden auch Plakate, Flyer, Fotos, Objekte, Video-Interviews und Filme als Zeichen gelebten Widerstand und der Selbstorganisation gezeigt. Unter den Ausstellungsstücken befindet sich auch die Eingangstüre zum ersten schwul-lesbischen Lokal der Steiermark.

Begleitend zur Ausstellung ist ein Katalog erschienen, der unter anderem die Situation von Homosexuellen in der Steiermark aufzeigt. Dazu werden grundsätzliche Fragen zur Geschlechts- Körper und Identitätskonstruktion diskutiert. Ergänzt wird die Publikation durch persönliche Statements. (APA)