Wien - Darf die Gesundheitsbehörde Daten von Schülern ohne Genehmigung der Eltern für eine Studie weitergeben? Ja, fand die MA15 (Gesundheitsdienste) und forderte im Vorjahr die Schulärzte schriftlich auf, für den geplanten Wiener Kindergesundheitsbericht Kopien der "vollständig ausgefüllten Gesundheitsblätter und Elternfragebögen ehebaldigst" an den Schulärztlichen Dienst zu übermitteln. Die Daten von 24.000 Schulkindern hätten dazu weitergegeben werden sollen - der Standard berichtete.

Ärztekammer und Grüne widersprachen: Die ärztliche Verschwiegenheitspflicht sei in jedem Fall stärker zu bewerten als eine Dienstanweisung. Außerdem hätten die Eltern die Angaben unter der Zusicherung strengster Vertraulichkeit gemacht.

Im sogenannten Gesundheitsblatt werden die jährlichen schulärztlichen Untersuchungen dokumentiert. Abgefragt wird unter anderem, ob das Kind unter Asthma und Allergien leidet, Sprachfehler hat oder Bettnässer ist sowie ob die Eltern übergewichtig oder Diabetiker sind.

Auch der Vater eines Viertklässlers sah nicht ein, warum zu den Gesundheitsdaten seines Sohnes auch noch seine eigenen Angaben weitergeleitet wurden und reichte Beschwerde bei der Datenschutzkommission ein. Die Weitergabe sei ohne seine Zustimmung erfolgt und verletze das "Recht auf Geheimhaltung meiner besonders schützenswerten Daten" . Die Datenschutzkommission wies diese Beschwerde ab. Die Daten seien innerhalb derselben Behörde (MA 15) weitergegeben wurden. Außerdem gehöre zur Anamnese "die Erhebung der Gesundheitshistorie der nächsten Familienangehörigen" .

Den Verstoß gegen das Datenschutzgesetz sah die Kommission darin, dass im Fragebogen nicht ausdrücklich auf die Weitergabe hingewiesen wurde. Auch der Auftraggeber und der Zweck der Datenverwendung seien nicht angeführt. Vielmehr sei durch den Hinweis, dass die "Angaben nur für die Schulärztin/den Schularzt bestimmt sind" , der Eindruck erweckt worden, dass diese unter Verschluss bleiben würden.

"Die Kommission hat unsere Kritik an dem schlampigen Umgang mit den Daten bestätigt" , betont Sigrid Pilz, die Gesundheitssprecherin der Wiener Grünen.

Bei der MA15 versichert man, dass noch in diesem Jahr neue Fragebögen konzipiert würden, die den Empfehlungen der Datenschutzkommission entsprechen sollen. Die bereits übermittelten Gesundheitsblätter würden keinesfalls für Studienzwecke herangezogen. (Bettina Fernsebner-Kokert, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 12.02.2010)