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Anreise & Unterkunft:

Palma de Mallorca wird täglich von Wien und den Bundesländern angeflogen. Fincas (Landhotels) gibt es in allen Preisklassen und Lagen, auch kurzfristig über Internet buchbar. Das Wanderwegenetz ist dicht und gut beschildert.

www.agroturismo-balear.com
www.illesbalears.es
www.spain.info
www.topfincas.com
www.flyniki.com

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Knorrige Mandelbäume, duftende Wiesen, prachtvolle Fincas - Mallorca lässt sich lustvoll erwandern, auch von mäßig trainierten Bergfexen.

Esel kreischen, Ziegen hüpfen von Fels zu Fels, irgendwo schellt eine Kuhglocke, während Schafe aus steinigen Wiesen Grünzeug zupfen. Ein verschlafener Blick aus dem Fenster der Muleta de Ca S'Hereu verschafft beruhigende Gewissheit: Die Angst vor Ballermann ist unbegründet. In die Serra de Tramuntana, die sich wie eine Mauer durch den verschlafenen, bäuerlichen Nordwesten Mallorcas zwischen der Insel Sa Dragonera und dem Cap de Formentor zieht, verirren sich mangels einladender Sandstrände vor allem Naturliebhaber.

Und die haben es hier ausgesprochen gut. Auf schmalen Fußwegen lassen sich noch Wälder aus Steineichen durchstreifen, seltene Aleppokiefern entdecken und über steinige Treppelwege mediterrane Terrassengärten bis tief hinunter ans Meer erwandern.

An die hundert Kilometer lang ist das Gebirge, an dem sich enge Bergstraßen idyllisch hinaufschlängeln, kilometerlang nichts als Natur - und ab und zu eine Finca. Der Hinweis im Reiseführer, ein kleines Auto zu mieten, erweist sich als goldrichtig. Denn die schmale Buckelpiste hinauf zur Muleta de Ca S'Hereu, einem aus Stein gebauten, geschmackvoll restaurierten Landhaus aus dem 17. Jahrhundert hoch oben auf dem Plateau von Sóller, ist mit einem Kleinwagen weit komfortabler zu erreichen als mit einem dicken Geländewagen. Wer auf das Auto verzichten will, nimmt die Bahn von Palma nach Sóller und lässt sich das letzte, steile (400 Höhenmeter), eineinhalb Kilometer lange Serpentinen-Wegstück von der Tochter des Hauses hinaufkutschieren - oder geht zu Fuß.

Die Mühe eines Spaziergangs wird (außer nachts, da ist es in Ermangelung von Straßenlaternen stockfinster) belohnt: Das Plateau des Zehntausend-Einwohner-Provinzhauptstädtchens gewährt einen grandiosen Ausblick auf Bucht und Port de Sóller samt dem dahinter monumental aufgetürmten Tramuntana-Gebirge mit Puig Mayor und Sierra de Alfabia. Von hier kommt, schwärmt Hausherrin Francisca, das geschmackvollste Olivenöl der Ferieninsel. Wie mühsam das grüne Gold der unwegsamen Natur bis vor einem halben Jahrhundert abgepresst wurde, zeigt der große Stolz des bis vor wenigen Jahren rein bäuerlichen Familienanwesens: die Tafona, die große Ölpresse, die hinter einer unscheinbaren Tür in einem feinsäuberlich gekalkten Raum hinter der Rezeption würdevoll vor sich hin altert. Wiewohl seit gut 30 Jahren außer Betrieb, umhüllt sie noch immer der ölige Duft des Sommers.

Das beschauliche Sóller mit seinem dörflichen Charakter macht die nun anstehende Richtungsentscheidung zur Qual: Nehmen wir den alten Weg hinunter nach Fornalutx, wo uns nach gut drei Stunden eine Sopa mallorqui (die in Wirklichkeit ein deftiger Eintopf aus Brot, Fleisch, Wurst, Gemüse und Kohl im Tontopf ist) und Wein (es gibt noch einen abseits der von den Deutschen vereinnahmten Rieden) erwartet, oder doch gleich in den Süden über Deià nach Valldemossa?

Das nach Art eines Dorferneuerungsvereins vielleicht ein bisschen zu blitzblank herausgeputzte Valldemossa muss warten. Und mit ihm jene Kartause, in der Frédéric Chopin in Begleitung der Schriftstellerin George Sand seine Lungen- und Liebesleiden zu kurieren hoffte. Das kalte Gemäuer dürfte dem Genuss des "fantastischsten Orts der Welt" wenig zuträglich gewesen sein, denn in knapp hundert Tagen in der kargen, unbeheizten Zelle komponierte Chopin wohl zahlreiche Préludes und Konzerte, die Sehnsucht nach Paris ließ sich freilich selbst im Zimmer mit bezaubernder Aussicht nicht kurieren. Zurück blieben 1838 einige Partituren und der eigens herangeschaffte Pleyel-Flügel. Sie lassen sich anlässlich des zweihundertsten Geburtstags, der heuer zelebriert wird, immerhin einträglich vermarkten, zumal das ungleiche und der mallorquinischen Nomenklatura suspekte und vor allem unverheiratete Künstlerpaar Chopin-Sand der doch etwas muffeligen Kartause eine verruchte Note verleiht. (Luise Ungerboeck/DER STANDARD/Rondo/12.2.2010)