Eugen als Puppe mit dem eisernen Brustpanzer vor seinem Reiterbildnis, gemalt von Jacob van Schuppen (vor 1721)

Foto: Galleria Sabauda, Turin

Wien - Sie hat alles verscherbelt. Viktoria von Savoyen, von Karl VI. als Universalerbin des Savoyen-Prinzen Eugen eingesetzt, hat dessen gewaltige Kunstsammlung verkauft. Zwölf Ochsenkarren und zehn Pferdefuhrwerke waren nötig, um die imposante Gemäldesammlung nach Turin zu schaffen. Ein Bild, Gerard Dous sogenannte "Wassersüchtige", ist sogar als Beute von Napoleon schließlich im Louvre gelandet.

Dass die habgierige und "garschtige" Nichte Eugens der Direktorin des Belvedere, Agnes Husslein, nicht sonderlich sympathisch ist, ist nur verständlich: Die dicke Vicki hat dem Haus schließlich einiges an repräsentativem Inventar geraubt. Für die fern von jedem Jubeljahr stattfindende Ausstellung "Prinz Eugen - Feldherr, Philosoph und Kunstfreund" wurden nun mit großem Aufwand viele dieser Kunstschätze nach Wien gebracht. Und so ist Eugens berühmtes "Bilderzimmer", das man dank eines Kupferstiches von Salomon Kleiner in der Orangerie als Tapete rekonstruierte, wieder gut gefüllt mit echter Leinwandware. Freilich nur temporär.

Prinzessin Viktoria, die von ihrer Hofdame als hässlich und kleinwüchsig (eine Büste im letzten Eck unterstreicht dies), aber mit unendlich viel Geist beschrieben wurde, ähnelte darin dem siegreichen Feldherrn: Auch über seine Unansehnlichkeit und das völlig verfehlte Gardemaß ereiferte man sich bei Hofe, rühmte aber gleichzeitig seinen Verstand. Auf Letzteren legt die Schau Gewicht; geht es ihr doch darum, Prinz Eugen (1663-1736) einmal als umfassendere Persönlichkeit darzustellen und nicht immer nur als cleveren Helden und Befreier von den Türken - den juwelenbesetzten Krummsäbeln zuliebe kommt aber auch dieser Aspekt nicht zu kurz. Er war, schwärmt Husslein, "genial, ein wirklicher Europäer, heute würde man Selfmademan sagen, ein großartiger Diplomat. Naturfreund und Bücher-Enthusiast".

Kuratorin Marie-Louise von Plessen freut sich, dieses Bild in der womöglich überhaupt "schönsten Barockanlage", dem ehemaligen Wohnsitz Eugens, "zelebrieren" zu dürfen. In der Tat, Prinz Eugen wird zelebriert. Umfassend: Eine neuerliche Apotheose, die mit hunderten Exponaten - mit Stichen, Gemälden, Urkunden, Handschriften, Briefen, Möbeln und auch einer Haarlocke - seine Biografie zu illustrieren sucht. Kostbare, wunderbare, interessante Dinge und auch so manches, was Schmunzeln macht, wie etwa die Pinselzeichnung von Cornelis Troost. Sie zeigt den Prinzen im Etablissement der Madame Traese, einem Amsterdamer Bordell, beim Begutachten von Damen, die mit gelüpften Röcken und nacktem Popo vorbeiwackelten. Ein netter Schwank aus dem Leben eines Junggesellen, der Damen mit "überflüssigen Möbelstücken" verglich und eher dem gleichen Geschlecht zugetan war. Gleich darüber die Federzeichnung von Pieter von den Berge: Besuch Prinz Eugens beim Kunsthändler Zomer in Amsterdam. Der Kenner prüft kniend die Qualität einer Malerei.

Zwei Beispiele, die zeigen, dass man in der Überfülle der Kostbarkeiten eine beliebig gewichtete, auch unwahre Biografie zusammensuchen kann; die Ausstellung trägt wenig zu einem klaren Bild bei, sondern schickt den Betrachter eher auf Schatzsuche, wobei durchaus Tolles zu heben ist. Allerdings auch Albernheiten wie eine zeitgenössische Soundcollage, inklusive Schlachtengetöse.

Was fehlt? Bei ein wenig Enthaltsamkeit hätten einige von Oswald Oberhubers aktuellen Blicken auf die Leidenschaften des Prinzen Eugen Platz gefunden. Ebenso wie andere zeitgenössische Reflektionen zum Thema, die derzeit allzu entlegen im Augarten Contemporary versteckt sind. (Anne Katrin Feßler / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 11.2.2010)