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Gisela Delgado, Hector Palacios´ Frau, weint vor jenem Gericht in Havanna, das ihren Mann wegen Landesverrates und angeblicher subversiver Aktivitäten zu 25 Jahren Haft verurteilt hat.

Foto: EPA/Roque

Havanna/Montevideo - Die weltweite Bestürzung ist groß: Amnesty International forderte die sofortige Freilassung der in Kuba zu hohen Haftstrafen verurteilten Dissidenten. Das Verfahren, bei dem am Montag neun Oppositionelle schuldig gesprochen wurden, sei "völlig willkürlich", sagte ein ai-Sprecher Dienstag in Paris. "Reporter ohne Grenzen" kritisierte die Urteile ebenso scharf. Das Verfahren sei "eine Parodie der Justiz", es erinnere an "stalinistische Prozesse". Auch die deutsche Bundesregierung sprach von "einem eklatanten Verstoß gegen die Menschenrechte".

Nach Jahren vorsichtiger Öffnung wurde in Havanna unter anderem die Wirtschaftswissenschafterin Marta Beatriz Roque zu 20 Jahren Haft für "staatsfeindliche Verschwörung" verurteilt. Ebenso lange muss der Dichter und Journalist Raúl Rivero hinter Gitter, während Héctor Palacios zu 25 Jahren verurteilt wurde, weil er sich für demokratische Reformen im Rahmen des so genannten Varela-Projektes eingesetzt hatte.

Die drei prominenten Regimekritiker waren wie 75 andere Oppositionelle vor zweieinhalb Wochen in einer Nacht-und-Nebel-Aktion verhaftet worden. Es war einer der massivsten Schläge gegen Andersdenkende auf Kuba seit der Machtübernahme durch Fidel Castro 1959. Weitere Urteile stehen noch aus und werden voraussichtlich in den nächsten Tagen gefällt. "Die Regierung will das schnell über die Bühne bringen, solange die Welt noch Richtung Irak schaut", vermutete der Vorsitzende der illegalen Kubanischen Menschenrechtskommission, Elizardo Sánchez Santacruz. Er war einer der wenigen prominenten Oppositionellen, die diesmal nicht festgenommen wurden.

Die Prozesse, die vorigen Donnerstag begonnen hatten, fanden hinter verschlossenen Türen statt. Lediglich Angehörige wurden zugelassen. Die Staatsanwaltschaft präsentierte vermummte Zeugen sowie Aussagen von Agenten der Staatssicherheit, die die Opposition infiltriert hatten. Das Gesetz, nach dem die Dissidenten verurteilt wurden macht jede unabhängige journalistische Tätigkeit und Kontakte mit US-Diplomaten strafbar.(Sandra Weiss/DER STANDARD, Printausgabe, 9.4.2003)