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Nach der Mittagspause brachten die hartnäckighen Fragen Ex-Premier Blair zum Schwitzen.

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Im Livebericht des "Telegraph" gibt es eine Umfrage: der Großteil der Zuseher hält Blairs Rechtfertigung des Krieges nicht für glaubwürdig.

Screenshot: derStandard.at

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Blair auf dem heißen Stuhl.

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Männerfreundschaft: Bush am Steuer, Blair lacht.

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"I do not want war": Tony Blair einen Monat vor Kriegsbeginn im britischen Parlament.

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Was wusste Blair, das ist hier die Frage.

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Würde die gleiche Enscheidung wieder treffen: Blair gibt sich reuelos.

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Kompromisslose Verteidigung der Regierung und keinerlei Reue, was die Entscheidungen von damals angeht: Großbritanniens Tony Blair musste sich heute in einer Untersuchungskommission für den Krieg gegen den irakischen Diktator Saddam Hussein im Jahr 2003 verantworten. Der Auftritt wurde seit Wochen mit Spannung erwartet und ging ohne große Überraschungen zu Ende. Resümee: Das "Monster" Hussein wurde für Blair zum Kriegsgrund, Blair würde "die gleichen Entscheidungen wieder treffen" und der Irak-Krieg "hat die Welt sicherer gemacht". derStandard.at verabschiedet sich nach sieben Stunden Blair-Hearing.

Update 18:40

Blairs versichert noch einmal: "Ich würde die gleich Entscheidung wieder treffen."

"Es war ein wirklich, wirklich schwieriger Kampf." Ob sich all das alles ausgezahlt habe? Es ist zu früh, um das zu beantworten, aber es gibt "positive Zeichen", sagt Blair. Der Großteil der Iraker sei glücklich gewesen über Saddams Sturz - eine Entscheidung, über die er bis heute täglich reflektiere.

Update 18:10

War der Einmarsch im Nachhinein gesehen gerechtfertigt? Blair: "Es war ein harter Kampf, aber wenn wir wieder in so eine Situation geraten würden, wären wir besser vorbereitet." Der Ex-Premeier zitiert eine Studie, der zufolge der Großteil der Iraker zuversichtlich ist. Die Kindersterblichkeit sei seit dem Sturz Saddams drastisch gesunken, weil dieser kein Geld für Impfungen ausgegeben habe. Irgendwelche Aspekte, die Blair bereut? Würde er heute irgendwelche Dinge anders machen?

Blair: "Wenn wir Saddam an der Macht gelassen hätten, würden wir uns jetzt mit diesem Problem auseinandersetzen, und es wäre noch schwieriger, Verbündete zu finden. Unsere Armee wird stolz darauf sein können." No regrets? Nein, bestätigt Blair, "Saddam war ein Monster, und es war besser, ihn rasch zu entmachten." Auch aus heutiger Perspektive: Saddam hätte nicht nur die Region, sondern die gesamte Welt bedroht. Blairs Conclusio: Der Irak-Krieg habe die Welt zu einem besseren Ort gemacht.

Update 18:00

Prashar wirft ein, dass, wenn Goldsmith im Kabinett anwesend gewesen wäre, eine bessere, "gemeinsame Enscheidungsfindung" möglich gewesen wäre. Blair sagt, das sei nicht notwendig gewesen, Goldsmith hätte nicht anwesend sein müssen, um seine Meinung kundzutun.

Es sei dem Kabinett nicht darum gegangen, die Gesetzmäßigkeit des Kriegs zu diskutieren. Man hätte wissen wollen, ob er legal sei oder nicht. Blair zieht den Vergleich mit dem Kosovo: Es hätte auch hier eine größere Debatte geben können, aber die hätte nicht stattgefunden, weil der Einsatz in der Öffentlichkeit mehr unterstützt worden sei.

Update 17:50

Blair sagt, dass es im Vorhinein 25 Diskussionen im Kabinett rund um den Irak gegeben hätte. Er habe "wirklich nicht das Gefühl", dass irgendjemand der Kabinettsmitglieder nicht informiert und involviert gewesen wäre. Ob es genug Platz für Meinungsverschiedenheiten gegeben hätte? Ja, davon sei er überzeugt.

Update 17:45 Uhr

Jetzt geht es um Afghanistan: Lyne will von Blair wissen, ob er sich nicht Sorgen darum gemacht habe, dass die Armee nun im Iran und in Helmand, Afghanistan kämpfe.

Update 17:42 Uhr

Nach einer kurzen Phase der Entspannung scheint Blair wieder nervöser zu werden. Ja, er akzeptiere, dass dies in der Verantwortung der Briten und Amerikaner passiert sei. Freedman sagt, dies sei ein "sehr hoher Preis gewesen für die schlechte Vorbereitung". Blair gibt dem Iran und der Al Kaida die Schuld daran, dass der Plan der Koalition nicht aufgegangen sei.

Update 17:40 Uhr

Freedman nennt die Anzahl der zivilen Todesopfer:

Jänner 2004: 570
Jänner 2005: 1,042
Jänner 2006: 1,453
Jänner 2007: 2,807

Blair sagt, er schätzt die Anzahl der Toten während dieser Periode auf ungefähr 100.000. Er beziehe sich auf Zahlen des Iraq Body Count und des Brookings Institute. Die Toten seien Ergebnis von Attacken auf britische und US-amerikanische Truppen.

Update 17:30 Uhr

Was im Irak passiert ist, erklärt Blair folgendermaßen: Es gab einen Konflikt, der schnell wieder vorbei war. Dann gab es die Nachwirkungen. Und dann, 2006/2007 gab es eine andere Form des Konflikts. Und den Menschen gehe es heute "viel besser" als damals, sagt Blair.

Der Folterskandal, der in Abu Ghraib passiert sei, habe das Weiße Haus überrascht, und auch er sei "geschockt" gewesen, als die Bilder von den Folterungen ans Tageslicht gekommen seien.

Update 17:20 Uhr

Blair kritisiert das harte Vorgehen der US-Truppen und gibt an, dass sich die Briten im Gegensatz dazu um ein gutes Verhältnis zur Bevölkerung in Basra bemüht hätten. Ein Iraker habe zu ihm gesagt, nach dem Sturz der Saddam-Diktatur müssten die Briten nun die Diktatur der Terroristen stürzen.

Blair vergleicht die Probleme der Briten im Südirak mit dem Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern oder dem Konflikt in Tschetschenien.

Update 17:15 Uhr

War es eine gute Idee, dass die irakische Armee zu entwaffnen und aufzulösen sowie Beamte, die Saddams Baath-Partei angehörten, zu entlassen? Blair gibt an, dass eine teilweise "Ent-Baathifizierung" unvermeidlich gewesen sei, weil die Bevölkerung die Parteifunktionäre gehasst habe.  Man habe sich bemüht, die Infrastruktur rasch wieder aufzubauen, dies sei aber von Aufständischen verhindert worden sei: "Es war das Ziel dieser Leute, den Wiederaufbau zu stören."

Update 17:05 Uhr

Telegraph-Blogger  Andrew Gilligan merkt an, dass Blair bereits zwei Geständnisse abgelegt hat: Es gab entgegen seinen damaligen Angaben keine "wachsende Bedrohung durch den Irak", und  er sagte am 16. Juli 2002 im Parlament, dass man keinen Krieg plane. Die Vorbereitungen liefen damals schon zwei Monate

Update 16:55 Uhr

Blair berichtet über seinen Irak-Besuch im Sommer 2003. Man habe sich darauf konzentriert, die Hauptstadt unter Kontrolle zu bekommen ("Baghdad First") und 260 Millionen Pfund für humanitäre Hilfe und Wiederaufbauarbeiten ausgegeben. Das Problem sei also nicht mangelnde Finanzierung, sondern die Sicherheitslage gewesen.

Blair wird darauf angesprochen, dass dies ja vorhersehbar gewesen sei. Er gibt an, dass man sich ja um Unterstützung durch die UNO bemüht habe. Erst nach dem Bombenanschlag auf die Moschee von Samarra 2006 sei der Konflikt zwischen Sunniten und Schiiten dann eskaliert. Blair lobt, dass bei der bevorstehenden Parlamentswahl auch nicht-religiöse Parteien antreten und nennt dies ein Beispiel für den ganzen Nahen Osten.

Update 16:45 Uhr

Blair wird gefragt, ob das Militär auf eine längerfristige Besatzung vorbereitet war. Hat man sich übernommen? Blair bestreitet dies und wird mit einem Brief konfrontiert, in dem sich ein hoher General über zuwenig Soldaten beklagt. Seine Antwort: das Problem seine nicht zuwenig Soldaten gewesen, sondern irakische Aufständische, die die Aufbauarbeiten behinderten.

Außerdem habe man sich darauf verlassen, dass sich der Iran nicht einmischen werde. Zwischen dem Sturz Saddams und Anfang 2004 habe man die Lage gut unter Kontrolle gehabt.

Update 16:20 Uhr

Usha Prashar lässt nicht locker: Warum wurden keine Planungen für die Zeit nach dem Krieg vorgenommen? Blair nennt den Irak unter Saddam einen "semifaschistischen Staat", was die Aufbauarbeiten erschwert habe. Man könne jedenfalls auf den im Irak gemachten Erfahrungen lernen, dass man immer vom Schlimmsten ausgehen müsse. Der Ausschuss und wir machen zehn Minuten Pause.

Update 16:15 Uhr

Auch die Kollegen vom Guardian und der Financial Times berichten live. Letzere kämpfen allerdings gerade mit technischen Problemen und schreiben "Give us a minute". Blair betont, dass Bush nicht die alleinige Führungsrolle übernehmen wollte.

Update 16:10 Uhr

Blair gibt an, dass ab Anfang Jänner 2003 klar gewesen sei, dass die Briten den Südirak besetzen sollten. Man habe sich bemüht, die Verantwortung sobald wie möglich an irakische Verbündete abzugeben. Dass in Basra keine funktionierende zivile Infrastruktur bestand, habe die Briten überrascht.

Update 16:05 Uhr

Usha Prashar spricht Fehler bei der Planung der Militäroperation an. Blair betont, dass man sich vor allem auf humanitäre Aspekte und den befürchteten Einsatz von Chemiewaffen konzentriert habe.

Update 16:00 Uhr

Usha "Rottweiler" Prashar übernimmt wieder die Befragung. Tony Blair wirkt zusehends nervöser.

Update 15:55 Uhr

Dass der ehrbare Jurist Goldsmith meinte, dass man mit den vorliegenden Indizien vor Gericht keinen Prozess gewinnen würde, hielt der ehrbare Jurist Blair nicht für ausreichend, den Waffengang noch einmal zu überdenken, so Lyne.

Update 15:49 Uhr

Als Goldsmith Blair am 7. März beriet, gab es noch kein Ja/Nein zum Krieg, erst am 13. März. Was passierte dazwischen? Übte Blair Druck auf ihn aus? Blair: "er gab uns einen Ratschlag und wir mussten eine definitive Entscheidung treffen. Eine Entscheidung, von der sehr viel abhing. Darum war es wichtig, dass der Attorney General sie stützte." Blair sagt, man habe Saddam eine allerletzte Chance geben wollen, den Krieg noch abzuwenden. Ende Oktober 2002 habe Blair mit Bush ausgemacht, dass es keine weiteren Schritte geben soll, wenn Saddam nachgibt. Aus dem Blix-Report schloss Blair im März 2003, dass Saddam dem Westen nicht entgegenkam.

Update 15:41 Uhr

Lyne spricht die Resolution 1441 an. Kein Thema, das Blair schmecken dürfte. Ob er nicht besser gefahren wäre, wenn er ein offizielles Statement von Goldsmith eingeholt hätte, will Lyne wissen. "Hätte Goldsmith gesagt, wir könnten nicht aktiv werden, hätten wir nicht angreifen können." Damit hat Blair wohl mehr preisgegeben als geplant.

Update 15:38 Uhr

Blair hat Probleme mit seiner Stimme, wirkt noch immer nervös. Lyne fragt ihn, warum er nicht den Attorney General (Generalstaatsanwalt) Peter Goldsmith nach seiner Meinung gefragt habe. Blair sagt, Goldsmith wäre durchaus involviert gewesen, seit Ende Juli 2002. "Wären wir 2002 schon so nahe an einer Militäraktion gewesen, hätten wir ihn natürlich einbezogen", sagt Blair. Zu Kabinettssitzungen war er aber trotzdem nicht eingeladen. Darauf komme es auch nicht an, so Blair. Zum Einsatz: "Mir war seit März (2002) klar, dass wir die UN-Route nehmen müssen, wenn wir uns auf legalem Boden bewegen wollen", sagt Blair.

Update 15:30 Uhr

Anfang 2003, sagt Lyne, habe Rechtsberater Lord Goldsmith dem Premierminister Blair klar gemacht, dass die bisherige UN-Resolution Gewalt gegen den Irak nicht erlaube. Dass der Krieg also illegal sei, solange nicht etwas Außergewöhnliches geschehe. Nur der UN-Sicherheitsrat könne entscheiden, ob der Irak einen solchen Anlass biete, der Gewalt legitimiere. Fünf Tage vor dem Angriff auf den Irak entschied Blair, dass dies der Fall sei. Blair sagt, er habe vermeiden wollen dass der Irak zwar die Regeln bricht, der Westen aber weiter auf eine Einigung auf eine neue Resolution warten muss.

Update 15:15 Uhr

Lyne will wissen, welche Rolle die Armee gespielt hat. "Die britischen Streitkräfte haben sich großartig verhalten, sowohl während der Invasion als auch danach", sagt Blair. Lyne argumentiert, London hätte seine Armee nicht schon von Beginn an einsetzen müssen und hätte trotzdem Bündnistreue beweisen können. Blair sagt, die Armee habe ihm Bereitschaft zum Einsatz signalisiert. Bush habe ihm gesagt, er würde verstehen wenn UK nicht mitziehen könne. Er, Blair, habe aber auf die Richtigkeit des Einsatzes beharrt.

Update 15:00 Uhr

Weitergehts! Herr Blair hat gespeist, der Rest der Runde wohl ebenso. Jetzt geht es um das Verhältnis zum französischen Präsidenten Jacques Chirac, der dem Krieg gegen den Irak nicht zugestimmt hatte. Blair sagt, er habe versucht, den Sicherheitsrat zu einer einheitlichen Linie nach dem Krieg zu bewegen, die Franzosen hätten einer zweiten Irak-Resolution aber nicht zugestimmt. Außerdem wird Blair nach einer Exit-Strategie befragt.

Update 13:45 Uhr

Freedman will wissen, ob Blair den US-Präsidenten um mehr Zeit gebeten habe, um noch eine friedliche Lösung zu erreichen. Blair antwortet, dass Bush der Ansicht gewesen sei, dass mehr Zeit das Problem nicht hätte lösen können.

Und jetzt ist MITTAGSPAUSE IN LONDON, weiter geht's um 15 Uhr Wiener Zeit.

Update 13:35 Uhr

Blair sagt, dass die Mission von UN-Chefrüstungskontrollor Hans Blix zum Scheitern verurteilt war, weil sich trotz der irakischen Zusage keine irakischen Wissenschafter fanden, die über die Situation der WMD-Entwicklung Auskunft geben wollten. Blair wollte mit Blix gemeinsam einen Weg finden, die Wissenschafter aus dem Irak zu bringen. Dazu fehlte ihm letztlich die Zeit. Das Problem, so Blair, dass sich die Position von Frankreich und Russland weigerten, einer Resolution zuzustimmen, die im Fall des Nicht-Reagierens des Irak Gewalt vorsieht. Der Guardian hat dazu ein gutes Blair-Zitat: "I think it is at least arguable that he was a threat and had we taken that decision to leave him there ... with the oil price $100 a barrel, he would have had the intent and he would have had the means, and we would have lost our nerve."

Update 13:20 Uhr

Blair erklärt, dass in den sechs Wochen zwischen seinem Treffen mit Bush am 31.1.2003  und Kriegsbeginn durchaus Zeit für für eine neue UN-Resolution gewesen sei. Für das Scheitern seiner Bemühungen um eine friedliche Lösung macht er Deutschland und Frankreich verantwortlich, die die USA im Stich gelassen hätten.

Update 13:00 Uhr

Blair wird gefragt, warum er einen Monat vor dem Angriff noch beteuerte, man suche eine friedliche Lösung im Rahmen der UNO. Er argumentiert, dies sei aus Geheimhaltungsgründen erforderlich gewesen. Außerdem habe er sich bis zum Ende bemüht, US-Präsident zu einer diplomatischen Lösung zu bewegen. Blair bringt immer wieder den Atomstreit mit dem Iran ins Spiel.

Auf Twitter finden sich die Kommentare zum Chilcot-Ausschuss unter #iraqinquiry.

Update 12:56 Uhr

Blair sagt, dass ihm (Tory-Politiker) William Hague Verzögerung vorgeworfen hat und ihm keineswegs alle von einem Waffengang im Irak angeraten hätten. Man solle doch auf das Volk hören und dann Entscheidungen treffen. Darum habe er sich dafür entschieden, seinen Geheimdiensten Glauben zu schenken. "Die Entscheidung, die ich treffen musste, war nicht leicht: Können wir das Risiko eingehen, dass Saddam wieder WMD bekommt, nachdem so viele Menschen schon durch ihn gestorben sind?" Heute, sagt Blair, sei die Welt mit genau den gleichen Fragen konfrontiert und man dürfe genauso wenig Risiko eingehen.

Update 12:42  Uhr

Freedman spricht das "September-Dossier" der 10 Downing Street an, in dem von 45 Minuten die Rede war, nach deren Ablauf der Irak Massenvernichtungswaffen einsetzen könnte. Hat Blair den Unterschied zwischen schnell einsetzbarem Feldgerät und Langstreckenraketen verstanden, will der Historiker wissen. Blair habe diesem Umstand nicht genügend Beachtung geschenkt, gibt er zu. Dass seine Regierung die Geheimdienst-Informationen absichtlich missinterpretiert habe, streitet Blair aber ab. Lustig, dass Blair sich bei seiner Verteidigung auf das Vorwort des Dossiers beruft, das offenbar keiner gelesen hat. "Ich habe es ohne Zweifel geglaubt, dass Saddam Massenvernichtungswaffen hat."

Update 12:33 Uhr

Warum Irak, nicht Iran, fragt Historiker Lawrence Freedman. Weil der Irak die UN-Resolutionen gebrochen hat, sagt Blair. Die Achse des Bösen, sagt Blair, gehöre zusammen und man könne nicht ein Land gegen das andere aufrechnen. Es habe doch einen Weg gegeben, den Irak-Krieg durch die UNO zu bringen, sagt Gilbert. Der Grund, warum man sich den Irak vorgeknöpft hat, sagt Blair, sei in der Geschichte der gebrochenen UN-Resolutionen und dem opferreichen Krieg Saddams gegen die Kurden und den Iran zu suchen gewesen.

Update 12:30 Uhr

Der Historiker Martin Gilbert, ein Unterstützer des Kriegs, fragt Blair, welche Verbindung er zwischen Massenvernichtungswaffen (WMD) und Terrorismus sowie zwischen Saddam und Al Kaida er gesehen hat. Blair antwortet, es habe die Gefahr der Weitergabe von WMD an Terroristen bestanden. "Meine Angst ist, dass repressive oder gescheiterte Staaten Allianzen mit Terroristen schmieden." Es stimme zwar dass es keine Beweise für eine Verbindung von Saddam mit Al Kaida gab, aber Zarkawi (getöteter Al Kaida-Chef im Irak, Anm.) sei schon vor der Invasion im Irak gewesen. Auch heute gäbe es starke Verbindungen zwischen Terror-Organisationen und Staaten, etwa dem Iran. Die Gretchenfrage: Sahen Sie 2002 eine Bedrohung für das UK durch diese Verbindung? Ja, sagt Blair.

Update 12:20 Uhr

Die Pause ist vorbei, weiter geht's. Prashar will wissen, warum sich Blair gerade für das große "Military Package" entschieden hat und tausende britische Soldaten für den Einsatz im Irak abgestellt hat. "Ich habe das Militär gefragt und bekam die Antwort, es wolle im Kern der Aktion mitwirken. Das war auch meine Ansicht." Prashar fragt nach, warum mit so vielen Soldaten? "Es ging um unsere Sicherheit und wenn wir finden, dass der Einsatz richtig ist, sollten wir auch in vollem Umfang mitmachen." Es sei nicht um den britischen Einfluss auf den Krieg gegangen, sagt Blair.

Update 11:40 Uhr

Blair will aus dem Irak-Krieg Lektionen für den Atomstreit mit dem Iran ziehen. Schließlich sei die Problemlage ähnlich, und man müsse sich um Fortschritte im israelisch-palästinensischen Konflikt bemühen. Saddam habe mit seinen Zahlungen an die Hinterbliebenen von Selbstmordattentätern den Friedensprozess gefährdet. Der Ausschuss und wir machen eine kurze Pause.

Update 11:40 Uhr

Blair gibt an, dass der Friedensprozess im Nahen Osten einer der Gründe für den Angriff auf den Irak gewesen sein. Er und Bush hätten bis zuletzt auf eine Lösung unter Beteiligung der UNO gehofft. Der Financial-Times-Liveberichterstatter bezeichnet Frau Prashar wegen ihrer harten Fragestellung als "Rottweiler".

Update 11:30 Uhr

Prashar spricht das Treffen mit US-Präsident auf dessen Farm in Crawford an. Blair berichtet, dass Bush sechs Monate vor 9/11 Angst davor hatte, unvorbereitet in einen Krieg gezogen zu werden. Die Regierung hat heute Nacht die Veröffentlichung zweier bisher geheimgehaltener Dokumente angeordnet, die demnächst auf der Webseite des Chilcot-Ausschusses erschienen sollen. 

Blair berichtet, dass er nach dem Kosovo-Einsatz, wo die USA 85 Prozent der Truppen und des Materials zur Verfügung stellten, beim Angriff auf den Irak eine stärkere Beteiligung Großbritanniens wollte.

Update 11:25 Uhr

Usha Prashar, Oberhaus-Parlamentarin, übernimmt die Befragung. Ging es ab 1999 also um Regime Change oder um Massenvernichtungswaffen? Warum, fragt sie, war der Generalstabschef bei einem Treffen Blair-Bush am englischen Landsitz Chequers anwesend, wenn es angeblich noch gar nicht um eine militärische Lösung und einen Regime Change ging? Weil die Amerikaner eine solche durchaus schon im Auge hatten, sagt Blair. Prashar ist viel angriffiger als Lyne, Blair muss öfters in sich gehen. Nach dem (vermeintlich) erfolgreichen, schnellen Afghanistan-Krieg habe sich der Fokus schnell auf den Irak verschoben, sagt Blair. Vor den Treffen habe Verteidigungsminister Jack Straw ihm geraten, die UN nicht auszuschließen, behauptet Prashar.

Update 11:17 Uhr

Massenvernichtungswaffen: Blair führt das Beispiel Iran an. Es gehe nicht nur um die Art der Waffen, sondern auch um die Natur des Regimes, das ihm Sorgen bereitet. Die letzte Frage von Roderic Lyne: Hat sich Ihre Position gegenüber Massenvernichtungswaffen und die Bedrohung also doch verändert? Blair argumentiert mit seiner Pflicht, seine Bürger zu schützen. Vor 9/11 habe er Saddam als Monster betrachtet, von einem Regime Change aber abgesehen. Danach sei er der Überzeugung gewesen, dass "brutale Staaten, die unseren Lebensstil nicht akzeptieren", keine Massenvernichtungswaffen besitzen dürften.

Update 11:10 Uhr

Lyne will wissen, ob man Pläne für die Zeit nach dem Sturz Saddams hatte, etwa über die (aus heutiger Sicht sehr realistische) Gefahr von Gewalt zwischen Schiiten und Sunniten. Blair sagt, man habe zwar die Gefahr einer humanitären Katastrophe gesehen, doch wollte man nach 9/11 ein starkes und unmissverständliches Zeichen setzen, dass Regimes, die an Massenvernichtungswaffen arbeiten, nicht geduldet werden. Die britische Regierung, so Blair, sei jedenfalls überein gekommen, dass die Sanktionen so nicht funktionierten. Lyne fragt, ob er mit Irak-Experten über seine Pläne gesprochen habe. Ja, sagt er, etwa (der damalige Außenminister) Robin Cook. Der habe aber die March Options-Papiere nicht eingesehen, erwidert Lyne. Blair wurde zum ersten Mal aus der Reserve gelockt.

Update 11:05 Uhr

Saddam habe mit Al Kaida nichts zu tun gehabt, sagt Botschafter Lyne. Warum sei die Bedrohung durch den Irak dann gestiegen? Die Einschätzung des Risikos habe sich geändert, sagt Blair. Nach 9/11 habe sich in US und UK die Ansicht durchgesetzt, dass man Saddam stürzen sollte, wenn er die UN-Beobachter nicht ins Land lässt und die Handelssanktionen weiter unwirksam sind.

Update 10:55 Uhr

Blair sagt, Sanktionen gegen Saddam hätten bis 2003 nur dazu geführt, dass die Kindersterblichkeit im Irak höher als jene im Kongo war und das Regime hätte dies erfolgreich  für Propaganda gegen den Westen genutzt. Sanktionen alleine, so Blair, hätten also nichts gebracht. Ein wichtiger Punkt des geplanten neuen Sanktions-Framework, so Blair, sei die völlige Abschottung der irakischen Grenzen gewesen, damit Saddam keine Waffen mehr von den Nachbarstaaten ins Land holen kann. Nach 9/11 sei dieser Punkt aus den Plänen gestrichen worden, weil man Moskau im UN-Sicherheitsrat sonst nicht ins Boot hätte holen können.

Update 10:45 Uhr

Roderic Lyne, Ex-Botschafter bei den UN und in Moskau, stellt Blair die erste Frage nach den Hintergründen von Blairs Irakpolitik. Was wäre passiert, hätte es die Anschläge von 9/11 nicht gegeben?

Nach dem 11. September 2001, sagt Blair, habe sich die US- und UK-Sicht auf die von Saddam ausgehende Gefahr maßgeblich verändert. Lyne widerspricht, dass die Gefahr tatsächlich nicht gestiegen sei, die Toleranz des Westens dem irakischem Regime gegenüber aber viel geringer geworden sei. Seine Sicht habe sich bis heute nicht geändert, sagt Blair, schließlich seien 3.000 in New York getötet worden und die Terroristen hätten auch 30.000 Menschen getötet, wenn sie es gekonnt hätten. Schon im Februar 2001 hätte er sich mit Bush besprochen, damals seien aber eine bessere Sanktionierung des Regimes im Raum gestanden. Nach 9/11 habe er keine Unterstützung für "smarter sanctions" mehr bekommen, beteuert Blair.

Update 10:40 Uhr

Blair nimmt im Saal Platz, er wirkt gealtert, aber fokussiert. Die Schlüsselfrage, die dem Ausschuss von Bürgern gestellt wurde, lautet: Warum wurde im Irak interveniert, warum Saddam gestürzt, und warum gerade damals, im März 2003. Dabei geht es um die Entwicklung der Irak-Politik und wie sie der Öffentlichkeit präsentiert wurde. Danach soll es um die Planung für die Zeit nach dem Krieg und der zunehmenden Gewalt im Irak gehen.

Update 10:30 Uhr

John Chilcot eröffnet die Sitzung und erklärt das Prozedere. Es gibt zwei Sessions, unterbrochen von einer Mittagspause. Der Ausschuss sei kein Gericht, sagt er. Er soll vielmehr eine verlässliche Aussage über das britische Engagement im Irak 2003-2009 treffen.

Auch der linksliberale Guardian berichtet live aus Westminister. Das Wirtschaftsblatt Financial Times ebenso.

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Update 10:25 Uhr

200 Demonstranten sollen sich vor dem Konferenzzentrum, wo Tony Blair in wenigen Minuten sprechen wird, versammelt haben, um gegen den Ex-Premier zu protestieren. In Großbritannien kursiert indes eine Liste von 63 Fragen, die ein walisischer Parlamentarier gesammelt hat.

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In einer mit Spannung erwarteten Anhörung sagt Tony Blair, britischer Premier von 1997 bis 2007, heute vor dem Untersuchungsausschuss aus, der sich mit der Beteiligung Großbritanniens am Irak-Krieg befasst. derStandard.at berichtet live ab 10:30 Uhr Wiener Zeit. Ein Livestream der Befragung findet sich hier.

Vor 80 per Los ausgewählten Zuhörern im Londoner Queen Elizabeth II Conference Centre, darunter Angehörige von im Irak getöteten Soldaten, soll Blair unter anderem beantworten, ob er dem damaligen US-Präsidenten George W. Bush schon bei ihrer Unterredung auf Bushs texanischer Ranch im April 2002 seine Unterstützung zum Irakkrieg zusicherte - und ob der Waffengang schon zu diesem Zeitpunkt ohne UN-Mandat geplant wurde.

Außerdem geht es um die Fragen, ob er absichtlich die Gefahr durch angebliche irakische Massenvernichtungswaffen ("in 45 Minuten einsetzbar") übertrieb, und ob er seinen Rechtsberater unter Druck setzte, damit dieser den Einmarsch trotz fehlenden UNO-Mandats für legal erklärte. Eine genaue Auflistung der Schlüsselfragen findet sich auf der Website der BBC. Der so genannte Chilcot-Ausschuss ist nach Geheimrat John Chilcot benannt, der im Juni 2009 zum Vorsitzenden der Irak-Untersuchung ernannt wurde. (red/APA, derStandard.at, 29.1.2010)