Bild nicht mehr verfügbar.

US-Soldaten kontrollieren auf den zerstörten Straßen von Port-au-Prince. Inzwischen wird immer mehr Kritik an der unkoordinierten internationalen Hilfe in dem von dem Erdbeben schwer getroffenen Land laut.

Foto: REUTERS/Carlos Barria

Port-au-Prince - Schwer verletzte haitianische Erdbebenopfer können darauf hoffen, wieder zur Behandlung in die USA geflogen zu werden. Ein Sprecher des Weißen Hauses teilte am Sonntag in Washington mit, die USA wollten die ausgesetzten Evakuationsflüge aus Port-au-Prince wieder aufnehmen. Unterdessen startete das Welternährungsprogramm (WFP) der Vereinten Nationen am Sonntag einen neuen Versuch, in einer großangelegten Aktion Lebensmittel zu den notleidenden Haitianern zu bringen.

Soldaten der UNO-Stabilisierungsmission MINUSTAH, der US-Armee und haitianische Polizisten überwachten die Verteilung. Zunächst wurden keine gewaltsamen Zwischenfälle bekannt. Nach jüngsten Schätzungen sind bei dem Beben am 12. Jänner 180.000 Menschen getötet und etwa 200.000 verletzt worden.

Die Flüge nach Florida waren am Mittwoch ausgesetzt worden, weil die Finanzierung der Behandlung der Verletzten nicht geklärt war. Zuvor hatte sich der Gouverneur des US-Staates, Charlie Crist, bei der Regierung in Washington darüber beklagt, dass die Krankenhäuser an die Grenze der Belastbarkeit geraten seien. Crist forderte außerdem die Freigabe von Bundesmitteln, zusätzliches Personal und Evakuierungsflüge auch in andere US-Staaten.

Verteilungsaktion

An der Verteilungsaktion des WFP sind mehrere internationale Hilfsorganisationen beteiligt, die seit gut zwei Wochen versuchen, Lebensmittel auszugeben, ohne Gewalt nach sich zu ziehen. Erneut werden die 25-Kilo-Säcke mit Reis vor allem an Frauen abgegeben: "Wir verteilen zu etwa 85 Prozent an Frauen, weil sie für ihre Familien sorgen", sagte ein Mitarbeiter der Organisation Goal. "Aber wenn es in einer Familie keine Frauen mehr gibt, werden natürlich auch Männer versorgt", fügte er hinzu. Die Empfänger der Hilfe mussten sich durch einen Gutschein ausweisen.

Im Stadtteil Petionville kam es zu lautstarken Protesten von Erdbebengeschädigten, die keinen Gutschein erhalten hatten. Bewaffnete Sicherheitskräfte hielten eine Menschenmenge hinter einer Barriere zurück.

Das WFP richtet 16 feste Verteilstellen in Port-au-Prince ein. In den kommenden beiden Wochen sollen auf diese Weise zwei Millionen Menschen mit Lebensmitteln versorgt werden. Die haitianische Regierung hat das Weiterverkaufen von Lebensmittelhilfe für illegal erklärt.

Viele Haitianer kritisieren den Einsatz der zahlreichen Sicherheitskräfte bei der Verteilung. "Die Soldaten schaffen erst Unruhen, weil sie die Leute einschüchtern und arrogant auftreten", sagte ein Beobachter. "Sie behandeln die Bedürftigen wie Unmündige", meinte er. Je länger die Leute auf die Verteilung warten müssten, desto größer werde ihre Sorge, möglicherweise nichts abzubekommen. 

Ausschreitungen

Bei früheren Aktionen nach dem Erdbeben war es mehrfach zu Ausschreitungen bei der Verteilung von Lebensmitteln gekommen. Die Sicherheitskräfte hatten in die Luft geschossen, um die Menge einzuschüchtern. Es gibt jedoch auch Gegenbeispiele. Das dominikanische Rote Kreuz bringt Lebensmittel in kleinen Einheiten zu den Menschen. Und der Inhaber einer Pizzeria in Port-au-Prince verteilt seit mehr als zwei Wochen Lebensmittel an Bedürftige in seinem Stadtteil. Obwohl keine Sicherheitskräfte im Einsatz sind, ist es dort bisher noch nicht zu Rangeleien gekommen. 

"Viele Länder engagieren sich und haben guten Willen, zu helfen. Aber unsere Regierung wird nicht eingebunden, und man stimmt sich nicht ab", sagte der haitianische Präsident Rene Preval am Freitag am provisorischen Sitz der Regierung in einem Polizeigebäude nahe des Flughafens in Port-au-Prince. "Die Hilfe geht direkt an die ausländischen Organisationen." Die Regierung will demnächst einen eigenen Nothilfe-Koordinator ernennen. (APA)