Wien - Das Eingreifen internationaler Finanzorganisationen und der EU hat 2009 eine finanzielle Kernschmelze in Osteuropa verhindert, die wirtschaftlichen Probleme sind aber noch bei weitem nicht gelöst. So lässt sich der Tenor der Reden beim Auftakt der diesjährigen "Euromoney"-Osteuropakonferenz am Dienstag in Wien zusammenfassen. Vor einem Jahr hatte noch die Furcht vor Staatspleiten und Ketten-Defaults dominiert.

Die Budgetdefizite, eng begrenzter Kredit, ein angeschlagener Bankensektor und weit verbreitete Arbeitslosigkeit machen ein "weiter wie bisher" aber unmöglich, waren sich die auf dem Podium vertretenen Spitzenpolitiker aus Ost- und Mitteleuropa (CEE) einig. Offen blieb, ob es ein völlig neues Wirtschaftsmodell für die Region vonnöten ist.

"Wir haben eine Stabilisierung erreicht, aber die Krise ist vorüber bevor die Beschäftigung nicht wieder wächst", sagte der ungarische Premierminister Gordon Bajnai. Ungarn habe die Hilfe des IWF in Anspruch nehmen müssen, "das ist damals so interpretiert worden, dass wir auf der Schandbank Platz nehmen müssen. Mittlerweile ist die Schandbank so überfüllt, dass kaum mehr ein Sitzplatz zu bekommen ist."

Ungarn habe mittlerweile überfällige, extrem schmerzhafte Reformen durchgeführt, um einerseits die staatliche Kapitalaufnahme abzusichern und andererseits das Potenzialwachstum für die Zukunft zu erhöhen. Weil ein hoher Prozentsatz des ungarischen BIP im Ausland generiert werde, hoffe man nun darauf, dass Europa zu wachsen beginne.

Dramatische Wende

Die wirtschaftliche Ausgangssituation nach der Krise wird eine gänzlich andere sein als vor der Krise, warnte Bajnai. Das Wachstum werde viel geringer ausfallen als vorher, "denn wir wir werden künftig auf leichten und billigen Kredit verzichten müssen". Das ungarische Wachstum soll zwei Prozentpunkte über jenem der EU liegen, nach Meinung der ungarischen Regierung damit bei drei bis vier Prozent (2011).

Die Eröffnungsrede hielt der tschechische Staatspräsident Vaclav Klaus, mit - wie der Moderator meinte - "provozierenden" Bemerkungen zu Wirtschaftspolitik, EU und Klimawandel. Der als "osteuropäische Mrs. Thatcher" titulierte Politiker meinte, er sei genau genommen nicht mehr Präsident eines souveränen Staats, denn (nicht nur) Tschechien habe seit dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissbon aufgehört, ein solcher zu sein. Wirtschaftspolitisch habe sein Land in dem Maß an ökonomischer Freiheit verloren, als es EU-Gesetzgebung übernommen habe, sagte der studierte Ökonom Klaus. Das sei vor 50 Jahren anders gewesen.

Die Wirtschaftskrise selbst ist für den Anhänger der sogenannten Österreichischen Schule der Nationalökonomie "nicht durch das Versagen des Markts, sondern ein Regierungsversagen ausgelöst worden", Ursache seien die lange extrem niedrigen Zinsen, andere Maßnahmen zur Ankurbelung des Kredits, überbordende Geldschöpfung und die schlechte Regulierung des Finanzsektors. Die größte Sorge mache ihm nicht die Realwirtschaft, sondern die enormen Regierungsdefizite, bekannte Klaus.

Der tschechische Präsident feuerte auch eine Breitseite gegen die unter Fachwissenschaftlern mehrheitlich akzeptierte These von der vom Menschen verursachten globalen Klimaerwärmung. Die Ideologie vom menschengemachten Klimawandel werde von "utopischen Weltverbesserern" vertreten, die Gegenseite seien jene, die an Freiheit, Selbstverantwortlichkeit und Marktwirtschaft glaubten. "Ziel (der Utopisten, Anm.) ist es, das Wachstum zu stoppen", sagte Klaus. "Das ist eine unakzeptable Strategie." (APA)