Bild nicht mehr verfügbar.

Mohammed Badei wurde zum "Murshid" gewählt.

Foto: Epa/Khaled El-Fiqi

Der 67-jährige Professor für Veterinärmedizin, Mohammed Badei, ist an die Spitze der ägyptischen Muslimbrüder gewählt worden. Damit ist er der achte "Murshid" - geistige Führer - seit der Gründung der Organisation vor rund 80 Jahren. Einvernehmlich sei seine Wahl erfolgt, betonte sein Vorgänger Mohammed Mahdi Akef. Badei gehört dem konservativen Flügel an, der vor allem aus der alten Generation besteht. Nachdem im obersten Leitungsgremium die beiden wichtigsten Vertreter des Reformflügels ihre Sitze verloren haben, wird nun die gesamte Organisation von den Konservativen dominiert.

Badei hat die typische Karriere eines ägyptischen Muslimbruders hinter sich. Dazu zählen vor allem mehrere zum Teil langjährige Gefängnisaufenthalte. Offiziell sind die Muslimbrüder verboten, werden aber geduldet. Dennoch stieg er Sprosse um Sprosse auf der beruflichen Leiter empor - heute lehrt er Veterinärmedizin an der Universität von Sohag -, und parallel dazu gelangte er in die obersten Gremien der Muslimbruderschaft. Seit 1996 ist er Mitglied des 16-köpfigen Leitungsausschusses, wo er für das Dossier Erziehung verantwortlich ist. Er stand aber stets im Schatten und trat in den Öffentlichkeit kaum in Erscheinung.

Bei seiner Vorstellung in Kairo betonte Ba-dei, der aus der Delta-Stadt Mahalla el-Kubra stammt, die Muslimbrüder seien keine Gegner der Regierung, würden aber nicht davor zurückschrecken, Korruption anzuprangern. Er sprach sich für graduelle Reformen aus, verurteilte jegliche Gewalt und forderte die Regierung auf, persönliche Freiheiten zu garantieren.

Badei hält das soziale Engagement für wichtiger als die politische Arbeit. Er legt das Schwergewicht auf die Arbeit in den eigenen Schulen, Spitälern, Kulturvereinen und beruflichen Organisationen, über die die Organisation die islamischen Grundwerte in der Gesellschaft verfestigen will. Unter seiner Leitung dürften die Muslimbrüder bei den kommenden Parlamentswahlen im Herbst weniger Kandidaten aufstellen, um die Regierung möglichst nicht herauszufordern.

Vom neuen Murshid werden auch in anderen arabischen und muslimischen Ländern keine neuen, reformorientierten Impulse ausgehen. Und in Ägypten sind die Muslimbrüder nach diesem Personalentscheid weit davon entfernt, den Weg der türkischen AK-Partei von Recep Tayyip Erdogan einzuschlagen und sich in eine moderne Partei mit demokratischen Prinzipien zu verwandeln. (Astrid Frefel, DER STANDARD, Printausgabe 18.1.2010)