Mittelalterlich anmutende Rituale wie das in den USA jetzt verlangte öffentliche Schwören der Spitzenmanager auf die Lauterkeit ihrer Bilanzen treffen eher die Inszenierungsfreude der Amerikaner als den Geschmack der Europäer. Neben der dadurch leichteren rechtlichen Handhabe gegen die Vorstände pflegen die Amerikaner damit aber geschickt einen zweiten Aspekt: den Symbolcharakter. Der zählt auch bei der Aufschlüsselung der Einzelgagen der Manager, die in den USA bereits Usus und in Europa auf dem Vormarsch ist.

Börsenbaissen, Firmenpleiten und Bilanzmanipulationen können damit nicht verhindert werden. An dieser Information hängt auch nicht das Heil der Firma an der Wiener Börse. Verglichen mit anderen Offenlegungen, etwa detaillierten Angaben der Manager als Insider ihrer Firma über ihre eigenen Wertpapiergeschäfte, ist diese Information auch harmlos.

Als Symbol eines transparenten Verhältnisses darf der Einblick in die Gagen der Manager, die für das Geld der Aktionäre verantwortlich sind, aber gefordert werden. Dabei geht es nicht um Neid, dass die heimischen Bosse zu viel verdienen (im Gegenteil: international verglichen sind sie unterbezahlt), sondern um ein nachvollziehbar gemachtes Verhältnis zwischen Vorstandsentlohnung und Geschäftserfolg.

Österreichs Manager vergeben sich mit ihrem "Nein" zur Gagenfrage eine atmosphärische Chance für ihre Unternehmen. Wie vergiftend nicht transparent kommunizierte Entlohnung der Chefs (auch wenn sie gerechtfertigt sein mag) wirken kann, zeigen die jüngsten Diskussionen bei den Austrian Airlines: Den Piloten sind niedrigere Einstandsgehälter jetzt schwer zu erklären, nachdem sie vom Bonus des Vorstandes für das Jahr 2002 erfahren haben. (DER STANDARD Print-Ausgabe, 7.4.2003)