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Die Türkei hätte der Überflieger des heurigen Sommers werden können. Noch im Jänner waren die Buchungszahlen zweistellig in die Höhe geschnellt. Viel Urlaub für wenig Geld - das schien genau der Mix zu sein, auf den konjunkturgeplagte Deutsche und Österreicher gewartet haben. Der Krieg im angrenzenden Irak hat nun vielen die Lust auf Urlaub im östlichen Mittelmeer genommen.

Gewinner und . . . "Es ist aber falsch zu meinen, Krieg, Krankheit und schlechte Konjunktur hätten den Leuten generell die Lust am Reisen genommen", sagte Peter Zellmann vom Ludwig-Boltzmann-Institut für angewandte Freizeitwissenschaft dem STANDARD. "Sie überlegen mehr, entscheiden später und sind sparsamer."

Stark im Kommen sind heuer Spanien samt Kanaren und Balearen. Im Vorjahr noch wegen überzogener Preise in Misskredit geraten, dürfte die Iberische Halbinsel inklusive Inseln zu den "Kriegsgewinnern" zählen, meinen Touristiker. Reiseveranstalter wie TUI und Thomas Cook haben sich dort zusätzliche Bettenkapazitäten gesichert. Auch Länder wie Kroatien und Italien, wo man bequem mit dem Auto hinkommt, liegen im Aufwärtstrend.

Trotz günstigen Dollars sind USA-Reisen kaum gefragt. Auch der Ferne Osten habe unter dem Eindruck der neuen Infektionskrankheit Sars stark nachgelassen, weiß man im Verkehrsbüro. Einzig die Karibik gehe bei den Ferndestinationen relativ gut. Die Zurückhaltung bei den Buchungen betreffe aber das gesamte Sortiment.

Beliebtestes Reiseland der Österreicher ist und bleibt Österreich: Rund 30 Prozent verbringen ihren Haupturlaub im eigenen Land. Egon Smeral, Tourismusexperte des Wirtschaftsforschungsinstituts, prognostiziert gar einen Trend zu "Urlaub auf Balkonien". "Eine Schicht von Leuten, die einigermaßen vom Reisen gesättigt ist, fährt einfach nicht mehr weg. Die hassen Staus und Verspätungen auf Flughäfen und suchen Gemütlichkeit - eben Urlaub zu Hause."

Die Mehrzahl zieht es aber nach wie vor über die Grenzen hinaus. Hier liegt Italien mit einem Anteil von 15 bis 16 Prozent in der Gunst der Österreicher an der Spitze, gefolgt von Griechenland mit rund zehn Prozent.

Verschiebungen zeichnen sich weiter hinten ab. Kroatien, mit einem Anteil von knapp sieben Prozent die Nummer vier unter den beliebtesten Urlaubsdestinationen der Österreicher, dürfte im heurigen Sommer stark zulegen, die Türkei als bisherige Nummer fünf von Spanien überrundet werden, glaubt Zellmann.

tatt ins östliche Mittelmeer geht es heuer westwärts, statt 14 Tage Flugpauschalreise fahren die Leute zehn Tage mit dem Auto nach Italien oder Kroatien."

Für die Türkei bedeutet das eine mittlere Katastrophe. Der Tourismus ist mit einem Anteil von 4,6 Prozent am BIP (siehe Grafik) eine wichtige Stütze der türkischen Wirtschaft. Noch im Vorjahr machten rund 220.000 Österreicher an den Badestränden der türkischen Riviera Urlaub. 1999, als es noch Anschlagsdrohungen der kurdischen PKK nach der Verhaftung des Kurdenführers Öcalan gab, waren es um die Hälfte weniger.

. . . Verlierer Auch Ägypten wird nach Einschätzung von Zellmann heuer im Sommer stark leiden. "Für das Land ist das schlimm, und für einzelne Veranstalter können Einbrüche von 50 Prozent sogar existenzgefährdend sein. Wenn man aber weiß, dass in Normaljahren nicht mehr als 20.000 Österreicher dorthin auf Urlaub fahren, fällt das insgesamt kaum ins Gewicht."

Für Laila Suppan-Dado, geschäftsführende Gesellschafterin der ATS Urlaubsbörse, sind die Ängste zum Teil irrational. "Monastir in Tunesien liegt 2500 Kilometer von der irakischen Grenze weg, und trotzdem will niemand hin. Wir in Österreich waren näher am Kriegsgeschehen damals in Bosnien, als es jetzt die Touristenstrände der Türkei vom Irak sind." (Günther Strobl, DER STANDARD Printausgabe 5/6.4.2003)