Wien - Hätten die USA einer irakischen Provisionsregierung zugestimmt oder würden sie in Bagdad nach dem Krieg eine Marionettenregierung installieren, so würde dies zumindest für die diplomatische Abwicklung einiges erleichtern. So aber stellt sich die Frage: Was wird aus dem irakischen Botschaftspersonal in aller Welt, wenn das Regime von Saddam Hussein fällt?

Üblicherweise läuft es bei Umbrüchen in einem Staat so, dass die Nachfolgeregierung die Diplomaten des Vorgängerregimes nach Hause holt und neue entsendet (allerdings könnte laut Wiener Diplomatenkonvention von 1961 auch der Gaststaat die Diplomaten zu personae non gratae erklären und ihnen den Diplomatenstatus aberkennen). Nun wird man aber im Irak den Fall haben, dass es keine irakische Regierung, sondern eine Besatzungsmacht geben wird (wie in Deutschland nach dem 2. Weltkrieg), die diese Aufgaben wahrnehmen wird. Da gibt es laut Auskunft des österreichischen Außenministeriums "kein fixes Procedere, auf das man zurückgreifen könnte".

Man hält sich darüber bedeckt, was man konkret mit den in Wien befindlichen irakischen Offiziellen tun wird - wenn sie etwa Asylansuchen stellen, weil sie nicht mehr nach Hause können oder wollen. Das sei vor allem eine politische Frage, heißt es. Leichter ist das zu entscheiden, wenn ein - notabene für den Westen! - "gutes" Regime durch ein "böses" ersetzt wird, wie etwa das Schahregime nach der islamischen Revolution im Iran: Der persische Exbotschafter wohnte als Flüchtling im Hotel Imperial und ist heute "Heurigenwirt" im Napa Valley. Andere Diplomaten mussten von Österreich sogar vor der Mordlust ihrer neuen Regierung geschützt werden, zum Beispiel der libysche Botschafter nach der Revolution von Muammar al-Gaddafi, auf ihn wurde in Wien ein Anschlag verübt.

Eine weitere Komplikation könnte eintreten - auch wenn das nicht sehr wahrscheinlich ist -, wenn sich kriegsgegnerische Regierungen wie etwa Syrien weigern, eine neue Verwaltung im Irak oder irakische Verwaltung (das ist nicht dasselbe) nach dem Krieg so ohne weiteres anzuerkennen.

Der Fall Afghanistan hilft übrigens auch nicht weiter: Da das Taliban-Regime international (außer in Saudi-Arabien, Pakistan und den Arabischen Emiraten) nicht anerkannt war, waren die afghanischen Botschaften immer die "richtigen", das heißt die der späteren Kriegsgewinner.
(DER STANDARD, Printausgabe, 5./6.4.2003, Gudrun Harrer)