Paata Sabelashvili, Gründer und Leiter der georgischen Inclusive Foundation, der einzigen georgischen Organisation, die sich für die Interessen von Homo- und Bisexuellen sowie von Transgendern einsetzt, ist wieder frei. Das meldet das Monatsmagazin Datum auf seiner Homepage. Am 15. Dezember war das im Zentrum von Tiflis gelegene Büro von Zivil-Polizisten des Innenministeriums gestürmt worden - erst Ende Dezember wurde die Aktion bekannt. Sabelashvili, der noch wenige Tage zuvor gegenüber Datum die Diskriminierung von Homosexuellen in Georgien und die ständige Angst vor Repressalien und Übergriffen geschildert hatte, wurde wegen angeblichen Drogenschmuggels verhaftet.

Nach zwölf Tagen in überfüllten Gefängnis-Zellen - die Wachen hatten ihn gegenüber den Mitgefangenen als homosexuell geoutet - wurde Sabelashvili erst aus der Haft entlassen, nachdem er auf Anraten seiner Anwälte ein vom Staatsanwalt angebotenes Schuldeingeständnis mit einer Strafe von 1600 Euro auf Bewährung unterzeichnet hatte. "Jetzt bereue ich sehr, dass ich die Einigung unterschrieben habe. Ich würde lieber im Gefängnis bleiben, als das Verhalten zu erleben, mit dem ich jetzt konfrontiert bin", sagt Sabelashvili gegenüber Datum. Freunde und Mitstreiter hätten Angst, würden ihm nicht mehr trauen und nicht mehr mit ihm sprechen, weil sie glauben, er würde mit der Polizei kooperieren.

Schuldspruch und Deal

Mehr als 99 Prozent aller Gerichtsverfahren in Georgien enden laut Datum mit einem Schuldspruch, weshalb sich oft auch unschuldige Angeklagte auf einen Deal mit dem Ankläger einlassen. Drogenbesitz kann in schweren Fällen in Georgien mit bis zu elf Jahren Haft bestraft werden. Den Deal habe ihm der Ankläger nur angeboten, weil ausländische Botschaften und Organisationen für ihn interveniert hätten, sagt Sabelashvili.

Der Menschenrechtsaktivist gibt zu, eine kleine Menge Marihuana in seinem Büro gehabt zu haben, jedoch deutlich unter den fünf Gramm, was in Georgien nur ein Verwaltungsvergehen ist. Die Polizei habe das Beweismittel jedoch einfach eingesteckt und nicht dokumentiert. Später seien er und zwei weitere Zeugen auf der Polizeistation gezwungen worden, die Siegel zu unterschreiben, mit denen die Beweisstücke im Nachhinein gesichert wurden. Die Anklage gab an, acht Gramm Marihuana sichergestellt zu haben - genug für ein Strafverfahren gegen den Sabelashvili, dem auch Schuldeingeständnis abgepresst wurde, laut dem er Drogen ins Land geschmuggelt habe. "Ich wurde damit erpresst, dass die Polizei sonst zwölf Frauen gegenüber ihren Familien outet", sagt der Gründer der Inclusive Foundation. Die Frauen hatten sich in den Räumen des Vereins zu einer Lesben-Gesprächsrunde getroffen, als die Polizei kam.

Illegaler Durchsuchungsbeschluss

Die Georgian Young Lawyers Association (GYLA), eine Organisation, die sich für Rechtsstaatlichkeit in dem Kaukasus-Staat einsetzt, bezeichnete die Durchsuchung der Inclusive Foundation als illegal. Laut GYLA hatten die Polizisten keinen Durchsuchungsbeschluss und wiesen sich nicht aus, schreibt das Monatsmagazin. Die Anwesenden seien beleidigt und eingeschüchtert worden, die Polizisten drohten den Frauen im Büro auch, sie als homosexuell zu outen. Auch sei unnötiger Schaden in den Räumen der Inclsuive Foundation verursacht worden, so wurden etwa Poster von den Wänden gerissen.

Nicht nur unter den Polizeikräften herrsche in Georgien extreme Homophobie. Laut einer Umfrage des Caucasus Research Ressource Centers könnten sich 81 Prozent der Georgier nicht vorstellen, mit einem Homosexuellen befreundet zu sein. (red, derStandard.at, 15.1.2010)