Wien - Schulbildung? "Normal" , sagt einer der jüngeren Angeklagten. Vier Jahre Volksschule - die Hauptschule hat er abgebrochen. Der junge Mann neben ihm hat nur vier Klassen Volksschule absolviert, "sonst nichts" . Man muss ihm fast alles, was vor dem Schöffengericht verhandelt wird, ins Serbische übersetzen. Der mit ein wenig Hauptschulbildung sagt: "Es tut mir wirklich leid, dass ich so einen Scheiß gebaut hab."

Dem älteren Hauptangeklagten hingegen nimmt man so etwas nicht mehr ganz ab. Der gebürtige Serbe sagt, dass er nur Handlanger gewesen sei. Im Vorjahr hatte er betagte Menschen in Banken beim Geldabheben beobachtet - und dann den Komplizen zum Ausrauben freigegeben. Und er verweist auf seine bisherige Unbescholtenheit. In Österreich.

Doch Richterin Sylvia Primer hat nachgeforscht: "In Deutschland haben Sie ja ziemlich gewütet." 13 Vorstrafen - davon vier einschlägig und dazu noch schwere Körperverletzungen. "Die Deutschen haben gesagt, wenn ich ausreise, ist die Sache erledigt" , versucht es der Angeklagte. "Es gibt gegen Sie einen deutschen Auslieferungsantrag" , entgegnet Primer. "Und einen weiteren Auslieferungsantrag aus Serbien."

In Österreich waren die vier Angeklagten "wirklich dreist" vorgegangen, merkt Primer an. Die Angeklagten hatten sich gezielt Opfer ausgesucht, von denen mit ziemlicher Sicherheit keine ernsthafte Gegenwehr zu erwarten war. Eine Zeugin schleppt sich mit Krücken in den Verhandlungssaal. Einem anderen Opfer, einer betagten Türkin, waren sie bis zumWohnhaus gefolgt. Dort wurde ihr von den Komplizen das Sackerl mit den zuvor abgehobenen 800 Euro und einem Handy entrissen - als sie gerade in den Aufzug einstieg und nicht mehr flüchten konnte.

Dass das Quartett mit diesem System Mitglied einer "kriminellen Vereinigung" war, dafür "gibt es einen gewissen Tatverdacht und deutliche Indizien - aber das reicht für einen Schuldspruch nicht aus" , erläutert die Richterin. Für das Ausspionieren und Ausrauben werden allerdings je nach Beteiligung Haftstrafen von zwölf bis 30 Monaten verhängt. Die Urteile sind rechtskräftig.

Einer der geladenen Zeugen, der eine Tat beobachtet hatte, ließ sich entschuldigen. Er ist nämlich derzeit unabkömmlich damit beschäftigt, Frieden zu sichern. Bei der Kfor-Truppe im Kosovo. (Roman David-Freihsl/DER STANDARD-Printausgabe, 12.1.2010)