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Robert J. Shiller

Foto: APA/EPA/Cavanaugh

Seit dem Jahr 2000 bekommen wir die dramatischsten Beweise für eine Spekulationsblase auf den Märkten für selbst genutztes Wohneigentum vor Augen geführt. Nach 2000 explodierten die Eigenheimpreise in Nordamerika, Europa, Asien und an vielen Orten der Welt. Den Höhepunkt erreichten die Märkte im Jahr 2007, aber mit Beginn der weltweiten Finanzkrise kam es an vielen Orten zu einem drastischen Einbruch. Überraschenderweise erholten sich die Preise 2009 in manchen Regionen. Die Geschichte scheint kein Ende zu nehmen.

Die Immobilienpreise befinden sich auf einer Achterbahnfahrt, und es ist gut möglich, dass wir diese Bewegungen, mit Ausnahme eines Verständnisses für die Volatilität, die sich in ihnen widerspiegelt, nie zur Gänze durchschauen werden. Es ist belegt, dass die Preisbewegungen auf einem unbeständigen Spekulationsmarkt, wo die Menschen in Erwartung weiterer Preisbewegungen kaufen und verkaufen, auch im Nachhinein schwer zu erklären sind.

Dieser Anstieg der Volatilität scheint Ausdruck einer neuen und anderen Haltung gegenüber Eigenheimen als Vermögenswert zu sein - wobei sich diese neue Einstellung über weite Teile der Welt ausgebreitet hat. Früher wurden Eigenheime wie Autos betrachtet: als an Wert verlierende Vermögenswerte, die mit der Zeit obsolet werden, kostspielig in der Erhaltung sind, aus der Mode kommen und schließlich entsorgt und ersetzt werden. Heute betrachten wir sie als Anspruch auf zunehmend knapper werdende Ressourcen in einer rasch wachsenden Welt, in der die Preise eines Tages möglicherweise in die Höhe schnellen.

Allgemein ging man früher davon aus, dass sich der Wert einer Immobilie in erster Linie aus ihrer Substanz ergibt, und nicht aus dem Grundstück, auf dem sie steht. Das sollte vor allem angesichts der immer weiter verbreiteten Eigentumswohnungen in Hochhäusern noch immer gelten. In manchen Fällen können 100 Wohnungen übereinander gestapelt werden. Bei einer derart intensiven Nutzung des Grundstücks ist die Gefahr einer Grundstücksknappheit verschwindend gering. Dieser langfristige Trend in Richtung Mehrfamilienhäuser wird wohl weiter anhalten, wodurch die Bedeutung des Grundstückspreises für den Wert eines Eigenheims weiter sinkt.

Doch die jüngsten Spekulationsblasen haben den Anteil des Grundstückswertes am Wert der Immobilie in die Höhe getrieben. Obwohl dieser Anstieg großteils vorübergehender Natur war, neigen wir momentan dazu, bei Immobilienbewertungen eher an das Grundstück als an die Bausubstanz zu denken. Ökonomen berechnen den Wert eines städtischen Grundstücks üblicherweise durch Abzug der geschätzten Baukosten vom Preis der Immobilie. Der Wert des Grundstücks wird also indirekt ermittelt. Ökonomen wählen diese Vorgangsweise, weil in den meisten Stadtlagen direkte Grundstücksverkäufe selten sind und oft mit ungewöhnlichen Orten oder ungewöhnlichen Umständen einhergehen, sodass derartige Verkäufe zur Wertbeurteilung von Grundstücken nicht repräsentativ erscheinen. Die spekulative, zur Blasenbildung beitragende Komponente bei Eigenheimpreisen ist also dieser Anstieg bei Grundstückspreisen, obwohl die Preise für Baugründe außerhalb spekulativer Stadtgebiete um einiges tiefer liegen.

Viele Menschen scheinen zu glauben, dass steigende Immobilienpreise Ausdruck einer zunehmenden Knappheit an Grund und Boden in einer durch rasches Wirtschaftswachstum und gravierenden Ressourcenmangel (symbolisiert durch die Angst vor der globalen Erwärmung) geprägten Welt sind. Für sie ist der jüngste Zusammenbruch der Immobilienblase nichts weiter als die Folge einer vorübergehenden Finanzkrise, die von den Staaten auf der ganzen Welt bekämpft wird. Diese Betrachtungsweise spielt möglicherweise bei der Erholung der Immobilienpreise in letzter Zeit eine Rolle. In Wahrheit allerdings spiegeln die Auf- und Abwärtsbewegungen auf den Immobilienmärkten eher die geänderte Einstellung gegenüber Immobilien als Investitionen wider.

Wenn dem so ist, war die Volatilität bei Immobilienpreisen nach 2000 eher das Ergebnis einer fehlerhaften Sichtweise als der Auswirkungen des globalen Wirtschaftswachstums, das nun jahrzehntelang in relativ moderaten Bahnen verlief. Diese fehlerhafte Denkweise wiederum ermutigte Hypothekengeber zu laxen Praktiken, und die Zentralbanken ergriffen keine Maßnahmen gegen die sich entwickelnden Immobilienblasen.

Im Jahr 2009 reagierten Regierungen in vielen Ländern auf den Zusammenbruch der Immobilienblasen mit Strategien, die darauf abzielten, diese spekulativen Märkte zu stützen. Dies veranlasste die Menschen allerdings dazu, nun eine weitere politische Komponente in ihre Einschätzung der Immobilienpreise einfließen zu lassen, wodurch sie sich noch weiter von ökonomischen Fundamentaldaten entfernten.

Ein grundlegender Faktor wird oft vergessen: Die moderne Bauindustrie ist in der Lage, eine riesige Zahl an schönen, zeitgemäßen Eigenheimen auch in Hochhäusern zu errichten, und dies zu Kosten, die weit geringer liegen als die heutigen Immobilienpreise in vielen städtischen Lagen. Das sollte der langfristigen Steigerung der Immobilienpreise eine Atempause verschaffen. Wohnimmobilien-Spekulanten scheinen vielfach auf jenes, das Wohnungsangebot beschränkende politische Gleichgewicht zu setzen sowie auf die unendliche Fortsetzung der künstlichen Stützungsmaßnahmen. Aber in einer neuen Weltwirtschaft mit interregionalen und internationalen Bevölkerungsbewegungen und einem weit verbreitetem Bekenntnis zu wirtschaftlicher Freiheit, ist es für Regierungen schwierig, das Angebot langfristig zu beschränken. (© Project Syndicate, 2009. Aus dem Englischen: H. Klinger-Groier. DER STANDARD, Print-Ausgabe, 9./10.1.2010)