Das Motorola Milestone setzt vom Äußeren her auf harte Konturen, was in der Nutzung aber nicht negativ auffällt.

Foto: Motorola

Trotz der integrierten Hardware-Tastatur ist das Gerät relativ schlank geworden.

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Der Lock-Screen wurde gegenüber Android 1.x grundlegend neu gestaltet, das Entsperren erfolgt über eine schwungvolle Bewegung des zugehörigen Icons. In die andere Richtung lässt sich das Milestone flott lautlos schalten.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Die grafische Neugestaltung steht Android 2.0 gut an, hier der Home-Screen, von deren es beim Milestone drei gibt.

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Die hohe Auflösung des Displays erlaubt es Webseiten in voller Breite darzustellen und trotzdem noch Text zu erkennen.

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Über einen lang anhaltenden Klick auf das Kontakticon kann auf verschiedenste Weisen mit einer Person Kontakt aufgenommen werden.

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Das Telefoninterface ist simpel gehalten, was hier aber definitiv kein Nachteil ist.

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Die Galerie bietet eine recht hübsche Übersicht und unterstützt Multitouch.

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Wohl die schwächste der mitgelieferten Anwendungen ist der Musik-Player.

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Zentraler Anlaufpunkt für die Installation zusätzlicher Programme ist der Android Market, hier sind derzeit rund 20.000 Anwendungen und Spiele zu finden.

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Mit dem Phone Portal hat Motorola eine eigenen Anwendung zur Kommunikation mit dem lokalen Computer eingebaut.

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Google Maps profitiert von der hohen Bildschärfe, lässt aber Multitouch vermissen.

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Aktuell wird das Milestone mit Android 2.0 ausgeliefert, die Basis ist ein Linux-Kernel in der Version 2.6.29.

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Begleitet von einer massiven Werbekampagne haben Motorola und der US-amerikanische Mobilfunkanbieter Verizon im November ein Gerät auf den Markt gebracht, bei dem man von Beginn an voll auf Offensive gesetzt hat. Vor allem das iPhone bekam dabei ordentlich sein Fett ab, in TV-Spots macht man sich ausführlich über die Defizite von Apples Smartphone lustig. Eine Strategie, die offenbar aufgegangen ist, mehr als eine Million Stück des Android 2.0-basierten Geräts sollen mittlerweile abgesetzt worden sein.

Milestone

Seit einigen Wochen ist das Droid auch in Europa verfügbar, wenn auch unter anderem Namen: Das Motorola Milestone ist von der Hardware-Ausstattung her praktisch ident mit seinem US-Bruder, lediglich bei der Software gibt es einige kleine - aber nicht unwichtige - Unterschiede, dazu aber später noch mehr. Als Betriebssystem kommt Googles - mehr oder minder - Linux-basiertes Android zum Einsatz, das Milestone/Droid ist dabei das erste Gerät, das sich mit der Version 2.0 der Software schmücken darf.

Leuchtendes Beispiel

Doch auch bei einem Blick auf die Hardwarespezifikationen offenbart sich schnell, dass es sich dabei um nicht weniger als das erste Gerät einer neuen Android-Generation handelt: Zentraler Bestandteil ist der 3,7 Zoll durchmessende TFT-Screen, der praktisch die ganze Vorderseite des Geräts einnimmt und mit einer Auflösung von 480x854 Pixel aufwarten kann. Nicht zuletzt die daraus resultierende hohe Pixeldichte (240 DPI) ergibt ein äußerstes brillantes und sehr scharfes Bild, doch auch bei der Helligkeit gibt es nichts auszusetzen, das Milestone lässt sich selbst bei Sonneneinstrahlung problemlos nutzen. Ein erstes echtes Highlight des Motorola-Smartphones also, bisherige Android-Geräte - oder auch das iPhone 3GS - mit der üblichen Auflösung von 320x480 Pixel wirken im Vergleich reichlich "verwaschen".

Verbrauchsfragen

Angemerkt sei, dass so ein großer TFT-Screen natürlich reichlich Strom verbraucht, in unseren Tests zeigte sich, dass der Bildschirm bei intensiver Nutzung immer mit Abstand der größte Akkukonsument war - etwas das sich dank eines von Google mitgelieferten Tools leicht herausfinden lässt. Dies unterscheidet das Milestone zwar nicht vom Großteil der aktuellen Smartphone-Welt, Googles gerade vorgestelltes Nexus One sollte mit seinem AMOLED-Screen in dieser Hinsicht aber einen gewissen Vorteil haben. Übrigens versucht das Gerät von Haus aus, automatisch die Bildschirmhelligkeit an die jeweilige Umgebung anzupassen. Etwas das sich in der Realität aber als eher nervig herausstellt, wird dafür doch die Kamera als Sensor verwendet, die leicht schon mal mit den Händen verdeckt wird - und so zur einer unerwünschten Helligkeitsreduktion führt. Immerhin lässt sich das Ganze aber einfach über die Einstellungen deaktivieren.

Prozessor

Angetrieben wird das Motorola-Smartphone von einem ARM Cortex A8 Prozessor mit 550 Mhz, der zusätzlich einen grafischen Co-Prozessor aufweist. Eine CPU-Wahl, die mit dem iPhone 3GS weitgehend ident ist, gegenüber bisherigen Android-Geräten aber einen erheblichen Geschwindigkeitszuwachs bringt - und an allen Ecken und Enden deutlich bemerkbar ist. Praktisch alle Programme starten umgehend, die von früheren Generationen gewohnten "Hänger" im intensiveren Betrieb gehören weitestgehend der Vergangenheit an. Der Speed-Zuwachs macht sich dann natürlich auch in den einzelnen Anwendungen positiv bemerkbar - von der Anwendungsinstallation über die Browser-Darstellung und die Google-Maps-Nutzung - alles geht wesentlich flotter als noch bei T-Mobile G1, HTC Magic, Hero und Co.

Knöpfe

An der Front des Geräts finden sich neben dem Touchscreen noch vier Knöpfe für "Zurückgehen", "Menü", "Home" und "Suche", diese sind allerdings ebenfalls als Touchbuttons ausgeführt, was leider nicht immer hundertprozentig funktioniert. Ab und zu ignoriert das Smartphone die entsprechenden Eingaben. Eigene Abhebe- und Auflege-Knöpfe, die noch bei Android 1.x vorgeschrieben waren, gibt es mittlerweile nicht mehr - dies wird nun direkt über den Touchscreen vorgenommen.

Anschlussfreudig

An der linken Seite ist eine Micro-USB-Buchse verbaut, die zum Aufladen und zur Kommunikation mit dem Computer genutzt werden kann, unverständlich allerdings warum Motorola ausgerechnet beim Ladekabel spart und hier ein äußerst kurzes Exemplar mitliefert. An der Top-Seite ist eine 3,5mm-Kopfhörerbuchse zu finden, gleich daneben liegt der Ein/Aus-Schalter. Rechts sind dann schließlich die Lautstärkenregler sowie der Kameraauslöser angebracht, das zugehörige Objektiv ist wie gewohnt auf der Rückseite des Geräts platziert.

Ärgerliche Probleme

Die Kamera selbst bietet eine Auflösung von 5 Megapixel, ein Dual-LED-Blitzlicht sowie Vierfach-Digital-Zoom und Autofokus. Bei letzterem muss allerdings eine erhebliche Einschränkung angemerkt werden, funktioniert das Ganze doch nicht durchgehend zuverlässig. Denn die mit dem Milestone ausgelieferte Firmware besitzt einen zwar durchaus reizenden aber in der Realität nicht wenig nervigen Bug: In einem Zyklus von exakt 24,5 Tagen wechselt der Autofokus zwischen Funktionstüchtigkeit und grobem Versagen. Ein Problem, das beim Droid bereits Anfang Dezember mit einem Update auf Android 2.0.1 behoben wurde, Milestone-NutzerInnen warten auf diese Aktualisierung bislang jedoch vergeblich. Zwar hat der Hersteller mittlerweile ein baldiges Update versprochen, dies mit einer solchen Verzögerung auszuliefern, ist aber eigentlich unverzeihlich. Immerhin war die Kamera des Geräts so ausgerechnet über die Winter-Feiertage hinweg de fakto unbenutzbar - beziehungsweise lieferte vornehmlich verschwommene Bilder. Bis Ende Jänner hat nun Motorola Zeit dieses Problem zu beheben - dann würde wieder eine neue Phase des Autofokus-Versagens beginnen. Überhaupt kann man sich nicht ganz des Eindrucks verwehren, dass Android 2.0 unter erheblichem Druck von Motorola fertiggestellt wurde. Die ungewöhnliche hohe Anzahl von in der Version 2.0.1 behobenen Problemen, und der Umstand, dass das Update sogar einige grafische Änderungen vornimmt, deutet hier doch eher auf eine unter falschem Namen ausgelieferte Beta-Version hin.

Fotos

Von solchen Ärgernissen einmal abgesehen liefert die Kamera eine - im Vergleich zu anderen Smartphones - recht mittelmäßige Bildqualität. Die Aufnahmen neigen zu deutlich sichtbarem Rauschen, auch bei Videoaufnahmen - die bei einer maximalen Auflösung von 720x480 Pixel und 24 Bildern pro Sekunde möglich sind - sind Artefakte klar ersichtlich. Immerhin hat man bei Android mittlerweile die Kamera-Anwendung spürbar verbessert, etwa mit manuellem Weißabgleich oder durch die Wahl zwischen verschiedenen Umgebungseinstellungen. Auch der Aufnahmeort lässt sich mit den Bildern abspeichern - und später von der Galerie aus auf Google Maps darstellen.

Eckdaten

Wie dieser Umstand schon vermuten lässt, ist beim Milestone auch ein AGPS-Receiver zur Lokalisierung verbaut, zu den weiteren Eckdaten gehört WLAN mit 802.11b/g, ein Annäherungssensor, der beim Telefonieren automatisch das Display deaktiviert, ein Beschleuniggungssensor und Bluetooth 2.1 samt der Unterstützung für Stereo-Headsets. Eigene Daten werden auf einer MicroSD-Karte gespeichert, von Haus aus ist hier ein Modell mit 8 GByte enthalten, das Ganze lässt sich aber bis zu 32 GByte erweitern.

Schmalspur

Mit Abmessungen von 60 x 115,8 x 13,7 mm ist das Milestone überraschend flach, vor allem wenn man ein weiteres zentrales Merkmal des Smartphones betrachtet: Besitzt es doch eine ausziehbare Tastatur. Deren Qualität ist durchaus gut, auch wenn die Tasten etwas besser von einander abgegrenzt sein könnten. Auch sind keine Umlaute darauf zu finden, diese können jedoch über einen längeren Druck auf die passende Taste leicht am Screen ausgewählt werden - so kommt man dann etwa über das "a" zum "ä". Mit 169 Gramm ist das Milestone eher schwer, liegt aber trotzdem sehr gut in der Hand. Neben der Tastatur befindet sich übrigens noch ein D-Pad, mit dem sich - alternativ zur Touchscreen-Nutzung - durch die Software navigieren lässt. Im Test kam dieses aber praktisch nie zum Einsatz - wohl auch ein Beleg dafür, dass die Touchsteuerung von Android tadellos funktioniert.

Durchhaltevermögen

Der Akku bietet 1.400 mAh, gemeinsam mit Optimierungen an der Software führt dies dazu, dass das Milestone im Alltag - trotz des großen Screens - ein Stück länger durchhält als andere Android-Geräte. Wie immer bei dieser Kategorie von Smartphones sollte man sich aber keine all zu großen Sprünge erwarten, bei intensiver Nutzung kommt man am täglichen Aufladen einfach nicht vorbei. Wer besonders hohe Anforderungen hat, kann sich auch einen Zweitakku anschaffen, lässt sich dieser beim Milestone doch recht einfach austauschen. Für einige wohl sogar eine Spur zu leicht - bei manchen Geräten neigt die zugehörige Abdeckung zu einem gewissen Eigenleben.

Sprachqualität

Das Motorola Milestone unterstützt GSM 850/900/1800/1900, WCDMA 900/2100, GPRS und HSPA. Die Übertragungsqualität liegt dabei im Spitzenfeld - sowohl in Datenbereich als auch bei Sprache. Vor allem die hervorragende Sprachqualität fällt positiv auf, in den Einstellungen kann zusätzlich noch zwischen verschiedenen Klangprofilen gewählt werden. An dieser Stelle noch eine Warnung: Die externen Lautsprecher des Milestone können ganz schön laute Geräusche von sich geben, wer sich nicht den Hass seiner Mitmenschen zuziehen will, sollte hier die Lautstärke also besser nach unten regulieren.

Die Software

Die Softwarebasis des Milestone bildet Android 2.0, Motorola hat sich hier - im Gegensatz zu "Cliq" und "Backflip" mit dem eigenen Motoblur-Interface - für eine weitgehend unveränderte Variante des mobilen Betriebssystems von Google entschieden. Im Vergleich zu Android 1.5/1.6, mit dem noch immer der Großteil der bisherigen Android-Geräte ausgestattet sind, bietet diese zahlreiche erfreuliche Verbesserungen. Was sofort auffällt, ist, dass man sich bei Google offenbar endlich professionelle Interface-DesignerInnen zugelegt hat. Die Überarbeitungen reichen von neuen Icons über nett gemachte Übergangsanimationen bis zum frischen Lock-Screen. Ein Trend, der übrigens mit Android 2.0.1 und 2.1 konsequent weiter geführt wird.

Telefonieren kann es auch...

Die Telefoniefunktionen des Geräts können durchaus überzeugen, sind sie doch einfach zugänglich. Während eines Anrufs lässt sich über den Touchscreen eine Konferenzschaltung aufbauen, auch die Wiedergabe per Lautsprecher ist einfach zu bewerkstelligen. Beim Anruf wird das zur Person gehörige Icon oder Foto aus dem Adressbuch angezeigt. Apropos Adressbuch: Hier wurden zahlreiche Optimierungen vorgenommen, so ist nun beispielsweise möglich mehrere Einträge zusammenzuführen. Besonders nett, dass über einen Klick auf das Kontaktbild ein Menü aufgerufen wird, dass den Schnellzugriff auf die zur Verfügung stehenden Kommunikationsmöglichkeiten erlaubt. Dies übrigens nicht nur im Adressbuch selbst, sondern auch in den - meisten - anderen Google-Anwendungen.

Gmail-Fragen

Die Kontakte werden von Haus aus automatisch online synchronisiert, neben Gmail unterstützt das Milestone auch Exchange-Server, bei beiden Optionen lassen sich mehrere Accounts gleichzeitig nutzen. Eine fixe "Zwangsanbindung" an GMail gibt es somit - im Gegensatz zu frühen Android-Versionen - nicht mehr, realistisch kommt man freilich noch immer kaum um den Google-Service herum. Immerhin werden alle Transaktionen mit dem Android-Market per Gmail abgewickelt, eher unwahrscheinlich, dass jemand freiwillig auf den Pool von aktuell rund 20.000 Programmen verzichten will - finden sich hier doch zahlreiche Softwareperlen, die die Nützlichkeit eines Android-Smartphones erheblich erweitern.

Schreib mal wieder

Die Mail-Anwendung bietet eine "Universal Inbox", in der die aktuellen Mails aus verschiedenen Accounts zusammengeführt werden, neben dem schon erwähnten Exchange werden auch gängige POP- und IMAP-Server unterstützt. Das Programm verrichtet seine Arbeit durchaus zufriedenstellend, auch wenn zum Beispiel einige der im Market - kostenpflichtig - verfügbaren Exchange-Clients, hier deutlich mehr Funktionen bieten. GMail wird weiterhin in einer getrennten Anwendung geführt, die dafür wirklich hervorragend gelungen und vor allem sehr flott zu benutzen ist. Word- und PDF-Dokumente können mittels des mitgelieferten Quickoffice angezeigt werden.

Browser

Der Webbrowser basiert auf Webkit, und damit der gleichen Rendering Engine, die auch bei Google Chrome und Safari zum Einsatz kommt. Gerade hier zeigt sich der Vorteil der großen Auflösung, Seiten bei denen bei anderen Smartphones ständig gezoomt und gescrollt werden muss, lassen sich hier in voller Breite anzeigen - und bleiben dabei doch lesbar. Die Darstellung ist zudem äußerst flott, der Wechsel zwischen mehreren Tabs vielleicht nicht ganz so effektreich wie beim iPhone aber dafür um so schneller zu erledigen. Neu in Android 2.0 ist die Miniaturvorschau für abgespeicherte Lesezeichen, Flash-Support gibt es bislang zwar noch nicht, dieser soll aber per Update nachgereicht werden - Adobe braucht hier offenbar erheblich länger als ursprünglich gehofft.

Berührend

Der richtig Zeitpunkt, um auf die anfänglich kurz angemerkten Unterschiede zum Droid zurückzukommen: Denn im Gegensatz zur US-amerikanischen Variante unterstützt der Milestone-Browser von Haus aus Multitouch. Zoomen lässt sich also bequem - und flott - mit der vom iPhone bekannten Pinch-Geste. Über die Gründe für diese Differenzierung schweigen sich beide Unternehmen bislang konsequent aus, die Android-Community scheint sich zwar auf die Version geeinigt zu haben, dass Google aus Rücksichtnahme auf Apple - bzw. wegen dessen Multitouch-Patent - in dieser Hinsicht besonders zurückhaltend ist - eine offizielle Bestätigung für diesen Umstand sucht man bislang allerdings vergebens.

Details, weird.

Besonders absurd wird dies, wenn man weiß, dass Android auch beim Droid Multitouch vollständig unterstützt, es allerdings in den Anwendungen nicht aktiviert ist. Über den Android Market lassen sich dann aber auch hier andere Browser - wie etwa Dolphin - nachinstallieren, bei denen dann auch mit den US-Geräten Multitouch funktioniert. Googles Zurückhaltung in dieser Frage hat aber noch andere Auswirkungen: Im Gegensatz zum Droid ist das Milestone kein offizielles "Google Experience"-Gerät, darf also das Logo des Softwareherstellers nicht auf der Rückseite tragen. Ob diese Klassifizierung jenseits von solchen Branding-Fragen noch andere reale Auswirkungen hat - etwa in Hinblick auf die Auslieferung von Firmware-Updates - bleibt vollkommen im Dunkeln. Dies mag zwar in früheren Mobiltelefonzeiten alles nebensächlich gewesen sein, in einer Welt, in der die Software eine immer wichtigere Rolle einnimmt und die KonsumentInnen entsprechend regelmäßige Updates erwarten, trägt all diese Intransparenz jedoch erheblich zur Verunsicherung potentieller KäuferInnen bei. Ob dies langfristig im Interesse der Android-Plattform ist, darf stark bezweifelt werden.

Offene Karten

Leider fehlt Multitouch aber auch beim Milestone in einer Anwendung, die besonders davon profitieren könnten: Bei Google Maps. Davon abgesehen ist die Kartenanwendung unter Android aber so gut wie auf keiner anderen Plattform - wohl nicht zuletzt auch deswegen da Apple ja neuere Versionen für die Aufnahme in den App Store abgelehnt hat. Schmerzlich vermisst wird hierzulande jedoch die Unterstützung für die Navigationssoftware von Google, auch wenn es in diesem Fall einen durchaus nachvollziehbaren Grund gibt: Nur für die USA hat Google bislang eigenes Kartenmaterial, das man nach Belieben nutzen kann. In anderen Ländern greift man hingegen auf die Daten von TeleAtlas zurück, die der Kartenspezialist allerdings auch für teures Geld an Navi-Hersteller wie TomTom oder Garmin verkauft und so Google keine uneingeschränkte Lizenz erteilt. Statt dessen gibt es beim Milestone immerhin eine 60-Tage kostenlos zu benutzende Version von Motonav, das in kurzen Tests auch zuverlässig den Weg gewiesen hat.

Bildershow

Gut gelungen ist die Bildverwaltung des Milestone, bei der auch die Pinch-Geste wieder zum Einsatz kommen darf. Hier lassen sich zusätzlich Tags definieren, beziehungsweise diese automatisch erstellen, sogar eine einfache Bildbearbeitung ist mit dabei, um Farbwerte anzupassen oder auch Text hinzuzufügen und diverse Effekte auszuführen. Die Bilder lassen sich einfach auf verschiedensten Wegen mit anderen sharen, etwa per Upload auf Picasa oder die Weiterleitung mittels MMS und Mail. Twitter-Clients integrieren sich hier ebenso, auch können einzelne Mail-Adressen zum "Quick Upload" fix eingetragen werden, was etwa die Übermittlung an Flickr vereinfacht.

Musikalisches Versagen

Wenig Erfreuliches lässt sich hingegen über die Musik-Anwendung von Android 2.0 sagen, diese hätte nämlich dringend mal eine grundlegende Überarbeitung nötig. So ist hier nicht nur die Funktionalität etwas gar "Basic" gehalten auch das Interface wirkt äußerst altbacken, und will so gar nicht mehr zum restlichen System passen.  So offensichtliche Defizite werfen natürlich immer die Frage nach dem "warum" auf, eine der diesbezüglich interessanteren Spekulationen ist, dass Google mit Spotify - und der Musikindustrie - über eine fixe Integration des Streaming-Services verhandelt - ein Schritt der künftig eine echte iTunes-Konkurrenz liefern könnte.

Codecs

Zumindest der Codec-Support ist aber schon mal recht umfassend, AAC, H.263, H.264, MP3, MPEG-4, WAV, WMA, eAAC+, OGG, AMR WB, AMR NB, AAC+ und MIDI unterstützt das Milestone, FLAC wäre vielleicht noch nett gewesen. Videowiedergabe gibt es ebenfalls, auch wenn diese unter dem Fehlen von DivX/Xvid-Codecs leidet. Ganz und gar beeindruckend hingegen der spezielle Youtube-Player: Ist das Milestone per WLAN ins Internet verbunden, werden die Clips automatisch in der High-Quality-Version angezeigt - was auf so einem kleinen Gerät in einer ziemlich beeindruckenden Vorstellung resultiert.

Nachrichten

Die SMS/MMS-Anwendung verrichtet problemlos ihre Arbeit, auch wenn man sich eine fix integrierte Unterstützung für den Gruppenversand wünschen würde - immerhin lässt sich hierfür aber im Android Market leicht Abhilfe finden. Über neue Nachrichten kann mittels einer kleinen LED an der Front des Geräts informiert werden, verschiedene Farben für unterschiedliche Hinweise lassen sich dabei allerdings nur mehr mithilfe eines externen Programms definieren - "Missed Call" hilft weiter.

Multiple Aufgaben

AnwenderInnen, die die Beschränkungen anderer Smartphone-Welten gewohnt sind, seien darauf hingewiesen, dass Android-Systeme von vornherein auf vollständiges Multitasking ausgelegt sind, beliebige Programm also problemlos nebeneinander laufen. Der Wechsel zu anderen laufenden Services - etwa dem Musikplayer - funktioniert dabei über die herunterziehbare Titelleiste, die auch als Benachrichtigungsbereich dient und sicher eine der Stärken von Android darstellt.

Synchronisation

Zum Abgleich der eigenen Daten setzt Android von Haus aus ganz auf die Online-Synchronisierung per GMail, beim Milestone geht dies zusätzlich noch über Exchange - neben den bereits erwähnten Kontakten und den Mails funktioniert dies auch mit Kalendereinträgen. Zusätzlich hat Motorola das eigene "Phone Portal" integriert, mittels dessen sich das Milestone per WLAN oder USB-Kabel managen lässt - Bilder, SMS, Kontakte und Einstellungen inklusive. Motorola Media Link kümmert sich dann um den automatischen Abgleich mit dem Rechner.

Ärgerliche Market-Probleme

Einer der zentralen Punkte für alle Android-NutzerInnen ist wohl der Zugang zum Market, um so schmerzlicher, dass die deutschsprachigen, freigeschaltenen Milestones hier mit einem weiteren unnötigen Problem zu kämpfen haben: Manche Anwendungen sind über diese Modelle schlicht und einfach nicht zu beziehen. Dies ergibt sich aus dem Umstand, dass einige Programme kopiergeschützt sind, und Google offenbar die notwendigen Erlaubnis zum Download für die entsprechenden Geräte noch nicht vorgenommen hat - im Gegensatz zu den britischen, freigeschaltenen Milestones übrigens.

Problematik

Konkret bedeutet dies vor allem, dass ein Teil der kommerziellen Programme nicht verfügbar ist, was gerade dann besonders ärgerlich ist, wenn man von einem früheren Android-Smartphone aktualisiert und dann keinen Zugriff mehr auf einen Teil der bereits käuflich erworbenen Programme hat. Neben der Betriebssystems-Update-Frage wohl ein weiterer zentraler Punkt, den Google in den Griff bekommen muss, will man eine Zersplitterung der Android-Landschaft und die Verärgerung externer EntwicklerInnen verhindern. Und auch einer, der KonsumentInnen hierzulande momentan besonders betrifft, hat doch bislang kein österreichischer Mobilfunkbetreiber das Milestone im Angebot, wodurch wohl vor allem freigeschalten gekaufte Geräte im Einsatz sind. Apropos: Das Motorola Milestone kann über diverser Online-Händler bezogen werden, darunter auch Amazon, der Preis liegt um die 450 Euro.

In der Enge des Speicherplatzes

Eine weitere erwähnenswerte Beschränkung der aktuellen Android-Generation ist, dass Programme nur direkt im Telefon gespeichert werden können, beim Milestone dafür aber lediglich 256 MByte zur Verfügung stehen. Während dies bei den meisten NutzerInnen ausreichend Platz für Tools und Anwendungen bieten sollte, behindert dies vor allem den Erfolg von Android als Spieleplattform, gibt es doch etwa am iPhone bereits einige Spiele, die mehr als 100 MByte Platz verbrauchen. Immerhin hat Google unlängst versprochen, dass man an einer Lösung für dieses Problem arbeitet, künftig sollen Anwendungen dann auch verschlüsselt auf der SD-Karte landen können.

Ziemlich toll...

Trotz der angesprochenen Probleme ist das Motorola Milestone / Droid das bisher mit Abstand beste Android-Gerät, vor allem mit dem großartigen Bildschirm und der hohen Geschwindigkeit kann man punkten. Auch im Vergleich zu anderen Smartphones im Markt ist es durchaus eine Empfehlung, woran nicht zuletzt die rasche Weiterentwicklung von Android selbst einen bedeutenden Anteil hat. Der Unterschied zu früheren Geräten ist zudem so deutlich, dass beim Neukauf eines Android-Geräts die Wahl für die meisten momentan wohl primär zwischen Milestone und dem - hierzulande noch nicht erhältlichen - Nexus One  fallen wird. Eine Entscheidung, die sich wohl vor allem an der Frage Hardware-Tastatur oder nicht festmachen wird. Allein die 3D-Unterstützung könnte hier bald eine bedeutende Trennlinie zur früheren Geräten darstellen - und diesen so manches neue Programm vorenthalten.

...aber:

Dass diese Empfehlung trotzdem keine uneingeschränkte ist, liegt vor allem an der reichlich durchwachsenen Kommunikationspolitik von Motorola und Google. Das ewige Warten auf Android 2.0.1 - und die darin enthaltenen, essentiellen Fehlerbereinigungen - wirft ebenso unangenehme Fragen über die Softwarezukunft auf, wie die Nicht-Lösung der Market-Probleme. Bleibt zu hoffen, dass diese Kinderkrankheiten möglichst bald gelöst werden, dann hat Motorola einen echten "Gewinner" in der Hand. Und wer hätte dies noch vor einigen Monaten ausgerechnet von einem in den letzten Jahren reichlich glücklos am Mobilfunkmarkt agierenden Unternehmen wie Motorola erwartet? (Andreas Proschofsky, derStandard.at, 10.01.10)