Wien  - Der Dirigent und Musikdirektor der Wiener Staatsoper, Seiji Ozawa (74), wird in den nächsten sechs Monaten pausieren, um sich der Behandlung seiner Krebs-Erkrankung zu widmen. Wie Ozawa am Donnerstag  bei einer Pressekonferenz in Tokio erklärte, habe er alle seine Auftritte bis Juni abgesagt. Staatsopern-Direktor Ioan Holender bedauerte in einer Aussendung "sowohl persönlich als auch für das Haus außerordentlich, dass Seiji Ozawa im letzten halben Jahr unserer gemeinsamen Amtszeit seine Tätigkeit nicht ausüben kann. Unsere besten Wünsche und Gedanken gelten Seiji Ozawa".

Erst im Dezember war bei einer Routineuntersuchung ein Speiseröhrenkarzinom diagnostiziert worden, jedoch in einem frühen Stadium, wie der Arzt Ozawas bei der Pressekonferenz betonte. In einem halben Jahr, spätestens aber im August zu dem von ihm gegründeten Saito Kinen Festival in Matsumoto, wolle der Dirigent wieder am Pult stehen.

Adam Fischer springt ein

Für die Vorstellungen der "Nozze di Figaro" an der Staatsoper ab dem 15. Jänner springt Adam Fischer ein, bis zum Sommer hätte Ozawa laut Staatsopern-Programm auch die "Zauberflöte für Kinder" sowie "Eugen Onegin" dirigieren sollen. Ob er zum Abschiedskonzert für Direktor Ioan Holender im Juni wieder am Pult stehen könne, sei noch ungewiss. "Ich werde dabei sein. Wenn ich nicht dirigieren kann, dann bin ich in der selben Loge wie er, das ist sicher", betonte Ozawa.

Einen großen Auftritt hätte Ozawa, der mit der kommenden Saison von Franz Welser-Möst als Generalmusikdirektor der Staatsoper abgelöst wird, auch mit dem Sommernachtskonzert der Wiener Philharmoniker gehabt, das heuer am 20. Mai vor dem Schloss Schönbrunn stattfindet. Wer ihn hier ersetzen wird, ist laut Philharmoniker-Büro noch nicht entschieden. Unter den abgesagten Engagements sind weiters Konzerte mit dem Mahler Chamber Orchestra im Februar und März, sowie mit den Berliner Philharmonikern im Juni.

Der am 1. September 1935 in der Mandschurei als Sohn japanischer Eltern geborene Ozawa gilt als einer der ersten Asiaten, der im Klassik-Bereich im Westen große Anerkennung fand. Der Dirigent war lange Zeit - 1973 bis 2002, als er den Posten des Musikdirektors in Wien übernahm und auch gleich das Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker leitete - Musikalischer Leiter des Boston Symphony Orchestra.

Studiert hat Ozawa in der Toho Gakuen School of Music in Tokio zunächst Klavier, dann Dirigieren und Komposition. Danach setzte er seine Ausbildung in Europa fort. 1959 gewann er den Dirigentenwettbewerb in Besancon, 1960 den Sergei Koussevitzky-Preis. Er war Assistent von Herbert von Karajan und Leonard Bernstein. Im Laufe seiner Karriere arbeitete er mit allen berühmten Orchestern zusammen und gastierte an allen wichtigen Opernhäusern.  (APA/Reuters)