Erstaufnahmezentrum Traiskirchen: Für neu ankommende Flüchtlinge herrschen hier seit Jahresbeginn neue Regeln. So dürfen sie zum Beispiel den Bezirk Baden nicht mehr verlassen

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Während sich Politiker und Bevölkerung über die geplante Erstaufnahmestelle in Eberau echauffieren, ist mit Jahresbeginn 2010 das neue Asylrecht in Kraft getreten. In Traiskirchen bekamen Flüchtlinge schon erste Folgen zu spüren

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Am 5. Jänner 2010 machte in der Erstaufnahmestelle Traiskirchen die Geschichte von drei Flüchtlingen die Runde, die an diesem Tag ihren Asylantrag stellten. Jünger als 18 Jahre und damit minderjährig seien diese. Dennoch seien zwei von ihnen in Schubhaft überstellt worden, schilderte ein anonym bleibender Mitarbeiter dem Standard.

Für ihn waren das die ersten spürbaren Folgen des seit Jahresbeginn 2010 neuen Asyl- und Fremdenrechts (siehe Wissen): Bei sogenannten Dublin-Treffern - Aufzeichnungen im EU-weiten Informationssystem, dass der Betreffende bereits in einem anderen Staat registriert wurde - sind Flüchtlinge jetzt wieder meist ins Polizeianhaltezentrum einzuweisen. Auch Minderjährigkeit schützt nicht.

Weit mehr Jugendliche für Schubhaft erwartet

Heinz Fronek, der bei der Asylkoordination für Kinderflüchtlinge zuständig ist, trifft das nicht unvorbereitet. "Wir gehen davon aus, dass heuer weit mehr Jugendliche in Schubhaft kommen als 2009", sagt er. Vergangenes Jahr hatten 180 unter 18-Jährige die Polizeianhaltezentren von innen kennengelernt. "Das Problem ist, dass wir von vielen Eingesperrten nichts erfahren", schildert er.

In Wien, mit Traiskirchen als Einzugsbereich, haben die Jugendbehörden mit der Fremdenpolizei daher ab heuer vereinbart, über Schubhaftbescheide für Kinder und Jugendliche automatisch informiert zu werden. Für die Betroffenen sei das "extrem wichtig": Bisher sei "praktisch jeder" Schubhaftbeschwerde bei Minderjährigen Enthaftung gefolgt.

Bezirkslandkarte für alle

In Traiskirchen indes müssen alle neu ankommenden Flüchtlinge dieser Tage ein zusätzliches Dokument unterschreiben. Übersetzt in die Landessprachen der häufigsten Herkunftsländer wird ihnen seit Anfang 2010 schriftlich mitgeteilt, dass sie bis zum Beschluss der Behörden, ob ihr Antrag in Österreich behandelt wird, die Grenzen des Bezirks Baden keineswegs überschreiten dürfen - im oberösterreichischen Erstaufnahmezentrum Thalham ist der Bezirk Linz-Land betroffen: eine Folge der neu eingeführten Gebietsbeschränkung. Eine beigefügte Landkarte stellt den Bezirk grafisch dar.

Polizeiakt

Eine Kopie des unterfertigten Dokuments kommt in den Polizeiakt: wohl um bei widerrechtlicher Grenzüberschreitung eine Grundlage für Verwaltungsstrafen zu besitzen. Oder für einen Schubhaftbescheid: Auch das ist möglich.

Subvention für Flüchtlingshelfer gestrichen

Für die Flüchtlingshelfer der Diakonie, die vor den Toren Traiskirchens eine Beratungsstelle betreiben, bahnen sich durch die Einschränkung der Bewegungsfreiheit harte Zeiten an. Das Ministerium hat ihnen die Subvention gestrichen. "2010 brauchen wir 180.000 Euro, 30.000 haben wir", schildert Flüchtlingsbeauftragter Christoph Riedl: "Dennoch - und gerade jetzt: Wir machen weiter." (Irene Brickner, DER STANDARD Printausgabe 7.1.2010)