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Schlierenzauer unterwegs...

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...zu seinem 27. Weltcup-Erfolg.

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Garmisch - "Die Österreicher", sagte der Coach der Deutschen, der Österreicher Werner Schuster schon in Oberstdorf, "sind unschlagbar." Wohl bezog sich der 40-Jährige damit auf die spezifischen Aussichten seiner erbarmungswürdig schwachen Truppe um den ewigen Martin Schmitt, der seit 2002 nicht mehr vom Sieg kosten durfte. Bei der gegenwärtigen, 58. Vierschanzentournee schaut es aber danach aus, als könnte die gesamte nichtösterreichische Fliegerei durch die Finger schauen, was einen Tageserfolg betrifft. Der letzte quasi nationale Durchmarsch ereignete sich bei der Tournee 2001/02, als die Deutschen in der schmächtigen Person Sven Hannawalds alle vier Springen gewannen.

Das Streben nach dem zweiten so genannten Grand Slam hat sich am Neujahrstag auf dem Bakken in Garmisch-Partenkirchen durch den ein wenig überraschenden Triumph des immer noch rekonvaleszenten Gregor Schlierenzauer wiedereinmal erledigt. Der gleichsam nächstkleinere Wurf ist aber leicht drinnen in Innsbruck (am Sonntag) und in Bischofshofen (am Mittwoch). Ein ÖSV-Quartett war zuletzt 1974/75 gelegt worden, als Willi Pürstl zum Auftakt triumphierte, die restlichen drei Springen dann Karl Schnabl überließ, um dennoch insgesamt zu gewinnen.

Ein Traum, der Tag 

So mag es wieder laufen. Andreas Kofler gab als Vierter des Neujahrsspringens, geschlagen auch noch vom Vorjahressieger Wolfgang Loitzl und vom Schweizer Simon Ammann, nur wenig von seinem beim Oberstdorf-Sieg angehäuften Vorsprung aus der Hand. Der 25-jährige Tiroler baute ihn zumindest auf den fünffachen Tourneesieger Janne Ahonen sogar noch aus. Der Finne, in Oberstdorf Zweiter, war mit Rang sechs nicht zufrieden. "Im ersten Durchgang habe ich nicht zeigen können, was ich in mir gefühlt habe", sagte der 32-Jährige.

"Neues Jahr, neues Glück, das war ein Traumtag", sagte dagegen Schlierenzauer nach seinem zweiten Garmisch-Sieg nach 2008, dem erst zwölften eines Österreichers in der Olympiastadt. Das war insofern keine Floskel, als den bald 20-Jährigen in Oberstdorf der Magen derart drückte, "dass ich kaum in die Hocke gehen konnte". Nach einer Behandlung bei ÖSV-Arzt Andreas Lotz in Innsbruck und Zurückhaltung beim sechsgängigen Silvestermenü war nur noch leichte Heiserkeit geblieben. Für Skispringer ist die nicht sonderlich leistungshemmend. Schlierenzauer setzte Flüge auf 136,5 und 137,5 Meter und hielt Stilist Loitzl, der zwar nur auf jeweils 135 Meter kam, aber zweimal die Idealnote 20 kassierte, ebenso auf Distanz wie Ammann.

Der 28-jährige Schweizer übertraf nach dezentem ersten Versuch (132 m) im zweiten Durchgang Schlierenzauers Schanzenrekord aus 2008 gleich um zweieinhalb Meter, landete also erst bei 143,5 Metern. "Solche Flüge sind die Essenz des Skispringens", sagte er.

Gerade fünf Zehntelpunkte verlor Kofler auf Ammann, der noch immer an seinen ersten Tourneesieg im zwölften Versuch glaubt. Die beiden hatten in der Qualifikation am Vortag durch Schlitzohrigkeit für ein wenig Aufregung gesorgt, waren mit deutlich zu großen, neuen Anzügen bei Materialkontrolleur Sepp Gratzer vorstellig geworden. Die für die tatsächliche Konkurrenz folgenlose Disqualifikation wurde zu Testzwecken in Kauf genommen, im Bewerb waren wieder die alten Anzüge in Mode. Kofler war dann zwar nicht mit Rang vier, aber mit dem Erhalt seiner Führung zufrieden: "Ich brauche ich nicht jammern, denn ich bin gut in Form."

Der Gedanke, die Technik 

Ganz abgesehen davon hat der Doyen der Schweizer Skisprungberichterstattung just am Neujahrstag vor 30 Jahren seinen ersten Zeitungsartikel (Thema: Formel 1!) geschrieben. Simon Ammann hatte er da naturgemäß noch nicht sorgsam im Blick, der Simi war ja damals am Bauernhof von Heiri und Margrith Ammann in Unterwasser, Kanton St. Gallen, noch nicht einmal ein zärtlicher Gedanke gewesen.

Ganz zu Schweigen von Gedanken an einen kleinen Gregor im Stubaitaler Hause Schlierenzauer. Dass der auch leicht gehandikapt in Garmisch seinen 27. Weltcupsieg landen konnte, überraschte den Doyen nicht: "Der Schlieri ist technisch so gut, der könnte auch mit einem Bein gewinnen." (Sigi Lützow aus Garmisch; DER STANDARD Printausgabe 2. Jänner 2010)