Salzburg - "Heute noch aktueller als vor einem Jahr" sei das
Volksbegehren Sozialstaat Österreich, betonte Salzburgs
AK-Vizepräsident Siegfried Pichler am Donnerstag anlässlich des
Jahrestages der Eintragungswoche bei einem Pressegespräch in der
Mozartstadt. Anstatt soziale Grundrechte in der Verfassung zu
verankern habe die alte Regierung ebenso wie die neue nicht nur mehr
als 700.000 Unterschriften ignoriert, sondern gleichzeitig auch ein
"Verelendungsprogramm" gestartet, wetterte Pichler.
Privatisierung der Probleme
"Die Grenzen des Politischen sollen immer enger gefasst, die
soziale Sicherung auf Private übertragen werden", fasste die frühere
SPÖ-Frauenministerin Johanna Dohnal den Grundtenor der
Privatisierungsdebatte zusammen. Dabei würden sich die Konfliktlinien
zu den sozial Schwachen hin verschieben, besonders davon betroffen
wären wieder einmal die Frauen. Unter dem Stichwort "Aufwertung der
Familie" werde diese Problematik nicht einmal mehr öffentlich
diskutiert, sondern in den Privatbereich abgedrängt.
Pensionsabbau
In der Diskussion um den Pensionsabbau zeige sich das ganz
deutlich: Bei der schwierigen Vereinbarkeit von Familie und Beruf
seien Frauen weiterhin zu Teilzeitjobs verdonnert, durch die
Verschlechterung des Pensionssystems würden die ohnehin schon
niedrige Frauen-Pensionen um weitere 30 Prozent gekürzt. Gleichzeitig
sei es für die unteren Einkommen "fast unmöglich" Ersparnisse - etwa
für eine Privatpension - auf die Seite zu legen oder gar
Vermögenswerte zu kaufen.
"Natürliche Feinde" GATS
und Sozialstaat
Die aktuellen Änderungen in der Sozialpolitik müssten im
Zusammenhang mit den GATS-Verhandlungen der Welthandelsorganisation
(WTO) gesehen werden, bei denen es auch um die Liberalisierung und
Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen gehe, so der Sprecher
der Salzburger Plattform Sozialstaat Österreich, Michael Meyer. GATS
und Sozialstaat seien "natürliche Feinde", pflichtete der Sprecher
von ATTAC Österreich, Christian Felber, bei. Die Erfahrung zeige,
dass die Übernahme öffentlicher Dienstleistungen zumeist durch
multinationale Konzerne steigende Preise, sinkende Qualität und
Versorgungsengpässe zur Folge habe. Wer den offiziellen Beteuerungen
Glauben schenke, wonach zumindest die "heiklen Bereiche wie
Gesundheit oder Bildung ausgenommen werden", der müsse eines Besseren
belehrt werden, warnte Felber weiters. Es werde - in mehreren
GATS-Runden - solange weiterverhandelt, "bis alle Sektoren
vollständig liberalisiert sind". Und: EU-Handelskommissar Pascal Lamy
habe angekündigt, dass es "keine Tabus geben wird". (APA)