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Anna Netrebko, hier als Don Giovannis Donna Anna

Foto: REUTERS/Leonhard Foeger

Wien - Im Windschatten des sommerlichen Salzburger Don Giovanni aus der Harnoncourt/Kusej-Werkstatt kam es zu einem fulminanten Aufstieg in die Starsphäre. Zwar war die russische Sopranistin Anna Netrebko nicht aus dem Karriere-Nichts gekommen, hatte schon mit der Kirov Oper einige Gastspiele im Westen absolviert und sonst auch Erfolge im englischsprachigen Raum vorzuweisen.

Aber in Salzburg nirgends ein Foto, nirgends das obligate Bewerben einer CD, was angesichts des Gehörten eine Selbstverständlichkeit hätte sein müssen. Auf der Weite des großen Festspielhauses blühte Netrebkos Stimme kraftvoll, klangvoll auf, alles tönte unangestrengt, aus der Donna-Anna-Rolle herausentwickelt. Was immer man an der Inszenierung zu bekritteln hatte, es gab nirgends Zweifel, dass hier eine zeitgemäße Sängerschauspielerin auf Höchstniveau agierte.

Nun, mitten in der Festspielzeit, wurde sie Exklusivkünstlerin der Deutschen Grammophon; und auch die Wiener Staatsoper lud sie ein, in Verdis Traviata dem Alltag etwas Glanz zu verleihen - mit Michael Schade an ihrer Seite, der ebenfalls im Salzburger Giovanni reüssierte (als Don Ottavio). Nun, der Alltag glänzte, man genoss.

Netrebkos dunkles Timbre ist in jeder Lage tragfähig, ohne Ansatz werden heikle Töne gestochen scharf angesungen, die Koloraturen haben Ausdruck, beherrscht wird auch das Spiel mit Dynamik, und jederzeit tragfähig ist das Pianissimo. All das stimmliche Vermögen ist eingebunden in eine Rollengestaltung, die Violettas Unbeschwertheit ebenso kennt wie deren Ahnung vom letalen Ende; es bleiben auch der finalen Szene jederzeit Intensität und Poesie erhalten.

Intensiv wirkt auch Michael Schade als Alfredo, allerdings liegt ihm diese Partie nicht, nirgends kann er seine lyrische Qualität ausspielen, zu angestrengt gerät bei ihm das Dramatische. Profund hingegen Dalibor Jenis bei seinem Staatsopernrollendebüt als Giorgio. Das Orchester unter Marco Armiliato deckt die Sänger erfreulich selten zu, geizte dennoch nicht mit der einen oder anderen verzichtbaren Grobheit. (DER STANDARD, Printausgabe, 4.4.2003)