Professionell vorbereitet, dilettantisch durchgeführt - so lässt sich die Vorgangsweise der Koalition bei ihren Pensionsplänen zusammenfassen. Zuerst bildete die Regierung aus vielen Experten eine Reformkommission, ließ dabei in ungewohnt gewordener sozialpartnerschaftlicher Tradition Arbeiterkammer und Gewerkschaft mitreden. Und dann - ignoriert sie großteils die Vorschläge der Experten oder setzt sie so um, dass das Gegenteil des gewünschten Effekts herauskommt.

Beispiel Frauenpensionen: Bei keinem Thema waren sich die Fachleute so einig - die Frauenpensionen sind zu niedrig. Durch die Pensionspläne der Koalition werden die Frauenpensionen aber niedriger statt höher, weil Teilzeitbeschäftigte (und das sind meist Frauen) von der lebenslangen Durchrechnung besonders betroffen sind. Beispiel Durchrechnung: Deren Verlängerung wurde zwar prinzipiell von den Wissenschaftern als gerecht empfohlen - aber nur unter der Bedingung, dass länger zurückliegende Jahre quasi besser verzinst werden. Genau das hat die Koalition nicht gemacht - was selbst prinzipielle Befürworter einer Reform von "Pensionsraub" sprechen lässt.

Dass die Pensionskürzungen in den Entwürfen entgegen dem Rat der Experten so besonders heftig ausgefallen sind, lässt nur zwei mögliche Schlüsse zu: Entweder geht es der Koalition nicht primär um eine gerechte Pensionsreform, sondern um rasches Geld fürs Budget. Oder die Pensionskürzungen sind deshalb so drastisch geplant, damit mehr Spielraum für Nachverhandlungen bleibt - sich also der ÖVP-Arbeitnehmerflügel und die FPÖ-Stimmen für den kleinen Mann lautstark mit Entschärfungen profilieren können. Ein geplanter Schaukampf also, der die Härten der Reform, die auch nach möglichen Abfederungen bleiben, wenigstens ein bisschen verdecken soll. (DER STANDARD, Printausgabe, 3.4.2003)