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Kandinsky's "Im schwarzen Viereck"

Foto: REUTERS/Artist Rights Society (ARS), New York/ADAGP, Paris/Solomon R. Guggenheim Museum/

Sie ist wirklich eine Museumsmeile, die Fifth Avenue am Rande des Central Park: so lang, dass sie den Namen verdient, und statt shoppingmäßiger Ablenkung mit Sammlungen aufwartet, die zur Konzentration einladen. Ein Spaziergang vom oberen Ende Richtung Midtown Manhattan führt von der offensichtlichen Attraktion bis zu gut Verstecktem.

Kandinsky im Guggenheim, das ist ein Heimspiel. Mit dem russischen Maler hat Solomon Guggenheim in den Zwanzigerjahren den Ruf seiner Sammlung begründet, ihm waren immer wieder Schauen und eigene Räume im architektonisch markanten Museum gewidmet. Im 50. Jahr seines Bestehens sind fast 100 Gemälde von Wassily Kandinsky zu sehen. Den Anfang machen noch fast naive Szenen aus dem russischen Alltag. Von ihnen entfernt sich der Maler in Richtung Abstraktion, wobei er an Resten des Figurativen festhält oder dahin zurückkehrt.

Die Kuratoren heben die geografischen Stationen (München/Murnau, wieder Russland, Dessau, Paris) hervor, das Werk reflektiert sie - der Einfluss der Bauhäusler ist vor allem in den mehr als 60 geometrischen Zeichnungen unübersehbar - und transzendiert sie zugleich. Immer stärker wendet sich Kandinsky organischen Formen zu, in denen er magisch-kosmische Kräfte ortet. Die umfangreiche Retrospektive hat das Museum mit dem Centre Pompidou und dem Münchner Lenbachhaus zusammengestellt (wo sie jeweils schon zu sehen war); für Rekordbesucherzahlen sorgt sie auch in New York. (bis 13. Jänner)

Klubfauteuils und Kaminuhren

Ein paar Häuserblocks weiter steht die Neue Galerie. Sie war das Wunschkind des aus Wien emigrierten Kunsthändlers Serge Sabarsky, wurde aber erst nach dessen Tod 1996 eröffnet; der mit ihm befreundete Ronald Lauder ließ ein Stadtpalais zum Zweck eines "Museum for German and Austrian Art" adaptieren. Gemeinhin wird Sabarsky mit Schiele und Klimt (und heute auch mit dem gleichnamigen Café im Erdgeschoß) assoziiert. Dass er auch anderes und sehr gezielt sammelte, belegt derzeit eine Auswahl unter dem Titel From Klimt to Klee.

Ein eigenes Zimmer etwa enthält Zeichnungen und Aquarelle von Kubin. Ein Kokoschka zeigt dessen frühe Nähe zum Stil Schieles. Klimt ist unter anderem mit einem naturalistischen Kreideporträt vertreten, Nolde mit seltenen Holzschnitten und Radierungen. Auch Klee hat der Sammler ungewöhnliche Seiten abgewonnen; die kräftigen schwarzen Ornamente einiger seiner Bilder könnten dem Pop-Art-Großmeister der 1980er, Keith Haring, als Inspiration gedient haben. Und nicht nur für Bilder hat Sabarsky ein gutes Auge gehabt. In den Räumen stehen ein Buffet von Wagner, Klubfauteuils und Kaminuhren von Loos und anderen. In einer als Endlosschleife gezeigten Filmdokumentation fasst der Sammler zusammen, was ihm die Hauptsache war: "Schauen, schauen, schauen!" (bis 15. Februar)

Auswegloses Unterwegssein

Noch ein Stück die Fifth Avenue hinunter, und man steht vor dem Metropolitan Museum und damit vor der Qual der Wahl. Denn neben den drei Dutzend ständigen Sammlungen aus aller Welt und allen Zeitaltern vermitteln die Sonderschauen erst recht das Gefühl, auf jeden Fall zu kurz zu kommen. Besser also gleich sich für etwas Bestimmtes entscheiden. Kurze Zeit etwa noch für "Looking In: Robert Frank's The Americans: die Vin-tage Prints der Fotos des emigrierten Schweizers, die den Blick von Generationen auf das moderne Amerika geprägt haben.

In den 1950er-Jahren, während das Land sich im bunten Optimismus widerspiegelte, sah Frank die Kratzer im Lack, einen Kontinent der Vereinsamung, des ausweglosen Unterwegsseins. Mit einem Guggenheim-Stipendium ausgestattet, war er mehr als 17.000 Kilometer unterwegs. Aus tausenden Fotos wählte er schließlich 83 aus.

Als Buch vor 50 Jahren veröffentlicht, wurde Franks Arbeit großteils ignoriert oder abgelehnt. Heute gehört sie zum Kanon des Bildjournalismus. Die Schau, um etliche Zeitdokumente angereichert, führt vor, wie konsequent der Fotograf vorgegangen ist. Die Kratzer würde er heute genauso finden. Auch auf der Fifth Avenue. Bis 3. Jänner (Michael Freund aus New York / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 28.12.2009)