Das richtige Versmaß der Liebe: John Keats (Ben Whishaw) und Fanny Brawne (Abbie Cornish) in Jane Campions "Bright Star"

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"Bright Star" ist ein fein abgestimmter Kostümfilm über die Wirkkraft der Gefühle.

Wien - Mit dem frühen Tod des Dichters John Keats - er starb 25-jährig an Tuberkulose - geriet auch seine Liebe zur Nachbarstochter Fanny Brawne in Vergessenheit. Ihre wechselseitige Zuneigung mündete zwar in kein offizielles Verhältnis. Doch es blieben davon Verse eines Gedichts zurück, das zu den berühmtesten des Poeten der Romantik gehört: "Bright Star". Dass dieses einer konkreten Person galt, erfuhr die Nachwelt allerdings erst ein halbes Jahrhundert später durch Keats' Liebesbriefe. Fanny hatte sie zeitlebens bei sich behalten, erst nach ihrem Tode fanden sie ihren Weg an die Öffentlichkeit.

"Bright Star" lautet nun auch der Titel von Jane Campions neuem Film, der von diesem jungen, unschuldigen Paar erzählt. Das Verhältnis zwischen Poesie und Liebe, die Frage, wie viel das eine dem anderen abverlangt und inwiefern beides denn überhaupt nebeneinander bestehen kann, ist eine der Grundfragen darin. Eine Abweichung zum Genre des Kostümfilms, wo es meist die strenge Etikette einer Gesellschaft, Klassendünkel sind, die das Unglück in die Zweisamkeit tragen.

Dichten und Nähen

Fanny wird von der Australierin Abbie Cornish verkörpert, als eine für ihre Zeit ungewöhnlich selbstsichere Frau, die sich ihre eigenen Kleider näht. Die Hartnäckigkeit, mit der sie den erfolglosen Dichter (Ben Whishaw, einer der Dylans in "I'm not there") erobern will, dies als ihr Recht beansprucht, ist das eigentliche Ereignis des Films. Ihre Leidenschaft hat etwas Linkisches, doch sie bleibt stur auf Kurs und verwandelt noch ihr Schlafzimmer liebestrunken in ein Schmetterlingsparadies.

Die Hindernisse sind zahlreich: Ihre Mutter hält Keats schlicht für zu arm, dessen exzentrischer Freund Mr. Brown (Paul Schneider) betrachtet die Liaison als reine Zeitverschwendung und intrigiert gegen Fanny. Möglichkeiten, zusammen zu sein, haben die Verliebten wenige. Sie sind immer umringt von Menschen, mit denen ein Alltag kommt, der sie in ihrer Freiheit einschränkt.

Campion hat gemeint, sie habe den Film in der Form einer Ballade komponiert, die von der wachsenden Zuneigung der beiden erfüllt ist. Die ästhetische Form des Films dosiert jedoch das Pathos: Campions filigrane Oberflächentexturen, die zuletzt zum bloßen Zierat erstarrt sind, sind in Bright Star auf wenige Stellen eingeschränkt. Die Dynamik zwischen Verlangen und Zurückhaltung ist hier im Gegenteil streng, fast abstrakt in Szene gesetzt - als Vorbereitung habe sie Filme des Minimalisten Robert Bresson studiert, hat Campion erzählt.

Die Leidenschaft zwischen Keats und Brawne wird umso größer, je weniger Zukunftsaussichten sie hat. Doch nichts wird hier unnötig nach außen getragen, es gibt keinen Kulminationspunkt, sondern nur Phasen des gemeinsamen Glücks, die kurze Auszeiten von der Wirklichkeit bilden. Die Armut des Dichters, sein fragiler Gesundheitszustand arbeiten jedoch gegen die Liebe. Sie kann nicht andauern - und bleibt als Ausdruck in der Poesie zurück. (Dominik Kamalzadeh / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 24./25./26./27.12.2009)