Eidechse an Gartenkürbis: kleiner Henkelkrug aus der Sammlung Rudolf von Strassers, Du Paquier, um 1730

Foto: Copyright Liechtenstein Museum

Die Geschichte der Wiener Porzellanproduktion beginnt um 1718 und birgt so manches Skandälchen: Industriespionage, Headhunting, Vandalismus und wirtschaftliche Bauchlandungen inklusive. Das Interesse an den ersten Experimenten und am Geheimnis zur Porzellanerzeugung in Europa führte Claudius Innocentius Du Paquier nach Meißen, wo 1710 die erste Porzellanmanufaktur auf europäischem Boden gegründet worden war.

Auf welche Weise der k.k. Hofkriegsagent in den Besitz des sogenannten Arkanum gelangte ist nicht überliefert, aber Stoff für Legenden. Jedenfalls kehrte Du Paquier gemeinsam mit dem Emailmaler Christoph Konrad Hunger nach Wien zurück und beantragte das Patent auf die alleinigen Produktionsrechte von Porzellan innerhalb der österreichischen Erblande und begann, vorerst mit nur einem Brennofen und zehn Arbeitern, mit der Herstellung.

Aus Meißen akquirierte er weiters Samuel Stöltzel und vor Ort den Tapetenmaler Johann Gregorius Höroldt. Es blieb eine fachliche Stippvisite. Interne Unstimmigkeiten veranlassten Stöltzel 1720 zur Rückkehr nach Meißen, in Begleitung von Höroldt und nicht ohne davor Zerstörung zu hinterlassen. Die vorrätige Porzellanmasse vermischte er mit Gips und machte sie dadurch völlig unbrauchbar. Viel schlimmer aber wog der Verlust Höroldts, der in Meißen schnell zum Obermaler avancierte und mit den legendären Höroldt-Chinoiserien einen ganzen Zweig der Porzellanmalerei prägte.

Derweilen stieg der Produktionsumfang in Wien an und nährte den Ruf exquisiter Manufakturware. Ein ausgeprägter Stil und die Breite an Formen und Dekoren waren an Originalität europaweit kaum zu übertreffen. Dies dokumentieren derzeit zwei Ausstellungen: Jene im New Yorker Metropolitan Museum of Art (Imperial Privilege: Vienna Porcelain of du Paquier, bis 21.3.) einerseits und die im Rahmen der bis 26. Jänner verlängerten Glanz und Farbe im Liechtenstein Museum gezeigte Sammlung Rudolf von Strassers andererseits.

In den 25 Jahren der Privatmanufaktur Claudius Innocentius Du Paquiers (bis 1744) folgte - durch die Abwanderung wichtiger Künstler nach Meißen, dem Ankauf eines größeren Manufakturareals und daraus resultierender Finanznöte - ein Krisenjahr dem anderen. Nach Ablauf des für diesen Zeitraum gewährten Patentes folgte das Aus. Mit einer Schuldenlast von mehr als 45.000 Gulden übergab Du Paquier seine "porcellain-fabrique" dem Staat. Künstlerisch gilt die Du-Paquier-Periode als wichtigste der Manufaktur.

Oasen der Stille

Porzellane aus dieser Phase zählen aufgrund ihrer Seltenheit zu den gesuchtesten Stücken: Der Weltrekord stammt aus dem Jahr 2003 als bei Christie's ein um 1725 entstandener Krug knapp 350.000 Euro einspielte. Auf Platz zwei liegt eine 2005 bei Sotheby's versteigerte Teekanne, die für 345.000 Euro in den Besitz des Fürsten Liechtenstein wechselte. Eine Kräftner-Expertise später belegte sie in einer Ausstellung 2008 (Oasen der Stille) als Böttger-Meissen, bemalt von Ignaz Preissler und um 1725 datiert, die von Europa rezipierten chinesischen Motivwelten.

Auch hierzulande gelangen im Dorotheum und "im Kinsky" sporadisch Du-Paquier-Porzellane zur Auktion, die - sofern in perfektem Zustand - mehrheitlich an internationale Bieter wechseln, die das dafür notwendige Kapital aufzubringen bereit sind. Den höchsten Zuschlag innerhalb der heimischen Grenzen darf sich "im Kinsky" an die Fahnen heften: Für 141.600 Euro hatte sich das Melinda und Paul Sullivan den um 1730/35 ausgeführte Porzellanelefanten in die Sammlung geholt. Überhaupt ist die Wertschätzung in den USA eine größere, auch wegen der zahlreichen in den Nachkriegsjahren dorthin abgewanderten legendären Kollektionen von Anton Redlich oder Oskar Bondy. Und, sie wird in den nächsten Jahren auch Dank des soeben erschienen und vom Sammlerehepaar Sullivan finanzierten Prachtbandes (siehe "Buch" ) noch weiter steigen. (Olga Kronsteiner / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 24./25./26./27.12.2009)