Frankreich gibt die gestohlenen Kontoinformationen über französische Kunden der Schweizer Großbank HSBC zwar an die Schweiz zurück, die Daten will die französische Justiz aber für weitere Ermittlungen nutzen.

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Paris/Genf - Der Streit um gestohlene Kundendaten der britischen HSBC in der Schweiz bekommt eine neue Wendung. Zwar hatte die französische Justiz die Rückgabe der Daten von tausenden HSBC-Kunden an die Schweiz angekündigt. Doch ganz aus den Händen gibt Paris das Material nicht.

Frankreichs Haushaltsminister Eric Woerth kündigte am Dienstag in Peking an, die französische Justiz werde die gestohlenen Kundendaten weiter nutzen. Juristische Prozeduren würden folgen, erklärte Woerth während eines Aufenthalts mit Regierungschef François Fillon in Peking.

Rückblende: Die offensichtlich verschlüsselten Daten tausender HSBC-Kunden waren von einem HSBC-Informatiker den französischen Behörden übergeben worden. Unter den Bankkunden sollen viele Kolumbianer und Italiener, aber auch chinesische Behörden und französische Steuersünder sein. Der Informatiker entwendete die Daten nach eigenem Bekunden, weil ihn die Geschäfte der HSBC schockierten. Die Banker hätten sich "wie Zuhälter" verhalten. Die Schweiz verlangte schon seit längerem die Auslieferung des Datendiebs. Frankreich gewährt dem Informatiker hingegen Polizeischutz.

Steuersündern auf der Spur

Die französische Staatsanwaltschaft will die Daten nutzen, um Geldwäschern sowie Steuerflüchtlingen auf die Spur zu kommen. Die Schweizer Regierung beurteilt es hingegen als inakzeptabel, dass illegal erworbene Informationen in einem Steuerverfahren eingesetzt werden. Sie will deswegen ein Doppelbesteuerungsabkommen mit Frankreich gegen Steuerflucht nicht ratifizieren, das 2010 in Kraft treten sollte.

Der Chef der Genfer HSBC Private Bank, Alexandre Zeller, bezeichnete die Datensätze jüngst als "unvollständig und fehlerhaft" . Für die französische Steuerbehörde werde es "sowohl in technischer als auch in juristischer Hinsicht" sehr schwierig werden, die Informationen auszuwerten. Laut Zeller hat der ehemalige Informatiker die Daten aus verschiedenen Systemen abgezogen und dann "nach der Art eines Puzzles" wieder zusammengesetzt. Dies schließe er aus jenen Daten, die er bisher gesehen habe, sagte der Bankdirektor. Wann und wie es dem Informatiker gelungen ist, die Bankdaten abzuziehen, ist weiterhin unklar.

Die Kunden hätten bisher eher gelassen reagiert, erklärte Zeller: "Es gibt keine Anzeichen einer Panik. Die Abzüge waren bisher sehr geringfügig." (Reuters, bpf, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 23.12.2009)