Dass Ariel Muzicant, der sonst streitbare Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde, angesichts der Einigung darüber, wer im Zuge der Erhaltung der verfallenden jüdischen Friedhöfe welche Kosten übernimmt, von einem "Geschenk" spricht, zeigt, wie wichtig es Muzicant war, hier zu einem Ergebnis zu kommen war. Denn ein Geschenk, egal ob zu Channukah oder zu Weihnachten, ist etwas, worauf man keinen Anspruch hat. Etwas, was einem in den Schoß fällt. Ein Geschenk, das ist in letzter Konsequenz ein Gnadenakt. Ein Almosen.
Aber so hat das Muzicant bestimmt nicht gemeint: Sein Wort vom "Geschenk" bezog sich auf die Freude und Erleichterung darüber, dass der dramatische Verfall, dem etliche österreichische jüdische Friedhöfe in den vergangenen Jahren ausgesetzt waren, nun endlich gestoppt werden dürfte.
Und dass genau das kein huldvoll gegönntes Geschenk sondern eine vertraglich garantierte, aber über Jahre hinaus nicht erbrachte Garantieleistung der Republik ist, kann dadurch die Freude über den späten Erfolg schon einmal ausgeblendet werden. Aber nur kurz.

Denn das beschämende, kleingeistige, elende und langjährige Hickhack zwischen Bund und Ländern werden weder die Überlebenden des Holocaust noch ihre Nachkommen so bald vergessen: Kraft ihrer geringen Zahl waren und sind sie schlicht außer Stande, die Gräber der einst großen jüdischen Gemeinde Österreichs zu pflegen.

Und auch andere werden sich wohl noch lange erinnern: Der Zustand der Friedhöfe war so verheerend, dass Mitarbeiter der US-Botschaft erstmals 2007 in ihrer Freizeit und mit selbstgekauftem Werkzeug anrückten, um Hand anzulegen. Amerikanisches "Just do it" traf frontal auf etwas Ur-Österreichisches: Wegschauen.
Wie peinlich das tatsächlich war, wusste damals wie heute kaum einer dieser ehrenamtlichen Grabpfleger: Für die Gräber der Täter hat die Republik nämlich Geld - seit 1948 pflegt sie Soldatengräber. Auch die von SS-Angehörigen. Und zwar ohne jede Diskussion. (Thomas Rottenberg, derStandard.at, 22.12.2009)