Foto: AP/ Montage: red

Das letzte Nullerjahr

Im letzten Jahr in dieser Dekade, die etwas unsexy die "Nuller" bzw. auf Englisch "Noughties" genannt wird, hat sich in der IT-Welt eine Menge getan. Apple-CEO Steve Jobs schockierte die Börsen mit seiner Krankheit, Microsoft und Apple lieferten beide neue Betriebssysteme und Google eine Schlagzeile nach der anderen mit Chome OS und Co, dem bekanntesten BitTorrent-Tracker wurde der Prozess gemacht und Oracle kündigte die Übernahme von Sun an. Der WebStandard blickt auf die wichtigsten Ereignisse des Jahres zurück.

Foto:

Bild nicht mehr verfügbar.

Krankheit und Rückkehr von Steve Jobs

Gleich zu Beginn des Jahres wurden Apple-Anleger durch die Meldung von Steve Jobs Krankheit geschockt. Der Apple-CEO musste sich einer Lebertransplantation unterziehen und pausierte ein halbes Jahr. Im Sommer meldete sich der charismatische Unternehmensmitgründer wieder zurück und brachte gleich das neue iPhone 3GS mit. Negativschlagzeilen machte das Unternehmen mit schockierenden Berichten ehemaliger Mitarbeiter über den Kontrollwahn in Cupertino. Nichts destotrotz war es das Jahr (ja sogar das Jahrzehnt) von Jobs, der zuletzt von der Harvard Business Review gar zum besten CEO der Welt gekürt wurde.

REUTERS/Kimberly

Bild nicht mehr verfügbar.

Haverie in der Piratenbucht

Im April sorgte das Urteil im Copyright-Prozess gegen die Betreiber des BitTorrent-Trackers The Pirate für Aufsehen. Alle vier Angeklagten waren zu einem Jahr Gefängnis und 2,74 Millionen Euro Strafe verurteilt worden. Die Empörung darüber schlug sich in einem Wahlerfolg für die Piratenpartei bei den Europawahlen nieder. Trotz Anti-Piraterie-Kampagnen, umstrittenen Plänen der Politik und Prozesse gegen Filesharer nahmen die Downloads und illegalen Streams in diesem Jahr aber weiter zu. Was überhaupt legal und illegal ist, darüber waren sich die Experten auch 2009 noch nicht einig - trotz OGH-Urteil. Die jüngste und tragischste Schlagzeile zum Thema war allerdings privater Natur - Mitte Dezember starb der Gründer der österreichischen Piratenpartei, Florian Hufsky.

Foto: REUTERS/SCANPIX/Fredrik Persson

Rise of the Netbook

Der Computer-Markt stand 2009 ganz im Zeichen der Netbooks. Vor allem die mit voller Wucht einschlagende Wirtschaftskrise verhalf den kleinen Laptops zum Erfolg. Im abgelaufenen Jahr erlebten die Winzlinge nicht nur bei Verkaufszahlen einen Wachstumsschub, sondern auch im Design. 7-Zoll-Minis sind vorbei, die Hersteller setzen nun auf 10- und 12-Zöller. Überraschend hat auch Nokia das Booklet 3G vorgestellt. Netbooks brachten zudem etwas Schwung in den Markt für Desktop-Linux, das auf jedem dritten Gerät laufen soll. Immer wieder tauchten Gerüchte über ein Apple-Netbook auf. Mittlerweile sind die Beobachter aber sicher: Apple arbeitet an einem Tablet, das im März 2010 vorgestellt werden soll.

 

Foto: Nokia

Bild nicht mehr verfügbar.

Windows 7 vs. Snow Leopard 

Einen Showdown der besonderen Art lieferten sich Microsoft und Apple mit ihren neuen Betriebssystmen. Apple brachte Mac OS X Snow Leopard als kleineres Update zur Vorgängerversion Ende August auf den Markt. Die Redmonder ließen Windows 7 im Oktober mit einigem Tamtam von der Leine. Das neue Windows war von Unternehmen und Privatanwendern sehnlichst erwartet worden, die ihre XP-Systeme nicht auf Vista aktualisieren wollten. Nur zwei Tage vor dem offiziellen Start stahl Erzrivale Apple den Redmondern mit neuen Macs und der Magic Mouse aber die Show. Die Linux-Welt sah in diesem Jahr unter anderem die Veröffentlichung von Ubuntu 9.10, Fedora 12 und openSUSE 11.2.

Foto: EPA/REBECCA MCALPIN

Bild nicht mehr verfügbar.

Foto: ToastyKen

Die Androiden kommen 

Die heimische Linux-Welt erlebte mit dem Ankauf von Office-Lizenzen der Stadt Wien einen leichten Rückschlag. Und auch in Russland funktionierte die Migration alles andere als erwünscht. Auf Smartphones feiert das freie Betriebssystem in verschiedenen Varienten jedoch ungeahnte Erfolge - es gilt gar als wichtigste Konkurrenz zu Apples übermächtigem iPhone. Angeführt wird der Linux-Handy-Reigen natürlich von Googles Android, das mit einer Flut neuer Smartphones namhafter Hersteller den Massenmarkt erreicht hat. Das HTC Hero und das Motorola Droid haben die Aufmerksamkeit der User besonders auf sich gezogen. Aber auch Nokia hat mit dem N900 mit Maemo5 ein vielversprechendes Smartphone auf Linux-Basis geliefert, nicht zu vergessen natürlich Palms Comeback mit dem Palm Pre. Microsofts Player am Handy-Markt, Windows Mobile 6.5, musste in diesem Jahr hingegen Prügel einstecken.

Foto: AP

Bild nicht mehr verfügbar.

Google treibt die Sau durchs Dorf

Android blieb 2009 aber nicht der einzige Schlagzeilenbringer von Google. Im November stellte das Unternehmen das im Sommer angekündigte Chrome OS vor, das als Web-basiertes Netbook-Betriebssystem 2010 den Markt aufrollen soll. Im Mai kündigte Google mit Wave die Revolution von Online-Kommunikation an. Im November gab der Suchmaschinenprimus mit "Go" eine neue Programmiersprache als Open Source frei und startete Anfang  Dezember einen öffentlichen Domain Name Server. Und als ob das alles nicht genug wäre, kommt mit dem Nexus One in Kürze auch ein neues, eigenes Google-Phone. 

Search Wars

Google bekam seinerseits aber auch neue Konkurrenten. Im Mai ließ Microsoft seine neugestaltete Suchmaschine Bing los und die neuartige Suchmaschine Wolfram Alpha, die eigentlich ein "rechnender Almanach" sein soll, ging online. Letztere fiel anfangs vor allem durch ihre Easter Eggs auf. Zuletzt war der Suchmaschinenmarkt durch die Ankündigung des Medienmoguls Rupert Murdoch, unter anderem das Wall Street Journal aus Google aussperren zu wollen und im Gegenzug einen Pakt mit Microsoft zu schließen, in Aufruhr geraten. Diese Entwicklung ist Ausdruck der Zeitungskrise, die man mit E-Book-Readern wie Amazons Kindle (der nun auch in Österreich erhältlich ist) und dem Nook von Barnes & Noble abzufedern versucht.

Foto: AP

Bild nicht mehr verfügbar.

Firefox stürmt das Web

Zu den Shooting Stars zählte auch dieses Jahr wieder Mozillas Browser Firefox, der im Juni in Version 3.5 vorgestellt wurde und sich mit Microsofts Internet Explorer eine heiße Aufholjagd liefert. Noch für Ende 2009/Anfang 2010 ist die nächste Version 3.6 angekündigt. Microsoft hat im März mit Internet Explorer 8 nachgelegt und Apple mit Safari 4 im Sommer. Googles Browser Chrome erschien endlich für Linux und Mac. Das größte Thema am Browser-Markt war in diesem Jahr jedoch der Streit zwischen Microsoft und der EU-Kommission, wonach Microsoft in Windows nicht nur den eigenen Internet Explorer sondern auch die Konkurrenz-Software zur Verfügung stellen muss. Nach Monaten des Streits konnte man sich im Dezember endlich einigen.

(Der Firefox ist entgegen mancher User-Interpretation von Namen und Logo übrigens kein Rotfuchs, sondern ein Kleiner Panda - auch Katzenbär genannt - wie Mozilla auch selbst angibt.)

Foto: REUTERS/Bobby Yip

Die Twitter-Revolution 

Eines der düstersten Ereignisse dieses Jahres waren die Ausschreitungen nach den Präsidentschaftswahlen im Iran im Sommer. Im Internet schlugen sich die Ereignisse vor allem durch das Versagen klassischer Medien und die Echtzeit-Berichte über Twitter nieder. Der Microblog hatte sogar extra Wartungsarbeiten verschoben, damit der Nachrichtenfluss nicht abbrechen konnte. Der Gipfel der Zwitscherei wurde zum Tod von Michael Jackson im Sommer erreicht, wo das Portal unter der Last der Tweets in die Knie ging. Der zweite große Player am Social Media-Markt, Facebook, machte in diesem Jahr vor allem durch heftige Kritik der User an neuen Privatsphären-Einstellungen und neuem Design von sich reden. Mit dem geplanten Facebook-Film wird den Gründern rund um Mark Zuckerberg zudem ein wohl nicht sehr rühmliches Denkmal gesetzt, soll es doch vor allem die schmutzigen Details der Gründungsgeschichte auf Tapet bringen.

In eigener Sache

Facebook und Twitter erweiterten 2009 auch das Aktionsfeld von derStandard.at, der auf beiden Plattformen mit mehreren Twitter-Channels und Facebook-Profilen aktiv ist. Der WebStandard freut sich mittlerweile über mehr als 1.500 Twitter-Follower und über 800 Facebook-Fans.

Foto: Screenshot

Bild nicht mehr verfügbar.

Einkaufstouren

Die Wirtschaftskrise hat sich in der IT-Branche durch einige Übernahmen manifestiert - so begaben sich die größen IT-Konzerne 2009 auf Einkaufstour. Im April kündigte Oracle die Übernahme von Sun um 7,4 Milliarden Dollar an - der Deal muss erst noch von der EU und den USA abgesegnet werden. HP will mit der Übernahme von 3Com um 1,8 Milliarden Euro gegen Cisco antreten, während Cisco wiederum Starent Networks um 2 Milliarden Euro gekauft hat. Panasonic und Sanyo sind endgültig zur Nummer Eins am japanischen Elektronikmarkt verschmolzen und Barracuda übernahm die Mehrheit am Tiroler Unternehmen phion. (phion-Chef Wieland Alge im WebStandard-Interview)

Foto: AP

Privacy und Vorratsdatenspeicherung

Die Vorratsdatenspeicherung sorgte europaweit für heftige Kritik unter Datenschützern. Trotz zahlreichen Unklarheiten, hat Österreich letztendlich jedoch den Widerstand aufgegeben und angekündigt ab 2010 alle Verbindungsdaten speichern zu wollen, wie von der EU bereits 2006 gefordert. Ebenfalls datenschutzrechtlich stark umstritten war die Einführung von Web-Sperren gegen Kinderpornografie in Deutschland. Auch in Österreich überlegt man derartige Maßnahmen. Nicht minder stark kritisiert wurden Pläne des Innenministeriums, die Handyüberwachung auszuweiten, die ohnehin schon 2008 häufig eingesetzt wurde. Vor diesem Hintergrund waren diverse Datenskandale wie etwa bei der britischen T-Mobile besonders verunsichernd.

Foto: Newald

Playstation et Circenses

In der Gaming-Welt sorgte Call of Duty: Modern Warfare 2 für einen Hype sondergleichen. Das Spiel soll zum Auftakt mehr eingebracht haben, als jedes andere mediale Werk bisher. Zum besten Spiel des Jahres wurde letztendlich jedoch Uncharted 2 gewählt. Games wie Guitar Hero 5, Batman: Arkham Asylum, Assassins's Creed, Dragon Age: Origins, Brütal Legend, GTA 4: The Ballad of Gay Tony, Eye Pet, New Super Mario Bros. Wii und Machinarium sorgten für jeden Menge Abwechslung auf Konsolen, Computern und Handys (die besten Games 2009 im Überblick). Die Konsolenhersteller lieferten sich indes wahre Preissschlachten - Sonys Playstation 3, Nintendos Wii und Microsofts Xbox 360 wurde gegen Jahresende billiger. Sony konnte damit in den USA die Xbox überholen. Das Preisdrücken war im Sommer mit der Vorstellung der PS3 Slim eröffnet worden. Der Hersteller brachte zudem die PSPgo auf den Markt. 

"Killerspiele"

Obwohl Games den Kunden Spaß (und den Unternehmen fette Gewinne) bringen sollten, sorgten vor allem Shooter 2009 für viel Aufsehen. Der Amoklauf eines Schülers im deutschen Winnenden brachte die Diskussion im Frühjahr erneut aufs Tapet. In Deutschland waren daraufhin ein totales Verbot von sogenannten "Killerspielen" gefordert und sogar Spieleturniere abgesagt worden.

Foto: Activision Blizzard

Bild nicht mehr verfügbar.

Best of Skurril

In unseren Channels Webmix und Netzpolitik fanden sich auch 2009 wieder einige Leckerbissen aus dem Skurrilitäten-Kabinett. Im Oktober sorgten zwei mit Photoshop etwas zu "enthusiastisch" bearbeitete Werbefotos von Models für Aufregung unter den Usern. Nicht weniger erzürnt waren die Web-Nutzer über die Abmahnungen der Outdoor-Ausrüsters Jack Wolfskin an Hobby-Handarbeiter. In Apples App Store war zu Jahresbeginn ein bizarrer Streit unter den Entwicklern von "Furz-Apps" entbrannt. Und Apple-Mitgründer Steve Wozniak begeisterte (bzw. verstörte) uns mit seiner Teilnahme an "Dancing With The Stars".

YouTube-Stars

Unser aller liebste Video-Plattform brachte 2009 Stars wie Susan Boyle (Foto) oder Jill und Kevin mit ihrer außergewöhnlichen Hochzeit hervor. Aus dem Tierreich sorgten eine "Alien-Kolonie" in einem US-Kanal und der rasende Segway-Affe für Begeisterung (unter Redakteuren und Lesern). Weniger glanzvoll waren da die Auftritte einer brutalen College-Fußballerin und von Golf-Star Tiger Woods, dessen Eskapaden ihn aus TV und diversen Sponsoren-Verträgen direkt auf YouTube katapultierten. (Birgit Riegler/ derStandard.at 27. Dezember 2009)

Foto: REUTERS/Brendan McDermid