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"When it’s done" - also "Wenn es fertig ist" - beherrschte in den letzten 12 Jahren das Vokabular von George Broussard, Mitbegründer des EntwicklerInnenstudios 3D Realms und Kopf des Entwicklungsteams von Duke Nukem Forever. Dieser Satz wurde zur Standardantwort auf die Frage, wann denn Duke Nukem Forever endlich erscheinen würde.

Vaporware des Jahrzehnts

Und diese Frage war ja nun wirklich keineswegs unberechtigt. "Duke Nukem Forever" war mehr als eine Dekade lang - jedes Jahr erneut, zur Vaporware des Jahres gewählt worden. Als "Vaporware" werden Produkte bezeichnet um die zwar viel - heiße - Luft gemacht wird, die aber einfach nicht erscheinen oder die Erwartungen nicht erfüllen. Und genau in diesen Erwartungen - sowohl von den SpielerInnen, aber auch den JournalistInnen und ganz besonders von George Broussard selbst, lag der Knackpunkt in der Entwicklung von Duke Nukem Forever.

Erfolg als größtes Hemmnis

Mit den Hintergründen zum epischen Bauchfleck des Jahrzehnts beschäftigt sich ein ausführlicher Artikel im US-Magazin "Wired". Besonders interessant ist dabei die genaue Betrachtung der Entwicklungen und das Festmachen der größten Knackpunkte. Aus Sicht von Wired gab es einige wesentliche Punkte, deren Zusammenwirken sich bei "Duke Nukem Forever" sehr negativ auswirkte: zum einen der Erfolg von Duke Nukem und von Duke Nukem 3D, daraus resultierend die großen finanziellen Rücklagen von 3D Realms und zu guter Letzt die Tatsache, dass Broussard ein Spiel auf den Markt bringen wollte, das allen anderen überlegen war und zudem die neueste Technologie verwenden sollte.

 

 

Die Geschichte einer Niederlage

Duke Nukem ist eine der erfolgreichsten Spielereihen der Computerspiel-Geschichte. ExpertInnen meinen, dass - auch nach dem endgültigen Ende von Duke Nukem Forever - der Wert der Marke immer noch im zwei- bis dreistelligen Millionenbereich liege.

John Wayne, Clint Eastwood und Arnold

Die Erfolgsgeschichte begann 1991 mit dem Erscheinen des ersten Shooters "Duke Nukem". Witzige Ideen, die Einbindung der Umgebung und ein cooler, wie durchgeknallter Hauptcharakter, der an eine Mischung aus John Wayne, Clint Eastwood und Arnold Schwarzenegger erinnert. Die Fortsetzung "Duke Nukem 2" etablierte sich als mehr als ebenbürtige Konkurrenz zu "Wolfenstein" und Co. und den Höhepunkt erreichte der Titel dann mit "Duke Nukem 3D". Das Spiel wurde ein riesiger Erfolg, spülte Millionen in die Kassen von 3D Realms und war somit auch der Sargnagel für "Duke Nukem Forever".

Hohe Erwartungen und Erfolgsdruck

Hinter 3D Realms stehen George Broussard und Scott Miller. Die beiden Entwickler gründeten das Studio und waren damit die treibenden Kräfte hinter dem Shooter. 1996 sorgte Duke Nukem 3D für Furore, und schon 1997 sollte der Nachfolger in den Handel kommen. "Duke Nukem Forever" sollte ein weiterer Meilenstein sein. Das Genre revolutionieren und den coolen Spielehelden endgültig in eine eigene Liga katapultieren.

Erster Trailer auf der E3 1998

Zu Beginn sah es so aus, als ob der Duke ein unglaubliches und imposantes neues Abenteuer bestehen würde - und zwar wahrlich in Rekordzeit. Bereits auf der E3 1998 war ein erster Trailer des Shooters zu sehen. Broussard hatte damals "um sehr viel Geld", wie Wired berichtet, die Lizenzen an der Quake II-Engine erworben. Die Entwicklungen waren in vollem Gange, als eine folgenschwere Entscheidung getroffen wurde.

 

 

Ein unglaublicher Wechsel

3D Realms hatte sich durch den Erfolg des Duke von einem kleinen Start-Up zu einer Millionen-Dollar-schweren Größe katapultiert. Geld spielte für Broussard keine Rolle, daher auch keine Deadline für den Titel und kein Druck durch einen Publisher. Broussard erkannte, dass die Quake II-Engine einen neuen, mächtigeren Konkurrenten bekam - die Unreal-Grafikengine. Schon kurz nach der E3 1998 entschied sich Broussard daher das Spiel, das damals schon recht fortgeschritten gewesen sein dürfte, von der  Quake II- auf die Unreal-Engine zu wechseln. Diese Ankündigung überraschte nicht nur die Medien und Konkurrenten, sondern auch die eigenen EntwicklerInnen. Es war klar, Duke Nukem Forever wird nun später als geplant erscheinen.

Jahrelanges Hin und Her

Danach wurde es still um den Duke. Als Vaporware sorgte das Spiel immer wieder für Aufsehen und Diskussionen. Die Fans selbst brachten 3D Realms mit ihren Anfragen wohl am meisten in Bedrängnis. 2001 tauchte auf einmal ein neues Video auf. Und es zeichneten sich neue Probleme ab - das Geld ging langsam aber sicher aus.

Unruhe und der Anfang vom Ende

Stets hatten sich Broussard und Miller bemüht nicht von einem Publisher abhängig zu sein und sich beim entwickeln jene Zeit zu lassen, die es brauchen würde. Doch dann näherten sich die Geldmittel - die beiden Entwickler hatten bereits 20 Millionen Dollar ihres Privatvermögens in den Titel investiert - dem Ende. Publisher Take Two sprang ein - wie und in welcher Weise wird demnächst ein Gericht klären, denn eine rechtliche Auseinandersetzung zwischen den beiden Parteien ist bereits im Laufen.

EntwicklerInnen springen ab

Einen interessanten Aspekt in der Fehlentwicklungen zeigt Wired auch anhand der EntwicklerInnen auf: Diese bekamen bei 3D Realms deutlich weniger gezahlt als bei der Konkurrenz - waren dafür aber am Erfolg und Umsatz von Duke Nukem Forever mitbeteiligt. Nach mehr als 10 Jahren Entwicklungszeit waren die EntwicklerInnen verständlicherweise enttäuscht und zudem war ein Release immer noch nicht abzusehen. Eine weitere Facette dieser Thematik: Viele EntwicklerInnen gehören zu den Besten ihres Fachs, doch in Zeiten in denen sich die Spielewelt drastisch änderte - Konsolen und 3D sind nur einige Beispiele - konnten sie keinerlei Arbeiten - abseits ein paar Bruchstücken von Duke Nukem Forever - vorweisen. Zehn Jahre an einem Spiel, das bedeutet traurigen Rekord. Normalerweise wird ein Titel in zwei bis drei Jahren fertig - fünf Jahre sind schon ein echtes Problem.

Domino-Effekt

Als die Probleme immer größer werden und auch der Druck von Seiten des Publishers steigt, springen die ersten EntwicklerInnen ab und kaum kündigen die ersten, folgen weitere. Broussard selbst hat den Sprung in die neue Zeit der Videospielentwicklung ebenfalls verschlafen. Zum einen will er beinahe jeden Monat neue Effekte in das Spiel einfliessen lassen und bringt selbst immer wieder neue Ideen ein. Ein Entwickler wird mit den Worten zitiert: "Wir mussten hoffen, dass George kein neues Spiel am Markt entdeckte und spielte. Hatte es eine gute Idee so sollten wir es gleich in Duke Nukem integrieren."

Das Ende ist nah

Im August 2006 hatte sich das EntwicklerInnen-Team halbiert - von 15 waren nur mehr 8 übrig. Broussard verschlief hier, dass Computerspiele mittlerweile nicht mehr wie in den 90er Jahre in kleinen Teams - sondern mit enormen Ressourcen entwickelt wurden. Zu spät wurde gegengesteuert und das Team auf mehr als 30 Leute aufgestockt.

Das Ende

Neue MitarbeiterInnen brachten neue Sichtweisen ein und fanden zudem ein sehr weit fortgeschrittenes Spiel vor, das einzig an Broussards Erwartungshaltung und Unzufriedenheit zu scheitern drohte. Neue EntwicklerInnen sorgten zudem auch sehr schnell für neues Bild- und Videomaterial.

 

Aus und vorbei

Doch dann setzte Take Two die Daumenschrauben an. KritikerInnen meinen, dass der Publisher sehr an der Marke, weniger an der Vaporware des Jahrzehnts interessiert war und ist - aber dies muss ein Gericht klären. Fest steht, dass am 26. Jänner 2009 Broussard mit einer Kopie des Spiels zu Take Two flog und den Publisher begeistern wollte. Aber es war zu spät. Das Geld war aufgebraucht und ebenso die Geduld von Take Two. Am 6. Mai wurde der Duke offiziell zu Grabe getragen. Broussard versammelte noch einmal sein Team zu einem letzten Gruppenbild und dann war das Ende besiegelt.

Fragen über Fragen

Ob der Duke jemals wieder in Erscheinung treten wird, ist fraglich, aber wahrlich nicht unmöglich. Take Two will vor Gericht alle Rechte erkämpfen und sich zudem den Quellcode von Duke Nukem Forever holen. Broussard und Miller werden dagegen halten. Imemrhin haben die beiden mehr als 12 Jahre ihres Lebens in das Projekt gesteckt. Noch ist der Duke nicht tot, aber nun liegt die Entscheidung nicht mehr in den Händen der EntwicklerInnen.(red)