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Das Begräbnis von Hossein-Ali Montazeri geriet zur politischen Kundgebung der Opposition. Der Ayatollah, seit 20 Jahren ein scharfer Regimekritiker, unterstützte die junge Reformbewegung.

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Das Begräbnis des regimekritischen Ayatollahs Hossein-Ali Montazeri in Ghom wurde zum Protest Zehntausender.

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Aueinandersetzungen am Rande der Begräbnisfeierlichkeiten.

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Teheran/Wien - Zehntausende, nach anderen Quellen hunderttausende Menschen sind am Montag im Iran dem Aufruf von Oppositionsführern gefolgt und haben am Begräbnis von Ayatollah Hossein-Ali Montazeri in Ghom teilgenommen. Sie wurden dort von regierungsnahen Radikalen empfangen, die die - sehr politischen - Sprechchöre der Trauernden mit Gegenparolen zu stören versuchten.

Montazeri, der prominenteste Dissident des islamischen Systems im Iran seit den 1980er-Jahren, war in der Nacht zum Sonntag 87-jährig verstorben. Schon auf dem Weg nach Ghom sollen prominente Oppositionelle abgefangen worden sein - wobei es keine unabhängigen Bestätigungen für die gemeldeten Vorfälle, auch beim Begräbnis selbst und in der Nähe des Wohnhauses Montazeris, gibt. Ausländische Journalisten durften nicht nach Ghom.

Das Regime hat auch für das nächste Wochenende, am Ende der ersten Trauerwoche, Proteste zu erwarten. Der Termin fällt mit Ashura zusammen, dem Trauertag um Imam Hossein (gefallen 680 in einer Schlacht mit den sunnitischen Umayaden). Die öffentliche Trauer zu Ashura zu verbieten ist undenkbar - die Opposition wird sie auf ihre Weise nützen.

"Unschuldiger Montazeri, dein Weg wird weiter beschritten, auch wenn der Diktator Kugeln auf unsere Köpfe regnen lassen sollte" , riefen die Teilnehmer des Trauerzugs am Montag unter anderem. Nach Angaben im Internet beschimpften Basij-Milizen die Trauergäste, zum Teil mit Megafonen ausgestattet, um sie zu übertönen. Auch zu Zusammenstößen zwischen Sicherheitskräften und Oppositionellen, die grüne Bänder als Symbol für ihre Bewegung trugen, soll es gekommen sein.

Die Oppositionsführer, die ehemaligen Präsidentschaftskandidaten Mir-Hossein Mussavi und Mehdi Karrubi, waren ebenfalls in Ghom. Montazeri hatte sich im Konflikt nach den Präsidentschaftswahlen im Juni klar auf ihre Seite gestellt, der Regierung von Mahmud Ahmadi-Nejad die Legalität abgesprochen und sogar die religiöse Führung von Ali Khamenei direkt angegriffen. Dieser gab am Sonntag eine respektvolle, aber kühle Kondolenzerklärung ab. Montazeri hatte nie mit seiner Meinung hinter dem Berg gehalten, dass er Khamenei für ein theologisches Leichtgewicht hielt.

Der Bruch Montazeris mit demRegime fällt in die Zeit, als Mussavi noch Ministerpräsident war - und als solcher mitverantwortlich für Exekutionen von politischen Häftlingen, die Montazeri 1989 öffentlich kritisierte. Kritische Briefe von ihm an Khomeini gibt es aber schon aus den Jahren zuvor. Für Auswüchse wie die Fatwa gegen Salman Rushdie hatte er nur beißenden Spott übrig. In der Folge wurde Montazeri - zuvor der designierte Nachfolger Khomeinis - nach Ghom verbannt, wo er lange unter Hausarrest stand.

Montazeri forderte jahrelang mehr Grundrechte, die rechtsradikale Wende der letzten Jahre hatte jedoch dazu geführt, dass er immer mehr mit dem System an sich abschloss. Vor kurzem entschuldigte er sich für die Besetzung der US-Botschaft 1979. Die von ihm mitgeschriebene iranische Verfassung bezeichnete er zuletzt nicht nur als falsch umgesetzt, sondern als prinzipiell defekt. Für die grüne Bewegung war er Symbol und Unterstützung - spielte aber aufgrund seines Alters, aber wohl auch wegen seiner jahrelangen Isolation keine praktische Rolle.

Die Oppositionsführer hatten die Anhänger der grünen Bewegung aufgefordert, zum Begräbnis des berühmtesten iranischen Dissidenten, Ayatollah Montazeri, nach Ghom zu kommen. (Gudrun Harrer/DER STANDARD, Printausgabe, 22.12.2009)