Der Zeitpunkt war vom Rektorat gut gewählt. Um 6:30 Uhr wurde das Audimax am Montag geräumt. Aufgrund der frühen Stunde, des nahenden Weihnachtsfestes und der bitteren Kälte waren nur 15 Studenten und rund sechs Mal so viele Obdachlose anwesend. Sie verließen den Hörsaal widerstandslos. Nach 60 Tagen polarisierender Debatten von Gegnern und Befürwortern der Uni-Proteste ist das Audimax damit zum ersten Mal wieder unbesetzt.

Beim Protest war in den letzten Tagen und Wochen die Luft ein wenig draußen. Dass die Besetzung irgendwann zu Ende gehen würde, war klar. Vielleicht ist es gar nicht schlecht, dass es noch vor Weihnachten passiert ist. Die Studierenden haben ohnehin schon etwas erreicht: es ist wochenlang über Bildungspolitik diskutiert worden, sie haben Sympathien gewonnen und es wird auch noch weiter debattiert werden.

Gegen Ende des Protestes wurde allerdings ein Nebenaspekt zum Hauptaspekt. Immer mehr Obdachlose belagerten das Audimax, weil sie nicht wussten, wohin. Seit heute stehen sie bei frierender Kälte wieder im Freien und sind die Leidtragenden. Vielleicht finden sie im Hörsaal C1 noch für kurze Zeit Unterschlupf. Nach der Räumung des Audimax versammelten sich hier mehr als 200 Studierende, um den Protest aufrecht zu erhalten. Es ist aber absehbar, dass auch dieser Hörsaal bald geräumt wird.

Die Studierenden müssen dennoch nicht enttäuscht sein. Denn, wie gesagt, es gab Diskussion und Raum für ihre Anliegen in der Öffentlichkeit. Dass sich kurzfristig gesehen nichts ändern wird, ist vielleicht demotivierend, aber längerfristig wird bei den Verantwortlichen etwas von den Forderungen in den Köpfen hängen bleiben. Und vielleicht können sich die Studenten kurz vor Weihnachten damit trösten, dass sie Obdachlosen über mehrere Wochen hinweg geholfen haben. Mehr konnten sie nicht tun und es liegt auch nicht in ihrer Verantwortung. Die Proteste wurden auch nicht aus diesem Grund initiiert, sondern es war der Lauf der Dinge, der diese Problematik zu Tage förderte.

Vielmehr ist jetzt die Stadt Wien gefordert, sich um die Betroffenen zu kümmern und zu schauen, dass sie über die Feiertage hinaus ein Dach über dem Kopf haben. (Rosa Winkler-Hermaden, derStandard.at, 21.12.2009)