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Wagte Alleingang mit Fekter: Eberaus ÖVP-Bürgermeister Walter Strobl

Foto:APA/ANDREAS PESSENLEHNER

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Frostiges Wetter und Winteridylle im südburgenländischen Eberau. Die politischen Diskussionen nach dem Beschluss, hier ein drittes Erstaufnahmezentrum zu errichten, sind umso heißer

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Im Burgenland herrscht nach dem Beschluss, für Asylwerber in Eberau ein Erstaufnahmezentrum zu bauen, Aufregung. Irritiert zeigt sich auch Bundeskanzler Werner Faymann.

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Wien/Eisenstadt - Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) ist mit der Entscheidungsfindung Innenministerin Maria Fekters (ÖVP) für das bundesweit dritte Erstaufnahmezentrum im südburgenländischen Eberau unzufrieden. "Statt einen solchen Alleingang zu vollziehen, wäre es klüger gewesen, die Regierungskollegen vorab zu informieren", sagte sein Sprecher Leo Szemeliker am Sonntag zum Standard.

ÖVP-Bürgermeister stellte Gemeinderat vor vollendete Tatsachen

Der Gemeinderat des 960-Einwohner-Ortes im Grenzgebiet zu Ungarn war Freitagabend vor vollendete Tatsachen gestellt worden: es liege eine gültige Baubewilligung für das Zentrum vor, in dem ab 2012 rund 300 Flüchtlinge die ersten paar Wochen ihres Asylverfahrens verbringen sollen, teilte Bürgermeister Walter Strobl (VP) mit. Von seinen vorhergehenden Verhandlungen mit Fekter hatte er nichts verlauten lassen.

Fekter informierte Faymann erst Freitagnachmittag

Fekter wiederum hatte Faymann erst Freitagnachmittag telefonisch über den Zuschlag für Eberau informiert, als sich dieser noch beim Weltklimagipfel in Kopenhagen befand. Rückwirkend betrachtet ist das für den Regierungschef "vor allem angesichts der jetzt heftigen politischen Reaktionen verbesserungswürdig", sagt Szemeliker.

Faymann kritisiert nicht Projekt sondern Geheimhaltung

Die Kritik, so betont dieser, richte sich keineswegs gegen das Projekt als solches ("Es ist allen Verantwortlichen klar, dass wir ein drittes Erstaufnahmezentrum brauchen, um jenes im niederösterreichischen Traiskirchen zu entlasten"), sondern gegen die Geheimhaltung im Vorfeld.

Projekt in Kärnten gescheitert

Diese wird von Fekter-Sprecher Gregor Schütze verteidigt. Nachdem Diskussionen über ein drittes Erstaufnahmezentrum in Kärnten zur Niederschlagung des Projekts geführt hatten "haben wir in Eberau eben einen neuen Weg beschritten", sagt er. Informiert worden seien "alle, bei denen dies notwendig war". "Würde Fekters Politik der Härte nicht zum schlechten Image von Asylwerbern beitragen, könnte sie hier mit offenen Karten spielen", meint dazu die Grünen-Integrationssprecherin Alev Korun

"Wir waren schneller als die Verhinderer"

Am Samstag hatte sich Fekter selbst zufrieden mit dem Eberauer Beschluss gezeigt: "Wir waren schneller als die Verhinderer", konterte sie auf Kritik des burgenländischen Landeshauptmanns Hans Niessl (SPÖ). Am Sonntag hieß es aus Regierungskreisen, Fekter plane, sich beim Ministerrat am kommenden Dienstag den Regierungssanktus für Eberau zu holen. "Das ist rechtlich nicht nötig und wird deshalb nicht ins Auge gefasst", reagierte Schütze,

Im Burgenland, wo 2010 gewählt wird, ist die Aufregung nach dem Überraschungscoup groß. Im Jänner tritt dort ein neues Landesraumordnungsgesetz in Kraft, das Großprojekten wie einem Erstaufnahmezentrum härtere Auflagen erteilt; der Eberauer Beschluss kam dem knapp zuvor.

Volk soll befragt werden

Die SP beschuldigt die VP, das neue Raumordnungsgesetz verzögert und den Eberauer Beschluss damit ermöglicht zu haben. Landeshauptmann Niessl will eine Volksbefragung in der Region initiieren. Ein solches Referendum erwägt auch VP-Obmann Franz Steindl, FP-Landesobmann Johann Tschürz wiederum will "sofort" mit der Unterschriftensammlung starten.

In Eberau selbst wusste laut Informationen des Standard außer Bürgermeister Strobl nur sein unter Verschwiegenheitspflicht stehende Amtssekretär von den Plänen. Diese wurden im Land begutachtet und bewilligt. In den Unterlagen sei immer nur von einem "Wohnbauprojekt" die Rede gewesen. (Irene Brickner Wolfgang und Weisgram, DER STANDARD Printausgabe 21/22.12.2009)