Als Wolfgang Schüssel im Jahr 2000 - und erst recht mit der gestärkten Mehrheit 2003 - antrat, das Land im konservativen Sinne zu reformieren, war die Pensionsreform ein Kernstück der Agenda. Da die Menschen länger leben, sollten sie auch länger im Berufsleben bleiben. Hinter dieser Forderung stand die Überlegung, dass das Pensionssystem instabil würde, weil man ja nur an drei Schrauben drehen kann: Entweder die Beiträge und die Steuerlast für den Bundeszuschuss steigen drastisch, nämlich um über 50 Prozent. Oder man kürzt die Pensionen - was noch unangenehmer wäre und gegen die gut organisierten Pensionistenverbände kaum durchzusetzen ist.

Am relativ einfachsten erschien noch, die Zeit des Pensionsbezugs zu verkürzen - nämlich durch Erhöhung des Pensionsantrittsalters. Dafür gibt es gute Argumente. Zum Beispiel, dass die Menschen in Österreich im Vergleich zu 1970 im Schnitt um zwölf Jahre länger den Ruhestand genießen können. Also wurde ein System entwickelt, das das reale Pensionseintrittsalter schrittweise an das seit Jahrzehnten vom Gesetzgeber vorgesehene heranführen sollte.

Diese Reformbemühungen sind gescheitert. Nach wie vor liegt das reale Pensionsantrittsalter im Schnitt bei 59 Jahren. Schuld daran ist die sogenannte Hacklerregelung: Sie sollte jene Arbeitnehmer begünstigen, die früh ins Berufsleben eingetreten sind und jahrzehntelang schwer gehackelt haben. Diese einfachen Arbeiter hat man aber nicht erwischt - sie hatten typischerweise keine kontinuierlichen Berufsverläufe. Die für eine abschlagsfreie vorzeitige Alterspension notwendigen Versicherungsjahre (45 für Männer und 40 für Frauen) erreichen am ehesten Angestellte, die seit ihrer Jugend in ein und demselben Betrieb gearbeitet haben. Echte Hackler sehen anders aus.

Sozialminister Rudolf Hundstorfer versucht nun, das im Wahlkampffieber des Vorjahres bis 2013 verlängerte System zumindest für die Zukunft abzuschwächen: Er will das Alter schrittweise erhöhen, mit dem man bei langer Versicherungsdauer abschlagsfrei in Pension gehen darf. Der Ansatz ist richtig, geht aber zu wenig weit: Wer früher in Pension geht, müsste aus versicherungsmathematischen Gründen jedenfalls Abstriche bei der Pensionshöhe hinnehmen.

Aber das traut sich keiner laut zu sagen. Viel populärer ist die von Gewerkschaftsseite erhobene Forderung, "auch für die Jüngeren eine klare Perspektive eines abschlagsfreien Pensionsantritts durch die Langzeitversichertenregelung zu erhalten" . Wer solche Forderungen erhebt, sollte aber dazusagen, ob er lieber im Gegenzug lieber alle Beiträge kräftig anheben oder alle Pensionen kräftig kürzen will. (Conrad Seidl/DER STANDARD-Printausgabe, 21. Dezember 2009)