Der "andere" Kärntner, Josef Bucher, ist ein klassischer Wirtschaftsliberaler des Mittelstandes, der in Deutschland Mitglied der FDP wäre. Konsequenterweise ist er gegen Zwangsmitgliedschaften und für "Wahlfreiheit" . Er schätzt, wie er in der sonntägigen ORF-Pressestunde mehrmals betont, demokratische Abstimmungen. Bucher ist kein Egomane, kein Anhänger des "Führerprinzips" - dessen Dynamik ja die Spaltungen im "dritten Lager" auslöst.

Den Verlust der Kärntner Herrenmenschen um die Gebrüder Scheuch herum empfindet er deshalb als Gewinn. Das BZÖ soll eine österreichische FDP werden. Geht das?

1993 hat Heide Schmidt den bis zum Dezember 2009 letzten Versuch gestartet, im Parteienspektrum eine liberale Fraktion zu etablieren. Sie scheiterte, aber sie war und blieb für linksliberale Städter mit ihrer an Ralph Dahrendorf orientierten Verantwortungsethik eine Frau mit Charisma.

Sie verlor, weil sie politische Fehler machte und weil ihr Alexander Van der Bellen ein bis zwei Prozent der Wählerschaft abspenstig machte. Er war als Grünen-Chef eine charismatische Persönlichkeit, gleichzeitig aber eine (links)liberale Leitfigur.

Über all diese Qualitäten verfügt Bucher nicht. Er würde eine Art Grasser brauchen - ohne Neigung zum Jetset und zu riskanten Buberl-Geschäften. Peter Westenthaler ist es nicht. Er hat auch in der Politik den Habitus eines Fußballfunktionärs. Und der wortgewaltige Ewald Stadler eignet sich ebenfalls nicht. Er ist katholisch-konservativ, freiheitlich und national. Warum Bucher in der Pressestunde diese beiden und andere als Rechtsliberale verteidigte? Sowohl Waltraud Langer als auch Michael Fleischhacker haben das nicht begriffen: In Österreich war unter den Liberalen die national-liberale Richtung immer die stärkste - und schillerndste.

Jörg Haider war ihr bisher gewaltigster Vertreter - weshalb viele in der Person seiner Witwe oder seiner Schwester Ursula Haubner eine Integrationsfigur sehen. Beide tragen viele historische Devotionalien mit sich, aber sie sind für eine moderne, offensive Partei zu mütterlich und letztlich zu still.

Insgesamt keine guten Karten für ein BZÖ ohne Kärnten und ohne eine Bank, aus der man immer wieder Geld für Wahlkämpfe und Volksbegehren ziehen könnte.

Für die ÖVP machte es Sinn, einen Mittelständler wie Bucher herüberzuziehen, obwohl er das Bündesystem ablehnt. Aber koalieren? Dafür ist das BZÖ viel zu klein.

Josef Pröll hat (siehe den Fall Graf) die Brücken zur FPÖ nie abgebrochen. Dazu kommt eine erneut wachsende Neigung unter den ÖVP-Bauern: eine (unbewusste) Sympathie für das Gedankengut des "Landbundes" , der in den 20er- und 30er-Jahren in Kärnten und in der Obersteiermark führend war - als Verfechter der Scholle, als Jäger mit Leib und Seel. Ihr Kirchenverständnis liegt weit weg von jenem der Kirchenvolksbegehrer. Sie stehen loyal zu den formalen Traditionen der christlichen Kirchen - sind mitunter sogar fromm und spendenfreudig. Aber eine Reformkirche ist nicht ihre Sache.

So ist die Gemengelage im Hintergrund des Parteienspektrums. Josef Pröll kann zwar gut mit Werner Faymann, aber innerlich vielleicht besser mit den Kärntner Herrenbauern. (gerfried.sperl@derStandard.at/DER STANDARD-Printausgabe, 21. Dezember 2009)