Dieser Anschluss war fast zwingend: Wer sich wie der Kärntner Landeshauptmann Gerhard Dörfler im "monetären Abwehrkampf" wähnt und ständig "Sieg" brüllt, wenn es eigentlich darum geht, Verantwortung für ein Milliardendesaster zu übernehmen, ist bei Heinz-Christian Strache richtig. Einem Mann, der Neonaziaktionen wie im KZ Ebensee für "dumme Lausbubenstreiche" und Wehrsportübungen für harmlose Paintball-Spiele hält, bei denen drei Bier bestellt werden. Auch die Scheuch-Brüder, deren Auftritt Josef Bucher eindrucksvoll geschildert hat ("Stiefel hätten noch dazugepasst, dann wäre die Gestapo-Szenerie perfekt gewesen" , "dass einer ständig einen Feitl eingesteckt hat, ist bekannt" ), haben die rechte Gesinnung. Dass Geldangebote im Spiel waren, verwundert angesichts der üblichen monetären Verteilaktionen in Kärnten nicht.

Hellhörig muss allerdings Buchers Aussage machen, dass ihm von Scheuch auch ein Ministeramt in einer schwarz-blauen Regierung offeriert worden sei, weil die ÖVP in nächster Zukunft eine Koalition mit der FPÖ vorbereite. Selbst wenn die ÖVP sich bemühte, dies als absurd abzutun, so war dies keine Absage an eine solche politische Konstellation. Zwar fehlen Schwarz-Blau im Moment drei Abgeordnete für eine derartige Mehrheit, aber das ist nicht viel.

Derzeit steht ein fliegender Koalitionswechsel nicht an. Aber für die ÖVP ergibt sich eine Erweiterung ihrer Möglichkeiten und ein neues Druckmittel gegen den Koalitionspartner SPÖ. Es war auffällig, dass ÖVP-Chef Josef Pröll auch am zweiten Tag der Wiedervereinigung im Dritten Lager nichts zur Aussage von Ewald Stadler sagte, dass Pröll den Deal als Nebenabsprache der Hypo-Vorkommnisse eingefädelt habe. Pröll ließ nur ausrichten, er nehme nicht zu "abstrusen Verschwörungstheorien Stellung" . Ein klares Dementi klingt anders. Wer abtaucht, vermittelt den Eindruck, es könne etwas dran sein. Im Februar ist es zehn Jahre her, dass Wolfgang Schüssel Schwarz-Blau gebildet hat.

Pröll, der ein liberales Image hatte, als er vor etwas mehr als einem Jahr die ÖVP übernommen hat, hat es bisher auch in der Causa Graf nicht für nötig befunden, eine klare Abgrenzung vorzunehmen. Die ÖVP war bisher nicht bereit, die Möglichkeiten auszuschöpfen, die es zur Abwahl des Dritten Nationalratspräsidenten Martin Graf gibt.

Auffallend still verhält sich aber auch Bundeskanzler Werner Faymann. Rot-Blau ginge sich rechnerisch schon jetzt aus. Der SPÖ-Chef legt sich selten fest, in dem Punkt hat er es aber getan: keine Koalition mit der FPÖ. In den Ländern gibt es diese klare Positionierung nicht, SP-Landeshauptleute wie Gabi Burgstaller in Salzburg haben die rot-blaue Option als durchaus möglich bezeichnet. In der Steiermark könnte Franz Voves im nächsten Jahr bei der Wahl durchaus in die Versuchung kommen, eine Koalition mit der FPÖ zu bilden. Ob Faymann seinen Kurs in dieser Frage beibehält oder diesen revidieren muss, etwa um überhaupt Parteichef zu bleiben, wird sich weisen.

Die Wahlen 2010 werden zum Test, auch für Faymann. Vor allem der Urnengang in Wien wird Aufschluss über die Stärke des Dritten Lagers und die politische Einstellung der Menschen in diesem Lande geben. Es ist zu befürchten, dass sich die Stimmungsmacher durchsetzen - nicht zuletzt in Zeiten steigender Arbeitslosigkeit. Das populistische Potenzial hat sich durch das Zusammengehen von Kärntner Populisten und freiheitlichen Zündlern erhöht.

Im Lichte der Erfahrungen vor fast zehn Jahren muss Österreich davon ausgehen, dass sich "abstruse Verschwörungen" wieder als Wirklichkeit herausstellen können. (Alexandra Föderl-Schmid/DER STANDARD-Printausgabe, 18. Dezember 2009)