Es geht viel schneller, und manchmal geht es nur mit dem Fakelaki, dem Geldumschlag, um eine Baugenehmigung oder eine Therapie beim Arzt zu bekommen. Regeln, die überhaupt so etwas wie ein Gemeinwohl ermöglichen, werden in Griechenland von vielen einfach nicht respektiert. Auch der Staat ist für manche bloß dazu da, um ihn auszutricksen. Das Vertrauen in die politischen und für den Rechtsstaat relevanten Institutionen ist im Keller. Die wirtschaftliche Katastrophe ist angesichts dessen nur ein Symptom für eine Gesellschaft, die trotz 28 Jahren EU-Mitgliedschaft durch Korruption und Vetternwirtschaft gelähmt ist.

Auch der neue Premier Giorgos Papandreou hat seine Karriere seiner Abstammung zu verdanken. Immerhin streitet er nicht ab, dass sein Land heute "auf der Intensivstation" liegt. Der innenpolitischen und wirtschaftlichen Krise wird im besten Fall eine Katharsis folgen. Außenpolitisch kann die Schwächung Griechenlands durchaus etwas bringen. Schließlich spielt Athen eine Schlüsselrolle in drei Fragen, die die EU-Erweiterung betreffen.

In unsolidarischer Weise hat Griechenland ja bisher den Nato-Beitritt und EU-Beitrittsverhandlungen von Mazedonien wegen des Namensstreits verhindert. Auch für eine Wiedervereinigung in Zypern müsste Athen mehr Druck machen. Druck auf Athen schadet da nicht. Auch die Veto-Keule gegen die Türkei könnte nun öfters im Sack bleiben. Dank der innenpolitischen Krise und Papandreous außenpolitischer Erfahrung gibt es die Chance, dass sich zumindest in den Nachbarbeziehungen die Vernunft durchsetzt.(Adelheid Wölfl, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 18.12.2009)