Wer auf der Parlamentshomepage – dort, wo die Gesetzesvorhaben aufgelistet sind, die sich in Begutachtung befinden – die Seite mit dem Entwurf fürs neue Telekommunikationsgesetz aufmacht, trifft auf den Gesetzestext allein. Bisher ist kein Pro oder Kontra zu den Plänen, umfassenden behördlichen Zugriff auf Handytelefonierer, E-Mail-Schreiber und Co durch Vorratsdatenspeicherung zu ermöglichen, online gegangen: aus dem schlichten Grund, weil es bisher noch keine Stellungnahme gibt.

Bemerkenswert und bedenklich

Das ist bemerkenswert und bedenklich, selbst wenn man in Rechnung stellt, dass für Stellungnahmen noch über die Feiertage Zeit ist. Denn besagte Novelle birgt datenschützerischen und menschenrechtlichen Sprengstoff. Sie geht all jene an, die Wert auf freie Verteidigung vor Gericht und mutigen Journalismus legen. Die es darüber hinaus nicht schätzen, wenn Sicherheitsbehörden Aufschluss bekommen, wann und wie lange sie mit – sagen wir – ihrer Oma telefoniert haben. Und es danach nicht einmal erfahren: Informationsrecht für schuldlos Ausgespähte ist nicht vorgesehen.

Schweigen im Walde

In Deutschland, wo die diesbezügliche EU-Richtlinie bereits in Gesetzesform gepackt worden ist, wird heftig darüber diskutiert. Das Bundesverfassungsgericht berät, ob der Europäische Gerichtshof angerufen werden soll. In Bulgarien und Rumänien haben Höchstgerichte die betreffenden Gesetze gekippt. In Österreich hingegen herrscht bisher großteils Schweigen im Walde: eine Lehre zum Thema Grundrechtsbewusstsein.(Irene Brickner, DER STANDARD, Printausgabe vom 18.12.2009)