Köln - In mehr als 5.000 Metern Tiefe haben Forscher im Meer überraschend viele bisher unbekannte Einzeller mit erstaunlichen Fähigkeiten entdeckt. "In verschiedenen Tiefseebecken des Südatlantiks haben wir völlig unerwartet eine hohe Zahl von unbekannten Organismen - vor allem Geißeltierchen - entdeckt, die eine große Bedeutung für die Tiefsee-Ökologie haben", sagte Hartmut Arndt vom Zoologischen Institut der Kölner Universität.

"Wir haben erstmals überhaupt solche Organismen aus dem Tiefsee-Sediment aufgespürt, sie sind erstaunlich vielfältig, trotz des geringen Nahrungsangebots", sagte Arndt. "Wir haben viele Tierarten nach oben geholt, die nie zuvor von einem Menschen erblickt worden sind und die in keiner internationalen Gen-Datenbank bekannt sind. Wir können jetzt neu sagen, dass es ähnlich viele Einzeller-Organismen in der Tiefsee gibt wie im Flachwasser."

Sauerstoff-Polizei

Die zwei bis zehn Mikrometer kleinen Organismen haben wichtige Funktionen und sind äußerst nützlich. "Je mehr Arten da sind, desto stabiler ist ein Ökosystem", erklärte der Forscher. "Die Geißeltierchen helfen, den Sauerstoff-Haushalt in der Tiefe zu regulieren. Sie fressen Bakterien. Bakterien konsumieren ja Sauerstoff." Gebe es einen Wachstumsschub bei Bakterien, könnten auch die Geißeltierchen binnen Minuten aus ihren Ruhestadien schlüpfen und die Bakterien-Massen wegfressen.

"Damit können Sauerstoffdefizite vermieden werden. Die Geißeltierchen sind also extrem nützlich für Krebstiere, Ruderfußkrebse, Muscheln, Schnecken, Schlangensterne, Seesterne, Seegurken und eine Reihe von Tiefseefischen", betonte der Kölner Wissenschafter. Er hatte mehrfach gemeinsam mit seinem Kollegen Frank Scheckenbach an international besetzten Expeditionen teilgenommen. Dabei waren mit Bodengreifern, Schleppnetzen und einem Tiefseeschlitten Bodenproben erstmals aus bis zu 5.500 Metern Tiefe geholt worden.

"Die Geißeltierchen sind außerdem wiederum wichtige Nahrungsquelle für größere Tierchen." Man kultiviere nun einige Organismen, etwa um deren Nahrungsmittel-Strategien besser zu ergründen oder zu klären, wie sie den Extremdruck von 250 bar in der Tiefe aushalten.  (APA)