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Connie Hedegaard

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Der äthiopische Ministerpräsident Meles Zenawi und Frankreichs Präsident Sarkozy bei Vorbesprechungen in Paris rund um den UNO-Klimagipfel.

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Kopenhagen - Afrikanische Länder haben zum Endspurt-Auftakt des Klimagipfels ihre Forderungen an die Industrienationen zurückgeschraubt und damit möglicherweise den Weg zu einem Kompromiss frei gemacht. Der für die Afrikaner sprechende äthiopische Ministerpräsident Meles Zenawi erklärte sich am Mittwoch in Kopenhagen mit dem Vorschlag der reichen Länder einverstanden, den Entwicklungs- und Schwellenländern beim Klimaschutz bis 2020 mit jährlich 100 Milliarden Dollar unter die Arme zu greifen. Um eine realistische Finanzierung zu erreichen, schraube er die Forderungen der Länder des schwarzen Kontinents zurück. "Ich weiß, dass mein Vorschlag heute einige afrikanische Länder enttäuschen wird", räumte Zenawi ein.

Die afrikanischen Delegationen hatten zum Auftakt der Konferenz noch eine Anschubfinanzierung von 400 Milliarden Dollar pro Jahr bis 2020 gefordert. Zenawi unterstützte auch den Vorschlag von UN und EU, den Entwicklungsländern in der Zeit von 2010 bis 2012 mit jährlich zehn Milliarden Dollar zu helfen.

Konferenzleiterin gibt Vorsitz ab

Die Klimaverhandlungen von Kopenhagen stehen seit Mittwoch unter neuer Führung: Die bisherige Vorsitzende, die designierte EU-Klimaministerin und dänische Klimaministerin Connie Hedegaard, trat in die zweite Reihe zurück und ließ ihrem Regierungschef den Vortritt. Damit führt Ministerpräsident Lars Lökke Rasmussen die Geschicke des Gipfels, auf dem nach und nach andere Regierungschefs eintrafen. Proteste vor dem Konferenzzentrum hatten rund 260 Festnahmen zur Folge.

Das UN-Klimasekretariat begründete die Wachablösung an der Konferenzspitze damit, dass mehr und mehr Staats- und Regierungschefs eintreffen. Hedegaard, die ehemalige dänische Klimaministerin, sagte dazu, mit so vielen Staats- und Regierungschefs sei es angemessen, dass der Premierminister der Konferenz vorsitze. Rasmussen machte Hedegaard zu seiner speziellen Vertreterin.

Der Schritt löste zahlreiche Spekulationen aus: Kritisch beurteilte dies etwa der SPD-Europaabgeordnete Jo Leinen, der ein anderes Szenario zugrunde legte: Rasmussen habe "aus politischen und populistischen Gründen das Szepter in die Hand genommen". Er und Hedegaard "waren sich nicht einig, wer erste Geige spielt", so Leinen, der aber auch auf das Protokoll in dieser Frage verwies. Außerdem sieht er auch etwaige Nachwehen für die europapolitische Karriere der designierten Kommissarin, die sich noch einem Hearing des Parlamentes stellen muss: Je nach Erfolg der Kopenhagener Konferenz müsse Hedegard auch mit kritischen Fragen der Abgeordneten rechnen, sagte Leinen. "Wenn das noch ein Erfolg wird, ist sie fein raus." Sollte Kopenhagen aber ein Misserfolg werden, "dann geht das auch mit ihr nach Hause".

Bedenken und Verzögerungen

Die Umweltminister bereiteten unterdessen für die Staats- und Regierungschefs in zähen Beratungen weiter den Boden. Vor der Schlussrunde der etwa 120 Staats- und Regierungschefs am Freitag wollen sich die Minister auf Entwürfe für die Grundzüge eines Klimaabkommens geeinigt haben. "Die Arbeitsgruppenarbeit ist heute um 7.00 Uhr morgens beendet worden", sagte deutsche Umweltminister Norbert Röttgen am Mittwoch. Es habe einige Verzögerungen gegeben, weil die Entwicklungsländer Bedenken gehabt hätten.

Auf Grundlage des Hedegaard-Papiers werde eine Gruppe von 25 Staaten einen Text für die Staats- und Regierungschefs ausarbeiten, die sich am Freitag zusammensetzen und abschließend abstimmen wollen. Für die Europäer sind laut Röttgen Deutschland, Schweden, Spanien, Großbritannien, Frankreich und Polen in der 25er Gruppe vertreten. Eine Vereinbarung von Kopenhagen müsse politisch bindend sein, sagte Röttgen, so dass sie innerhalb eines halben Jahres in einen völkerrechtlich bindenden Vertrag überführt werden könne.

Berlakovich: "Entwicklungsländer als Bremser"

Umweltminister Nikolaus Berlakovich (ÖVP) sieht beim Klimagipfel in Kopenhagen derzeit vor allem die Entwicklungsländer als Bremser: "Insbesondere die G-77 (Zusammenschluss der Entwicklungsländer, Anm.) blockieren seit längerer Zeit", kritisierte er am Mittwoch in Kopenhagen vor österreichischen Journalisten. Er pochte erneut darauf, dass die USA und China mit an Bord müssten.

Nach derzeitigem Verhandlungsstand dürften die beiden bisherigen Verhandlungsstränge der Konferenz auch in zwei getrennte Abkommen münden - einer setzt das Kyoto-Abkommen fort, dem die USA nie beigetreten sind, und das verpflichtende Reduzierungen von Treibhausgasen für die Industriestaaten vorsieht. Der andere Strang beruht auf der Klimakonvention von Rio de Janeiro von 1992, die alle Länder umfasst, aber noch keine bindenden Verpflichtungen enthält. Berlakovich betonte, dass ein einziges verbindliches Weltklimaschutzabkommen das Ziel sei.

Die Entwicklungsländer drohten mit einem Scheitern des Klimagipfels, wenn die Industriestaaten keine kurzfristigen und langfristigen Finanzhilfen zusagen. Der Sprecher der in der Gruppe G77 zusammengeschlossenen Länder, Lumumba Stanislaus Di-Aping, reagierte am Mittwoch mit einer entsprechenden Ankündigung in Kopenhagener Medien auf Äußerungen von UN-Generalsekretär Ban Ki Moon. Dieser hatte erklärt, es sei auch ein Abkommen ohne langfristige Finanzzusagen denkbar.

260 Festnahmen

Turbulent ging es am Mittwoch vor allem vor dem Konferenzzentrum zu: Bei einer Demonstration nahm die Polizei rund 260 Personen fest. Laut Berichten der dänischen Nachrichtenagentur Ritzau stürmten Beamte zunächst ein Fahrzeug, in dem sich die Leiter der Demonstration aufgehalten hatten, und nahmen deren Chefin fest. Die Polizei habe begonnen, alle Demonstranten aus der Umgebung des Bella Center zurückzudrängen. Diese seien zum Teil mit Gruppeneinsatzfahrzeugen bereits in das extra für die Dauer des Klimagipfels eingerichtete Anhaltezentrum gebracht worden. Einer Gruppe von fünf Demonstranten war es außerdem gelungen, die Sperre der Polizei rund um das Bella Center zu durchbrechen und in einem Kanal auf Luftmatratzen schwimmend auf das Tagungsgelände zu gelangen. Diese Personen wurden laut Ritzau ebenfalls festgenommen. (Reuters/APA)