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Gerlald Matt. "Wir haben uns in unserer Geschichte immer wieder neu erfunden und sind umgezogen. Ich finde das für ein zeitgenössisches Haus auch total spannend."

Foto: AP Photo/Lilli Strauss

Wien - Der Direktor der Kunsthalle Wien, Gerald Matt, sieht das seit 1996 von ihm geleitete Haus als "Reputationsmaschine für Kunst, Künstler und den Kunststandort Wien". Daher ist ihm die Zusammenarbeit der Kunsthalle mit internationalen Institutionen und die Strahlwirkung der hier entwickelten Ausstellungen wichtiger als die immer wieder ausbrechenden Standort-Debatten vor Ort. Das betonte Matt am Dienstag. Das Ausstellungsprogramm für 2010 steht im Zeichen eines "Comebacks der 80er Jahre", einer Beschäftigung mit feministischer Pop Art und einer weiteren Fortsetzung der erfolgreichen Serie "Lebt und arbeitet in Wien".

Wie schon in den beiden vorangegangenen Jahren werden 2009 rund 160.000 bis 170.000 BesucherInnen in der Kunsthalle Wien gezählt werden, 80 Prozent davon sind unter 40 Jahre alt. Auch wenn Matt nicht damit rechnet, dass sich 2010 der Gratis-Eintritt für Kinder und Jugendliche in Bundesmuseen negativ auf die Besucherbilanz der Kunsthalle auswirken wird, hält er die Initiative für eine halbe Sache, "denn sie bezieht die Vermittlung nicht mit ein. Und gerade junge Leute brauchen Vermittlung." Ab sofort gilt in der bis 10. Jänner laufenden "Videorama"-Ausstellung freier Eintritt, um die Auswirkungen mit einer begleitenden Studie untersuchen zu können.

Über Auszug kann diskutiert werden

So wie ein genereller freier Museumseintritt "mittel- und langfristig eine gute Idee", in Zeiten der Wirtschaftskrise aber unsinnig sei, könne man mittel- und langfristig auch durchaus über einen Auszug der Kunsthalle aus dem derzeitigen Standort im Museumsquartier diskutieren, sagte Matt. "Wir haben uns in unserer Geschichte immer wieder neu erfunden und sind umgezogen. Ich finde das für ein zeitgenössisches Haus auch total spannend." Dazu seien allerdings drei Voraussetzungen zu erfüllen: zentrale Lage, ein zeitgenössisches architektonisches Statement sowie eine Raumerweiterung. Es gäbe dafür mehrere Ideen mit unterschiedlichen Zeithorizonten. Auf die Donauplatte müsse jedoch eine populäre Institution, die ein breites Publikum anziehen könne. Ein möglicher Umzug in das Künstlerhaus ist "derzeit für uns kein Thema", schließlich seien dort und im MUMOK "die Gesprächspartner abhandengekommen: Jetzt warten wir ab, wer dort Direktor und Präsident wird, und dann sehen wir weiter."

Kein "Durchlauferhitzer"

Auch im kommenden Jahr diene die Kunsthalle nicht als "Durchlauferhitzer" für tourende Wanderausstellungen, sondern als Produzent von Ausstellungen, die von Wien aus an zum Teil sehr prominente Partner in aller Welt hinausgingen, sagte der Direktor. Mit "Tropicália" blickt man ab 30. Jänner auf "Die 60s in Brasilien", mit "Laurie Anderson" (ab 21. Mai) und "The Street as Studio. Von Basquiat bis Banksy" (ab 25. Juni) auf die 80er Jahre (Matt: "Das vielleicht spannendste Jahrzehnt nach dem Zweiten Weltkrieg"). Ab 5. März gibt es die dritte Etappe von "Lebt und arbeitet in Wien" (Matt: "Es ist ein Klischee, dass alle Künstler nur nach Berlin gehen."). Auf eine Ausstellung zu dem 2008 gestorbenen US-Künstler Bruce Conner (ab 8. Oktober) folgt ab 5. November mit "POWER UP. Female Pop Artists" "der Versuch zu zeigen, dass Pop Art nicht nur männlich war".

Im project space am Karlsplatz startet man u.a. im April mit "Detroit" eine Städtereihe, die später mit Beirut und Lagos fortgesetzt werden soll. Nach Istanbul könnte dafür möglicherweise die temporäre Krischanitz-Kunsthalle gehen, die Ende des Jahres in Berlin wieder abgebaut werden muss. Matt: "Das wäre im Kulturhauptstadtjahr 2010 natürlich toll und ein weiterer Export einer Wiener Idee." (APA)