Eveline List, Gerhard Botz, Stefan Karner und Peter Eigner (v. li.) sprachen mit STANDARD-Chefredakteurin Alexandra Föderl-Schmid im Wien Museum über den Rechtsruck der Jungen, die Psychologie der Finanzmärkte und konzertierte Rettungsaktionen der internationalen Gemeinschaft.

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Wien - Die Wirtschaftskrise damals und heute - gibt es Parallelen? Diese Frage stellte STANDARD-Chefredakteurin Alexandra Föderl-Schmid den Diskutanten bei einer Podiumsdiskussion im Begleitprogramm der Ausstellung "Kampf um die Stadt - Politik, Kunst und Alltag um 1930" im Wien Museum.

Zu Gast waren Eveline List, Historikerin und Psychoanalytikerin, der Zeithistoriker Gerhard Botz, der Wirtschaftshistoriker Peter Eigner und Stefan Karner vom Ludwig-Boltzmann-Institut für Kriegsfolgenforschung.

Für List waren die Grundlagen der Krise damals die gleichen wie heute: Die Finanzmärkte seien schneller gewachsen als die Realwirtschaft. Es sei "illusionär, zu glauben, dass Geld arbeitet" . Die Menschen ließen sich von Versprechungen gerne verführen - auch Lotto spielten sie trotz minimaler Gewinnchancen. Im Unterschied zur Krise der 30er-Jahre sei die heutige "globalisierter".

Rechtsrutsch

Außerdem gebe es kaum mehr stabile Bindungen an Parteien, die Folgen für das politische System seien daher schwer abzuschätzen. Gerhard Botz sieht in der aktuellen Krise wie in der vergangenen eine Gefahr für die Demokratie. Die Menschen würden politisch nach rechts rutschen, Randgruppen würden sich radikalisieren. Die Hinwendung junger Wähler zur FPÖ sei eine Gefahr, die bisher ignoriert worden sei. Er bezweifle, dass es gelingen werde, die Krise effektiv zu bekämpfen: Die internationale Gemeinschaft würde bisher nicht konzertiert handeln.

Skeptisch gegenüber einem Vergleich der beiden Krisen war Peter Eigner: Österreich sei heute ein funktionierender Sozialstaat, in den 30er-Jahren hätte die Hälfte der Arbeitslosen dagegen keine Unterstützung bekommen. Auch habe der Staat in der aktuellen Krise schneller reagiert, die Konjunkturpakete könnten die Konsequenzen abschwächen.

"Hausgemacht"

Für Stefan Karner unterscheidet sich die aktuelle Krise von der früheren in ihrem Verlauf: Die Wirtschaft sei diesmal schneller und tiefer eingebrochen. Allerdings hätten die Regierungen diesmal sofort Geld in die Banken gepumpt, in den 30er Jahren sei dies nicht oder zu spät passiert. Die alte Krise sei zudem in Österreich "mindestens zur Hälfte hausgemacht" gewesen.

Seinem Resümee stimmten alle Diskutanten zu: "Die Krise ist noch lange nicht zu Ende." (Tobias Müller, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 12./13.12.2009)