Fehlt nur noch, dass sich Politiker einen weißen Rauschebart umbinden: In der Vorweihnachtszeit reißt regelmäßig eine Sitte ein, die eher in ein feudalistisches Fürstentum denn in eine Demokratie passt. Bittsteller stehen Schlange, um in den Gemächern der Obrigkeit milde Gaben - in Graz waren es heuer 20 Euro - entgegenzunehmen. In Kärnten setz(t)en sich die Landeshauptmänner sogar gerne persönlich hin, um Geld unters Volk zu streuen.

Das Kalkül ist durchsichtig. Die Landesregierungen könnten ihre Sozialhilfen genauso gut überweisen, doch ein paar Euro fallen auf einem Kontoauszug nicht auf. Drücken die Regenten die Scheine hingegen selbst in faltige Hände, bekommt die Omama feuchte Augen - und macht ihr Kreuzerl bei der Wahl vielleicht an der richtigen Stelle.

Mündige Bürger erzieht man so nicht, doch das ist auch nicht beabsichtigt. Denn die könnten draufkommen, dass sie selbst es sind, die den Weihnachtsmännern die Säcke füllen. Steuerzahler sind keine zur Demut verpflichteten Bettler, sie haben Anspruch auf zielgerechte Leistungen.

Wahllos verteilte Almosen sind oft das Gegenteil davon. Vielleicht geben manche Empfänger das Geld für Fortbildungskurse aus; genauso gut können sie es aber versaufen. Kärnten etwa will allen 18-Jährigen, ob reich oder arm, 1000 Euro schenken - für den Führerschein. Eine Investition von immenser gesellschaftlicher Dringlichkeit: Als gäbe es auf den Landstraßen immer noch zu wenige Discoheimfahrer, die es dem verblichenen Landesvater nachmachen. (Gerald John, DER STANDARD, Printausgabe, 12./13.12.2009)