Das Jahr 2009 brachte diverse Initiativen, um die Voraussetzungen für die gleichberechtigte ökonomische und soziale Teilhabe von Männern und Frauen zu verbessern. Die tatsächliche Gleichstellung der Geschlechter wurde als neue Zielbestimmung der Haushaltsführung von Bund, Ländern und Gemeinden verfassungsrechtlich verankert (Gender Budgeting). Das Familienpaket der Steuerreform bietet die steuerliche Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten sowie einen steuerfreien Arbeitgeberzuschuss zur Kinderbetreuung. Die Option eines einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeldes zielt auf die Erhöhung der Väterbeteiligung sowie die Verkürzung der Babypause bei den Frauen. Auch werden in den nächsten Jahren durch Bundeszuschüsse im Rahmen des Finanzausgleichs 2008 sowie des Konjunkturpakets II die Lücken in der Betreuungsinfrastruktur verringert.

Neben weiteren Schritten zur Verbesserung der allgemeinen Rahmenbedingungen bedarf es nun Maßnahmen zur Beseitigung der Gleichstellungsdefizite in spezifischen Bereichen, in denen weibliches Humankapital besonders unterausgenutzt wird. Im Bereich Forschung etwa stellen Frauen in Österreich weniger als ein Viertel des gesamten wissenschaftlichen Personals. Eklatant ist darüber hinaus der im Karriereverlauf abnehmende Frauenanteil: Nur siebzehn Prozent der UniversitätsprofessorInnen sind weiblich. Dieses Phänomen der "leaky pipeline" findet sich auch in anderen Bereichen. So beziffert der letzte Gleichbehandlungsbericht des Bundes den Anteil der weiblichen Führungskräfte im öffentlichen Dienst auf Bundesebene auf gut ein Viertel. Besonders ausgeprägt ist das Verschwinden der Frauen auf dem Weg nach oben in der Privatwirtschaft. Laut einer aktuellen Arbeiterkammer-Untersuchung beträgt der Frauenanteil in der Geschäftsführung der Top 200 österreichischen Unternehmen fünf Prozent, in den Aufsichtsräten neun Prozent.

Dass die inzwischen gleich gut wie Männer ausgebildeten Frauen auf dem Weg in die Topetagen immer noch an die berühmte gläserne Decke stoßen, ist ein Grund für die in Österreich besonders große und zunehmende Einkommensschere zwischen den Geschlechtern. Zudem liegt Humankapital, die wichtigste Ressource wissensorientierter Volkswirtschaften mit alternden Bevölkerungen, brach. Dies bedeutet auch den ineffizienten Einsatz der für den Aufbau dieser unterausgenutzten Qualifikationen verwendeten Steuergelder.

Eine ambitionierte Gleichstellungspolitik kann im öffentlichen Bereich etwa durch die flächendeckende Umsetzung von Gender Budgeting, Frauenförderpläne oder Quotenregelungen viel bewirken. Auf die Privatwirtschaft hat die Politik dagegen wenig direkte Durchgriffsmöglichkeiten. Hier sind zunächst die Unternehmen selbst gefragt: Familienfreundliche Arbeitszeitregimes für Führungskräfte beiderlei Geschlechts, Mentoringprogramme, Betriebskindergärten mit flexiblen Öffnungszeiten können Hindernisse für Frauen auf der Karriereleiter beseitigen. (Margit Schratzenstaller, DER STANDARD/Printausgabe 12.12./13.12.2009)